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Nach Jahrzehnten in Familienhand Schweren Herzens: Maren Fisser schließt ihr Fernsehgeschäft am Köthener Markt

Die Inhaberin des Fernsehgeschäftes am Köthener Markt hört auf. Ihre Kunden bedauern das.

Von Sylke Hermann 28.11.2021, 12:00
Maren Fisser verabschiedet sich aus der Selbstständigkeit.
Maren Fisser verabschiedet sich aus der Selbstständigkeit. (Foto: Ute Nicklisch)

Köthen/MZ - Maren Fisser hat sich die Entscheidung nicht leicht gemacht. Immerhin gibt sie eine Familientradition auf. Ihr Großvater hatte den Reparaturbetrieb für Fernsehgeräte damals nach dem Krieg am Magdeburger Turm eröffnet und die Geschicke 1966 an seinen Sohn Jens übergeben. Fortan wurde in der Straße des 7. Oktober, heute Mühlenstraße, gebastelt und geschraubt.

„Ich fand das schon immer spannend und war viel mit im Laden“, erinnert sich Maren Fisser, die sich beruflich neu orientiert hat. Ob sie den kleinen Laden am Köthener Markt auch ohne die Auswirkungen der Corona-Pandemie aufgegeben hätte, kann sie nicht mit Bestimmtheit sagen, „vielleicht“.

„Der Internethandel setzt vor allem uns kleinen Händlern stark zu“

Hinter der Einzelhändlerin liegen schwere Zeiten. Und das, betont sie, habe nicht allein mit der Tatsache zu tun, dass sie ihr Geschäft coronabedingt zweimal schließen muss, weil die Regierung das so beschlossen hat. „Der Internethandel setzt vor allem uns kleinen Händlern stark zu“, sagt sie und erzählt, dass die Geräte bei ihrem Großhändler im Einkauf oftmals teurer sind als für den Endkunden, der im Internet kauft.

Und das könne sie auf Dauer nicht kompensieren. Auch wenn sie viele, treue, fast ausschließlich ältere Stammkunden hat, die den Service schätzen und es sehr bedauern, dass die 50-Jährige die Selbstständigkeit aufgibt. „Das ist ja nun sehr traurig, dass sie bald nicht mehr da sein werden, Frau Fisser. Aber das ist das Leben“, sagt ein älterer Herr, der einen neuen Akku für sein Mobiltelefon bestellt hatte.

Maren Fisser absolviert ihre Ausbildung zur Funkmechanikerin bei ihrem Vater

Die Radio- und Fernsehmechanikermeisterin kümmert sich gleich darum. Und hat schon die nächste Bestellung auf dem Zettel: Die TV-Fernbedienung einer älteren Dame funktioniert nicht mehr. Maren Fisser, die den Laden 2007 von ihrem Vater übernommen hat und als Expertin, wie sie sagt, oft unterschätzt worden sei, bis die Kunden gemerkt hätten, dass sie tatsächlich Ahnung habe, bestellt Ersatz. Sie hofft, dass das Gerät in den nächsten Tagen eintrifft. „Ich rufe sie an“, verspricht die Einzelhändlerin ihrer Kundin, die zufrieden ist, diese Sache geklärt zu haben.

Maren Fisser absolviert ihre Ausbildung zur Funkmechanikerin bei ihrem Vater, der sie inspiriert habe, diesen Weg einzuschlagen. Sie habe schon immer Spaß daran gehabt, bei den Fernsehgeräten auf Fehlersuche zu gehen; „bis zur Wende waren wir ein reiner Reparaturbetrieb“. Das ändert sich, „weil damals alle neue Fernseher kaufen wollten“.

Das „Schnattern“, wie sie sagt, ist jetzt in ihrem neuen Job im Kundendienst sogar noch wichtiger

Für Maren Fisser, die mit ihrer Familie in Quellendorf lebt, sei das eine ziemliche Umstellung gewesen. „In der Werkstatt musste man nicht viel reden, im Verkauf schon“, sagt sie und lacht. Doch mit der Zeit habe sie sich daran gewöhnt und sogar Spaß daran.

Das „Schnattern“, wie sie sagt, ist jetzt in ihrem neuen Job im Kundendienst sogar noch wichtiger. In den vergangenen Monaten testet sie, ob ihr die Arbeit zusagt. Und das tut sie. Eine Perspektive zu haben, ist ihr wichtig. „Ich habe oft zu Hause gesessen und überlegt, ob das mit der Selbstständigkeit wirklich so sinnvoll ist. Man ist nicht abgesichert“, beschreibt sie ihre Motivation, sich noch einmal komplett neu zu orientieren. Ihr Mann, ihre Tochter und ihre Eltern, beide über 80, würden die Entscheidung mittragen. „Ich hatte in diesem Laden viele glückliche, erfüllte Jahre - und das ist keine Floskel, das ist wirklich so.“ Umso schwerer sei ihr die Entscheidung gefallen. Ende nächster Woche schließt sie für immer.