Spendenaktion in Köthen Spendenaktion in Köthen: Spendenthermometer soll Wärme in Kirche bringen

Köthen/MZ - Die Aktion begann in aller Stille und Abgeschiedenheit. Im Treppenhaus des Südturms von St. Jakob nämlich hatten die Hobbykletterer Uwe Kretschmann und Wolfram Hädicke - weit entfernt von neugierigen Blicken - kürzlich ihre Kletterseile ausgerollt und sich ins Treppenhaus abgeseilt. Nicht aus Gründen alpinistischen Trainings, sondern um in luftiger Höhe ein Spendenthermometer zu befestigen, das künftig anzeigen soll, ob Sankt Jakob im nächsten Winter frieren wird oder nicht.
Polarschiff im Winter
„St. Jakob friert“ ist der Name einer neuen Spendenkampagne der Jakobsgemeinde in Köthen, um der Stadt- und Kathedralkirche zu verschaffen, was ihr durchaus dringend fehlt: Wärme in der Winterzeit. Nun ist es eine alte Weisheit, dass Kirchen üblicherweise kühle Orte sind. In Zeiten glühend heißer Hundstage ist St. Jakob auch schon als Platz zum Abkühlen für die Besucher der Köthener Innenstadt geöffnet worden. Im Winter allerdings kann das Kirchen- schon mal mit einem Polarschiff verwechselt werden. Und wenn dann zum Konzert eingeladen wird, müssen die Besucher schon etwas aushalten können. Das war schon so, als die mehr oder minder antike Heizung in der Kirche noch funktionierte - aber seit dem Karfreitag des Jahres 2013 tut sie nicht einmal mehr das. „Da hatten wir ein längeres Konzert“, erinnert sich Pfarrer Horst Leischner an diesen Tag, „und wir sind alle als Eiszapfen aus der Kirche gegangen“.
Der Start in die Spendenaktion war auch dank der Hilfe einiger Unternehmen möglich. Polifilm Weißandt-Gölzau spendete das Granulat für die „Spendentemperaturanzeige“, der Kührener Gerüstbauer Christian Kapuhs sorgte für die sichere Anbringung des Thermometers im Treppenhaus des Kirchturms, die Fima Hilti spendierte die Befestigungsmittel für die transparenten Plexiglasröhren, die wiederum von der Firma Lux zur Verfügung gestellt wurden.
Finanzielle Förderung darf die Gemeinde diesmal kaum erwarten, da Heizungen nicht gefördert werden. Die Landeskirche werde etwas beisteuern, so Pfarrer Leischner, und 20 Prozent der Kosten sollen aus dem Haushalt der Kirchengemeinde kommen. (Mb)
Ohnehin musste die Heizung zu Beginn eines jeden Konzerts abgestellt werden, denn das Grollen aus den Kesseln wäre sonst geeignet gewesen, Bach und Co. an die Wand zu drücken. Zur Präsentation der Aktion ließ es sich Leischner daher auch nicht nehmen, den Medienvertretern und den Gästen das Heizungsgeräusch noch einmal zu demonstrieren - ein fernes Rumpeln wie von einer nahenden U-Bahn war da zu hören.
Um zum einen mehr Wärme als bisher in die Kirchenmauern zu bringen und zum anderen den Schallpegel bei Konzerten zu minimieren, wird eine neue Heizung benötigt. Das ist leichter gesagt als getan, nicht nur der 70 000 Euro wegen, die das gute Stück kosten wird. „Es gibt auch nur wenige Firmen, die sich der Anforderung stellen, einen Kirchenraum zu beheizen“, erläutert Horst Leischner.
Denn dabei kann man viel falsch machen. Man könne, so der St.-Jakob-Pfarrer, eine Kirche auch kaputtheizen, wenn man die Bauphysik nicht beachtet. Krasse Temperaturwechsel sind überdies für das in der Kirche befindliche Holz nicht zuträglich. Deswegen darf man sich auch nicht vorstellen, dass St. Jakob mit einer neuen Heizung in der Winterzeit zu einem molligen Plätzchen wird: Von einer Grundtemperatur von acht Grad Celsius ist die Rede, „und zu besonderen Anlässen heizen wir die Kirche dann auf 14 Grad auf“, so Leischner und gibt auf eindringlichen Journalistenblick noch ein Grad zu: „Vielleicht 15 Grad, aber mehr ist nicht gut.“
Baubeginn im Oktober
Wenn alles gut geht, sollen die Einbauten im Oktober beginnen. Der Vorteil ist, dass auch die neue Heizung mit Warmluft arbeitet. „Die Kanäle sind vorhanden, wir müssen also den erst sanierten Innenraum der Kirche nicht wieder aufreißen“, sagt Horst Leischner. Beheizt wird mit Gas, Lieferant ist die Köthen Energie, daran soll sich auch nichts ändern, wenn der neue Heizkessel unterhalb des einstigen Fürstenstuhls seinen Platz finden wird, wo jetzt zwei Gautzsch-Kessel aus Meerane, Baujahr 1978, stehen und auf ihren endgültigen Abschied warten. Die neue Heizung kommt von der Aachener Firma Mahr, die in Sachen Kirchenheizungen eine Jahrhundert alte Tradition hat.
Schon 10.000 Euro durch Gemeindemitglieder
Allerdings muss bis dahin noch viel blaues Granulat die ineinandergesteckten und fest verbundenen Plexiglasrohre des Spendenthermometers hinabrinnen. Die Pfarrer haben es ausgerechnet: Eine 100-Euro-Spende lässt die „Granulatsäule“ auf der 31,5 Meter hohen Skala um 4,5 Zentimeter anwachsen. Drei 25-Kilo-Säcke Granulat von Polifilm aus Weißandt-Gölzau reichen aus, um das Thermometer bis zum Anschlag zu füllen, rechnet Vikar Martin Olejnicki vor. Und er hofft, wie alle Mitglieder der Gemeinde, dass man es schafft, den blauen Strich im Treppenhaus des Kirchturmes mit Hilfe vieler Spender möglichst rasch nach oben zu drücken. Die Gemeindemitglieder selbst haben gut vorgelegt: Seit Dezember haben sie still und leise schon mal 10 000 Euro zusammengebracht. Die ersten Kilo vom Granulat sind damit schon verbraucht ...
