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"Sie hat immer gezeichnet" "Sie hat immer gezeichnet": Köthener Kinderbuchillustratorin Veronika Schwarz-Fritsche wäre jüngst 100 geworden

Von Matthias Bartl 27.06.2020, 12:00
Bettina Elze (M.) und ihr Mann Gerhard sind bemüht, das künstlerische Erbe von Veronika Schwarz-Fritsche zu bewahren, zu dem auch zahlreiche von ihr illustrierte Bücher gehören. Urenkelin Hannah Lunkewitz (links) und Enkelin Stephanie Lunkewitz sind ebenfalls künstlerisch tätig.
Bettina Elze (M.) und ihr Mann Gerhard sind bemüht, das künstlerische Erbe von Veronika Schwarz-Fritsche zu bewahren, zu dem auch zahlreiche von ihr illustrierte Bücher gehören. Urenkelin Hannah Lunkewitz (links) und Enkelin Stephanie Lunkewitz sind ebenfalls künstlerisch tätig. Ute Nicklisch

Köthen - Annelies Schulz hatte sich bei der Suche viel Mühe gegeben. Und war am Ende auf einer Internetseite in den Vereinigten Staaten fündig geworden. Dort fand sie Informationen zu Veronika Schwarz-Fritsche, mit der die Autorin des Oberlausitzer Verlags gern in Kontakt treten wollte, um über die Wiederauflage eines gemeinsamen Buches von 1964 zu sprechen.

„Die Geschichte vom faulen Wolkenzwerg“ war im Verlag Dr. Schulze in Leipzig erschienen, verfasst von der heute 86-jährigen Annelies Schulz, gezeichnet von Veronika Schwarz-Fritsche - ein Kinderbuch, das mit Sicherheit ungezählten Mädchen und Jungen vorgelesen worden war.

Allerdings war Annelies Schulz zu spät gekommen. Ihre künstlerische Partnerin von einst war bereits im Jahr 2014 in ihrer Heimatstadt Köthen verstorben. Wo Veronika Schwarz-Fritsche zwar vielen Menschen als freundliche Nachbarin gut bekannt war - ihr unglaublich großes Werk als Künstlerin, als Illustratorin, als Schriftgestalterin harrt noch einer Wiederentdeckung.

Hans-Dieter Schwarz, bereits 1991 verstorben, ist den Köthenern kein Unbekannter

Wenigstens einer Wiederentdeckung für eine größere Öffentlichkeit. Denn eine ihrer drei Töchter, Bettina Elze, und deren Mann Gerhard hatten vor wenigen Wochen den 100. Geburtstag von Veronika Schwarz-Fritsche mit einer kleine Veranstaltung in ihrem Haus in Köthen begangen und mit einer kleinen Ausstellung, die einen Ausschnitt aus dem Wirken der gebürtigen Leipzigern präsentierte - vor freilich platzbedingt nur wenigen Gästen.

„Sie stand nicht so im Rampenlicht wie Vater“, sagt Bettina Elze. Dieser, Hans-Dieter Schwarz, bereits 1991 verstorben, ist den Köthenern kein Unbekannter, als Maler und Gestalter, nicht zuletzt aufgrund seiner Illustrationen für eine Neuauflage von Hermann Wäschkes „Paschlewwer Jeschicht’n“. Veronika Schwarz-Fritsche, die stets unter ihrem Mädchennamen zeichnete, blieb hingegen weitgehend eine unbekannte Bekannte.

Auch wenn sie mit ihren Illustrationen buchstäblich in jedem DDR-Kinderzimmer präsent war, in dem es Bücher gab. „Sie hat eigentlich immer gezeichnet“, denkt Bettina Elze an ihre Mutter zurück. Die ihr Talent vom Vater geerbt hatte, dem Künstler und Grafiker Julius Fritsche-Bünau, der seine Tochter Veronika frühzeitig an Malerei und Kunst heranführte. So dass es keine Überraschung war, dass die junge Frau von 1939 bis 1945 an der Akademie für Graphik und Buchkunst in Leipzig studierte.

