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Schweinehochhaus Maasdorf Schweinehochhaus Maasdorf: Tierschützer wegen Videoaufnahmen abgemahnt

Von helmut dawal 10.07.2015, 07:49
Zahlreiche Bürger demonstrierten im März vor dem Schweinehochhaus gegen die Massentierhaltung.
Zahlreiche Bürger demonstrierten im März vor dem Schweinehochhaus gegen die Massentierhaltung. Heiko Rebsch Lizenz

Berlin/Maasdorf - Ein Videofilm von der Verladung von Ferkeln aus dem Schweinehochhaus Maasdorf auf einen Lkw darf auch weiterhin öffentlich gezeigt werden. Darüber informierte Jan Peifer, Gründer des in Berlin ansässigen Vereins Deutsches Tierschutzbüro.

Peifer war Ende vergangenen Jahres mit einem Bericht über die Massentierhaltung im Schweinehochhaus Maasdorf erstmals an die Öffentlichkeit gegangen. Der Tierschützer wollte sich im November 2014 im Gebäude ein Bild von der Tierhaltung machen, was ihm der Betreiber der Anlage mit Verweis auf den Seuchenschutz aber nicht gestattete. Peifer konnte allerdings die Verladung von Ferkeln beobachten und war darüber schockiert.

Schweinehochhaus im Visier

„Die Ferkel wurden mit unglaublicher Brutalität in den wartenden Tiertransporter getrieben. Der Treiber schlug immer wieder mit einer Art Paddel auf einzelne Tiere ein und traf dabei viele am Kopf. Ein besonders schwaches, das über eine Unebenheit im Boden gestürzt war, wurde sogar mit dem Fuß getreten - dies alles ist klar verboten und darf nicht passieren“, schilderte Peifer damals, was er gesehen hatte. Der Tierschützer nahm nun das Schweinehochhaus stärker ins Visier, drehte illegal im Inneren des Schweinehochhauses und ließ seine Aufnahmen beim Fernsehsender RTL veröffentlichen.

Nach der Ferkelverladung im November vergangenen Jahres erstattete das Berliner Tierschutzbüro beim Veterinäramt des Landkreises Anhalt-Bitterfeld Anzeige wegen des Verstoßes gegen die Tierschutztransportverordnung. Die Anzeige wurde jedoch an das zuständige Veterinäramt im Kyffhäuserkreis in Thüringen weitergeleitet. Dort hat das Transportunternehmen, das Ferkel aus dem Betrieb in Maasdorf abgeholt hatte, seinen Sitz. Ob es Sanktionen gegen die Firma gegeben hat, konnte gestern nicht mehr recherchiert werden.

Das Schweinehochhaus wurde in den Jahren 1969 und 1970 gebaut. Der Zentrale Landwirtschaftsrat der DDR unterstützte diesen Experimentalbau, um den Verbrauch hochwertiger Ackerfläche zu minimieren. So entstand ein Gebäude mit einer Grundfläche von 45 mal 16 Metern mit Kellergeschoss und fünf Etagen. Ausgelegt war es für 500 Zuchtsauen und bis zu 2.000 Ferkel.

Bisheriger Höhepunkt der Aktivitäten des Deutschen Tierschutzbüros war im März dieses Jahres eine Demonstration vor dem Schweinehochhaus, an der sich mehrere hundert Menschen beteiligten. Mit Plakaten und Transparenten wandten sie sich gegen die Massentierhaltung im Allgemeinen und forderten im Besonderen die Schließung des Schweinehochhauses. Wenige Tage danach erstattete der Verein Deutsches Tierschutzbüro bei der Staatsanwaltschaft Dessau Strafanzeige gegen die JSR Hybrid Deutschland GmbH, die das Schweinehochhaus betreibt. Dem Unternehmen, das seinen Hauptsitz in Ahaus (Nordrhein-Westfalen) hat, wird vorgeworfen, gegen das Tierschutzgesetz zu verstoßen.

Das Undercover-Videomaterial fand bundesweit viel Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit, wurde laut Angaben des Tierschutzbüros allein beim Videoportal youtube fast 50 000 Mal angeklickt. Dem Betreiber des Schweinehochhauses dürfte das nicht gefallen haben.

„Uns erreichte ein Anwaltsschreiben, welches uns aufforderte, die Aufnahmen aus dem Schweinehochhaus und von der Ferkelverladung nicht mehr zu veröffentlichen, wir wurden abgemahnt“, teilte Jan Peifer mit. Doch die Tierschützer bemühten nun auch einen Anwalt. Sven Dierkes von der Medienkanzlei Höcker habe in der Abmahnung den Versuch gesehen, die Tierschützer einzuschüchtern und fordere den Betreiber seinerseits auf, seine Ansprüche gegen das Deutsche Tierschutzbüro aufzugeben, informierte der Berliner Tierschutz-Verein.

Dem habe der Betreiber nunmehr hinsichtlich der Aufnahmen der Ferkelverladung nachgegeben. Auf Anfrage der Mitteldeutschen Zeitung äußerte Dierkes, er sei überzeugt, dass auch an einer Berichterstattung über das Innere des Schweinehochhaus ein erhebliches öffentliches Interesse bestehe. „Ich denke daher nicht, dass es der Betreiber wegen dieses Videos auf einen Prozess ankommen lassen möchte“, sagte Dierkes. Mithin sind auf der Homepage des Tierschutzbüros weiterhin beide Filme zu sehen - der von der Ferkelverladung und der illegal entstandene vom Inneren des Schweinehochhauses.

"Das waren nicht meine Mitarbeiter"

Michiel Taken, Geschäftsführer der JSR Hybrid GmbH, räumte gestern auf MZ-Anfrage ein, in Sachen Schweinehochhaus einen Anwalt mit der Vertretung der Interessen seines Unternehmens eingeschaltet zu haben. Zur Ferkelverladung bemerkte er, dass dafür das Transportunternehmen verantwortlich gewesen sei. „Das waren nicht meine Mitarbeiter, die die Ferkel verladen haben“, stellte er klar.

Taken erinnerte jedoch daran, dass die Tierschützer beim Filmen des Verladens der Ferkel durch ihr eigenes Verhalten mit dafür gesorgt hätten, dass die Tiere unruhig geworden seien. „Einer hat sich vor die Klappe am Lkw gestellt. Die Ferkel haben sich erschrocken und wollten zurück. Der Fahrer hat sie dann getrieben. Er hat aber keineswegs brutal auf die Tiere eingehauen“, schilderte Taken, wie er die Verladung in Erinnerung hat.

Das Schweinehochhaus Maasdorf wird Ermittler, Veterinärämter und Juristen wohl noch einige Zeit beschäftigen. Denn auch der JSR-Geschäftsführer hat bei der Kripo in Ahaus Anzeige erstattet - gegen Tierschützer Jan Peifer. „Er ist in Straßenklamotten ohne jegliche Desinfektion in meine Anlage eingestiegen. Das kann ich nicht durchgehen lassen.“ (mz)

Mit diesem Paddel wurden die Ferkel in den Lkw getrieben - nach Auffassung der Tierschützer auf brutale Weise.
Mit diesem Paddel wurden die Ferkel in den Lkw getrieben - nach Auffassung der Tierschützer auf brutale Weise.
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Das Schweinehochhaus
Das Schweinehochhaus
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