Spiegelsaal im Köthener Schloss Spiegelsaal im Köthener Schloss: Sechs Jahre Sanierung - wann enden die Arbeiten?

Köthen - Ende 2018? Zu dem Termin möchte sich Christian Ratzel eigentlich nicht äußern - zu unsicher erscheint es zum heutigen Zeitpunkt noch, ob der Spiegelsaal im Köthener Schloss dann tatsächlich fertiggestellt sein wird.
Was nicht wundert - die Sanierung des weit und breit schönsten Saals zieht sich mittlerweile fast sechs Jahre hin, nicht zuletzt deswegen, weil der Blick hinter die Kulissen des Saals immer wieder Überraschungen und mit den Überraschungen neue Aufgaben nach sich gezogen hat.
Probleme touristischer Art
Der KKM, deren Mitarbeiter Christian Ratzel ist, bereitet der Entzug des Saals nicht wenige Probleme. Probleme touristischer Art: „Das Schloss ohne Spiegelsaal ist wie Paris ohne Eiffelturm“, sagt Christian Ratzel und sorgt damit für Erheiterung bei einer Runde neugieriger Köthener, die der Stadtführer am Tag des offenen Denkmals an einen inzwischen schon fast verwunschenen Ort führen durfte: eben in den Spiegelsaal.
Man sei der Kulturstiftung des Landes dankbar, dass sie diese zwei personell stark limitierten Rundgänge möglich gemacht habe, unterstrich Ratzel - dem es wichtig war, dass sich endlich einmal andere Leute als Architekten, Restauratoren, Politiker oder Journalisten ansehen konnten, wie weit die Arbeiten im Spiegelsaal inzwischen gediehen sind.
Angeheftetes Gewölbe
Eine Besichtigung, die auch einen gewissen Pegelstand an Vorkenntnissen voraussetzt, denn nur wer zumindest ansatzweise weiß, wo vorher die Probleme des Saales lagen, wird den derzeitigen Arbeitsstand zu würdigen wissen. Dabei sind eben gerade die statischen Maßnahmen am Saal wichtig, allerdings auch schlecht beschreib- oder vorzeigbar: Der Dachstuhl über dem Saal war „problematisch“, hatte auch Anfang der 1990er Jahre, als schon mal am Dach gearbeitet worden war, keinerlei Ertüchtigung erfahren.
Dabei war genau an dieser Konstruktion seinerzeit durch den Erbauer des Spiegelsaals, Gottfried Bandhauer, das Korbbogengewölbe angebracht worden, das seinerseits „Halterung“ für die ungefähr 1 000 Stuckkassetten ist, die dem Saal sein unverwechselbares Gepräge geben. Die Sanierung des Dachstuhls - unsichtbar für alle Saalbesucher - war mithin Grundlage für folgende Sanierungsarbeiten.
Kassetten setzen sich aus 72 Einzelteilen zusammen
An der Stuckdecke etwa. Dazu muss man wissen, dass sich jede der 1 000 Kassetten aus 72 Einzelteilen zusammensetzt; zusammengeklebt ist, um genau zu sein. Feuchtigkeit im Saal - woran neben schlechter Belüftung auch Heizung und schwitzende Besucher schuld waren - hatte den Stuck angereichert und schwerer werden lassen, was wiederum die Gefahr des Absturzes heraufbeschwor.
Die Bearbeitung der Stuckdecke erfolgt derzeit. Ziel ist es - wie generell im Spiegelsaal - möglichst alles von der originalen Substanz zu erhalten und nur die schadhaften Stellen auszubessern. Im Zuge der restauratorischen Untersuchung wurde zum Beispiel festgestellt, dass der Stuck bis zu fünf Mal überstrichen worden war. Diese so genannten „Überfassungen“ werden in der laufenden Maßnahme größtenteils entfernt.
„Die Kassetten“, sagt Christian Ratzel, „haben noch nie so filigran ausgesehen wie heute.“ Ab Anfang 2018 soll die Konservierung und Restaurierung der Spiegelsaalwände erfolgen. Dabei geht es vor allen Dingen darum, den Stuckmarmor zu reinigen, zu hinterfüllen und die Oberflächen zu sichern. Schwierig dürfte dabei vor allem die Rekonstruktion fehlender Elemente werden - da der Farbton des Stuckmarmors genau getroffen werden muss und dessen schlierig-schöne Marmorierung ebenso. Immerhin soll man hinterher nicht unterscheiden können, was ist Bandhauer, was ist 21. Jahrhundert.
Blattgold statt Goldbronze
Gearbeitet werden muss auch an den Holzrahmen der Spiegelflächen. Die sind nicht nur stark geschädigt, sondern wurden zu DDR-Zeiten auch unsachgemäß mit Goldbronze bepinselt. Die soll natürlich runter und stattdessen wieder eine Blattvergoldung erfolgen. Basen, Kapitelle, Stuckelemente in den Nischen und Türen werden ebenfalls saniert, bekommen ihre originale Farbigkeit zurück und anderes mehr. Die Kronleuchter des Saals sind seit Jahren sorgfältig eingelagert und müssen konserviert werden und schlussendlich steht auch die Rekonstruktion des originalen Parketts an.
Nicht zuletzt geht es auch darum, den Spiegelsaal, selbst wenn er mit Sicherheit nicht mehr so intensiv genutzt wird wie in den Jahren vor seiner Schließung, mit Sitzgelegenheiten auszustatten. Für das berühmte Gestühl mit dem markanten Kreuz in der Rückenlehne, ist die Art der Bespannung schon gefunden worden, da sich in einem Depot der KKM glücklicherweise ein Stück Stoff befindet, mit dem einst der Thron in dem Thronsaal der Köthener Fürsten bezogen war.
Freilich: Angesichts der Aufzählung noch erfüllender Aufgaben mag man tatsächlich nicht so recht daran glauben, dass all dies (und anderes mehr, was hier keine Erwähnung gefunden hat) bis Ende 2018 soweit abgehakt ist, dass der Spiegelsaal dann wieder in neuer alter Pracht strahlt. (mz)