Inzwischen sind es fünf Generationen der Familie Fritsche-Schwarz

Es ist an dieser Stelle nicht der Platz für eine ausführliche Biografie. Nur schlaglichtartig können hier Episoden und Wegmarken Erwähnung finden. Das Jahr 1946 auf alle Fälle: Da erschien das erste von ihr illustrierte Buch mit dem Titel „Kinderland“, in diesem Jahr heiratete sie auch Hans-Dieter Schwarz, mit dem sie 1953 nach Köthen zog.

Sie arbeitete in Ateliers im Schloss, in der Türmerwohnung von St. Jakob und in der Antoinettenstraße, aber sicherlich erinnert sich noch mancher an sie auch deshalb, weil sie oft auf dem Spielplatz im heute nicht mehr existierenden Sonnenbad saß, Kinder beim Spielen beobachtete und Skizzen für ihre Kinderbücher anfertigte. Und wenn nicht dafür, dann für Karten, Sammelkarten, Scherenschnitte, Einwickelpapier. Kunst auch in den Alltag zu bringen war Veronika Schwarz-Fritsche unübersehbar wichtig.

Inzwischen sind es fünf Generationen der Familie Fritsche-Schwarz, die künstlerisch tätig waren und sind. Angefangen bei Julius, fortgesetzt mit Veronika und Hans-Dieter, hin zu den drei Schwarz-Schwestern: der tragisch früh verstorbenen Malerin Simone Schwarz-Finze, der ältesten Schwester Gabriele, freischaffende Schmuckdesignerin in Berlin, und Bettina, die wissenschaftliches Bibliothekswesen studierte, die Bibliothek der Hochschule Anhalt leitete und „nebenbei“ bemerkenswerte Bilder malt.

Auch Werke von Veronika Schwarz-Fritsches Enkel- und Urenkel-Generation können sich sehen lassen

Und auch die Werke von Veronika Schwarz-Fritsches Enkel- und Urenkel-Generation können sich bereits sehen lassen: Hanna Lunkewitz hat jüngst mit gerade 15 ihren ersten Preis für ein künstlerisches Werk erhalten und ihre Mutter Stephanie Lunkewitz, Tochter von Bettina Elze, hat inzwischen mehrere Kinderbücher illustriert - und wie bei ihrer Großmutter spielen dabei Tiere eine wesentliche Rolle. Es führt ein direkter Bogen von „Der betrogene Fuchs“ bis zu „Toro“.

Man darf sich in diesem Zusammenhang mindestens zwei Dinge wünschen. Erstens eine große Ausstellung mit Werken von Veronika Schwarz-Fritsche in Köthen. Zweitens eine ausführliche Familiengeschichte, in der die künstlerischen wie menschlichen Verzweigungen in ihrer ganzen Bandbreite adäquat dargestellt werden. Ein Weg von Tetschen-Bodenbach über Dessau-Waldersee und Leipzig und Köthen und Berlin bis nach Pacific Palisades in den USA. (mz)

Veronika Schwarz-Fritsche und ihr Mann Hans-Dieter Schwarz in den 1950er Jahren in ihrem damaligen Atelier.
Veronika Schwarz-Fritsche und ihr Mann Hans-Dieter Schwarz in den 1950er Jahren in ihrem damaligen Atelier.
Elze
Cover des Buches „Toro“ von Stephanie Lunkewitz, einer Enkelin von Veronika Schwarz-Fritsche. Stephanie Lunkewitz hat mehrere Kinderbücher illustriert - und auch bei ihr spielen Tiere eine wesentliche Rolle.
Cover des Buches „Toro“ von Stephanie Lunkewitz, einer Enkelin von Veronika Schwarz-Fritsche. Stephanie Lunkewitz hat mehrere Kinderbücher illustriert - und auch bei ihr spielen Tiere eine wesentliche Rolle.
Nicklisch
Tierillustrationen sind ein wesentlicher Teil des Werks der Köthener Künstlerin, die mehr als 30 Kinderbücher gestaltet hat.
Tierillustrationen sind ein wesentlicher Teil des Werks der Köthener Künstlerin, die mehr als 30 Kinderbücher gestaltet hat.
Ute Nicklisch