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Tag des offenen Denkmals Tag des offenen Denkmals: Taubenturm und Chateau in Wörbzig öffnen für Besucher

Von Matthias Bartl 07.09.2019, 12:00
Christian Wage auf dem Gerüst am „Chateau de Fallada“ im Rittergut Wörbzig.
Christian Wage auf dem Gerüst am „Chateau de Fallada“ im Rittergut Wörbzig. Matthias Bartl

Wörbzig - Allein zu den buchstäblich steinalten Steinen, die er malerisch neben der Tür der ehemaligen Stellmacherei drapiert hat, könnte Christian Wage aus dem Handgelenk eine halbe Stunde lang sprechen. Etwa zu dem Gesimsstein, der mit einiger Sicherheit von dem Schloss stammt, das im Jahr 1404 in Wörbzig erwähnt ist. Oder zu den Steinen, die er beim Abriss des abgebrannten Gutes der Familie von dem Werder in Reinsdorf gerettet hat.

Wage hängt an jedem Stück, denn für den Mann aus Micheln, der mit historischen Baustoffen handelt und das Rittergut in Wörbzig vor elf Jahren gekauft hat, ist Geschichte nichts endgültig Vergangenes. Jedenfalls nicht so lange man sie lebendig im Gedächtnis behalten kann - und jedes historische Stück, das er bei seiner Arbeit aufstöbert, ganz gleich, ob Stein oder Holz, kann dafür genutzt werden.

Wie auch für die Sanierung des Rittergutes, die Wage seit dem Kauf 2008 im Rahmen seiner Möglichkeiten vorantreibt und die zu erstaunlichen Ergebnissen geführt hat. Resultate einer liebevollen Behandlung, von denen man sich am Tag des offenen Denkmals selbst überzeugen kann.

Um 10.30 und 14 Uhr werden in Wörbzig Führungen angeboten

„Wir haben an diesem Tag ab 9 Uhr geöffnet“, sagt Wage. Um 10.30 und 14 Uhr werden Führungen angeboten und um 12 und 15 Uhr zu einem Vortrag über Großsteingräber eingeladen, den die Archäologin Brigitte Schiefer-Kutzschrad von der Uni Halle halten wird. Außerdem wird der Anhaltische Förderverein über seine Arbeit informieren und Bogenschießen anbieten. Im Herrenhaus gibt es eine Ausstellung zu historischen Schlössern, Parks und Gärten. Es wird ein Eintrittspreis in Höhe von drei Euro für alle Besucher ab zehn Jahren erhoben, in dem aber ein Getränk und ein Imbiss enthalten sind.

Besonders gespannt freilich darf man auf die Erläuterungen sein, die Christian Wage zu den Sanierungsfortschritten im Rittergut machen wird. Erst jüngst ist der historische Taubenturm wieder hergestellt worden - ein über 400 Jahre altes Prunkstück, das schon in der Vorreformationszeit einen Vorgänger hatte. Aus gutem Grund: Taubentürme waren nicht nur ein Statussymbol für Herrschaften, sondern auch deswegen, weil Tauben in der Fastenzeit gegessen werden konnten und man sich zum einen ans Fastengebot hielt, aber nicht auf Fleisch verzichten musste.

Zu Beginn einen „Lastzug mit Taubenkot“ aus dem Turm geholt

„Der Turm war einsturzgefährdet“, sagt Christian Wage. Man habe zum Beginn der Sanierung einen „Lastzug mit Taubenkot“ aus dem Turm geholt. Bei dessen Sanierung Verwerter Wage einmal mehr seinem Prinzip gefolgt ist, Material, das anderswo weggeworfen worden wäre, für seine Zwecke zu verwenden. „Das hier“, sagt er und tippt an die Stufen der Wendeltreppe, die ins erste Geschoss des Turmes führt, „sind Reste vom ehemaligen Bahnsteig in Stumsdorf, bester Sandstein.“

Im ersten Geschoss hat Wage den Turm genauso hergerichtet, wie er früher ausgesehen hat - ein Muster aus Ziegel und flachem Kalkstein, mit Lücken dazwischen, in denen Tauben nisten konnten. Die ihrerseits jahrhundertelang den kalkbasierten Mörtel zwischen den Steinen herauspickten - eine Voraussetzung für Eier und Knochen.

Wage will den Turm mit seinem originalen Dachstuhl und den bunten Dachziegeln allerdings nicht wieder für die Taubenzucht nutzen, sondern eher als „Übernachtungsgag“. Im obersten Bereich könnte man ein rundes Bett aufstellen, sagt er. Auch eine Ausstellung könnte in dem Turm Platz finden - dass man einen ehemaligen kleinen Einflug zum Fenster umgestaltet hat, bringt dem Raum zusätzlich Licht.

Nur ein paar Schritte vom Taubenturm entfernt findet sich das „Chateau de Fallada“

Nur ein paar Schritte vom Taubenturm entfernt findet sich das „Chateau de Fallada“ - so genannt nach dem Pferd aus dem grimmschen Märchen „Die Gänsemagd“. Das mit schönen Rundbogenfenstern ausgestattete Gebäude ist ein „Rest“, ist der Anbau eines einst viel größeren Gebäudes, das als Hengststall diente. Ein „Rest“ an dem Wage seit 2016 arbeitet. „Komplett mit Bauschutt“, sagt er drastisch, „mit anderweitig nicht mehr verwendbarem Material“ - umso mehr hat er sein Herz an das Chateau gehängt, „auch wenn ich dafür noch keine richtige Nutzung habe“.

Allerdings: Christian Wages Phantasie ist so ausgeprägt wie seine Hartnäckigkeit. Insofern darf man sicher sein, dass dem Wörbziger Rittergutsherren dafür genau etwas einfallen wird wie für das ebenfalls in Sanierung befindliche Herrenhaus. (mz)

Der sanierte Taubenturm
Der sanierte Taubenturm
Matthias Bartl