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Rätselhafte Grubenreihe Rätselhafte Grubenreihe: Bei Ausgrabungen nahe Drosa wurden überraschende Funde gemacht

Von Stefanie Greiner 13.06.2020, 10:00
Einen Monat lang haben Mitarbeiter des Landesamtes für Denkmalpflege und Archäologie das Gelände bei Drosa archäologisch untersucht.
Einen Monat lang haben Mitarbeiter des Landesamtes für Denkmalpflege und Archäologie das Gelände bei Drosa archäologisch untersucht. Ute Nicklisch

Drosa - Dietlind Paddenberg ist überwältigt. Die Funde, die nahe Drosa gemacht wurden, überraschten die Gebietsreferentin für Anhalt-Bitterfeld des Landesamtes für Denkmalpflege und Archäologie und ihre Kollegen.

Sehr weitläufig war das Ausgrabungsgebiet nicht. Gerade mal rund 4.400 Quadratmeter - und damit so groß wie ein Fußballplatz. „Klein, aber fein“, nennt Dietlind Paddenberg den Bereich. „Wir haben tolle Befunde festgestellt.“ So konnte durch die archäologischen Untersuchungen eine mehrphasige Besiedelung der Gegend nachgewiesen werden.

Gut einen Monat lang wurde das Areal untersucht. Sechs bis acht Personen gehörten zum Team, darunter Helge Jarecki, der die Ausgrabungen als Archäologe leitete, außerdem Grabungshelfer wie Zeichner, Vermesser und Techniker.

Die Ausgrabung bei Drosa war eine sogenannte Rettungsgrabung

Dass die Untersuchungen vielversprechend werden könnten, ahnten die Mitarbeiter des Landesamtes bereits. Zurückliegende Funde und erneute Oberflächenbegehungen sprachen dafür. Bei Luftbildaufnahmen wurde außerdem ein Hügel ausgemacht.

Die Ausgrabung war eine sogenannte Rettungsgrabung. Die Firma UKA Meißen plant, in diesem Gebiet zwei Windenergieanlagen zu errichten. Im Vorfeld der Planungen wurden - wie bei allen Vorhaben dieser Art - die Träger öffentlicher Belange um Stellungnahme gebeten. Das Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie wies darauf hin, dass archäologische Funde nicht auszuschließen sind. Das Unternehmen plante die entsprechende Zeit ein.

„Die meisten Grabungen sind sogenannte Rettungsgrabungen“, macht Dietlind Paddenberg deutlich. Anders als Forschungsgrabungen finden diese nur statt, wenn Befunde durch geplante Bodeneingriffe wie Baumaßnahmen zerstört werden könnten. Ansonsten aber bleiben mögliche Funde im Boden.

„Längliche Gruben, die teilweise kilometerweit über die Landschaft verlaufen, sich teilweise kreuzen“

„Der Denkmalgedanke ist, dass sie dort am besten aufgehoben sind, wo sie sind“, erklärt die Gebietsreferentin. Sind archäologische Denkmalsubstanzen jedoch akut bedroht, finden Grabungen statt, um diese zu erfassen, wissenschaftlich zu dokumentieren, zu erforschen - und dadurch der Nachwelt zu erhalten.

Die Ausgrabungen bei Drosa fanden dort statt, wo die beiden Windenergieanlagen errichtet werden sollen, auf den entsprechenden Kranstellflächen sowie der späteren Zufahrt zur Baustelle. Fündig wurde das Team vor allem am südlichen Standort, am Rand einer Kuppe. In einer Voruntersuchung waren dort Verfärbungen festgestellt worden. Die Funde übertrafen die Erwartungen noch. „Wir hatten dort nicht nur Siedlungs-, sondern auch Grabbefunde“, sagt Dietlind Paddenberg.

Gefunden wurde ein sogenanntes pit alignment, eine Grubenreihe. „Längliche Gruben, die teilweise kilometerweit über die Landschaft verlaufen, sich teilweise kreuzen“, erklärt sie. Die Gruben würden in der Regel keine Funde aufweisen. Anhand der wenigen, die gemacht wurden, schätzen die Archäologen diese Gruben auf die späte Bronze- bis frühe Eisenzeit. Sie sind also rund 3.000 Jahre alt.

Bronzezeitliche Keramik wurde geborgen, außerdem drei Grabanlagen

Was genau es mit diesen Grubenreihen auf sich hat, wissen die Experten nicht. „Das sorgt seit Jahrzehnten für Rätselraten“, merkt die Mitarbeiterin des Landesamtes an. Solche Erscheinungen gäbe es nur in Mitteldeutschland und Großbritannien. „Man geht mittlerweile davon aus, dass es sich wirklich um Grenzziehungen handelt.“ Möglicherweise als politische Grenzen.

Doch das war nicht der einzige Fund, der das Forscherteam staunen ließ. Bronzezeitliche Keramik wurde geborgen, außerdem drei Grabanlagen. „Am Rand der Kuppe haben wir die Reste eines Grabhügels gefunden“, erzählt Dietlind Paddenberg. Mit einem Kreisgraben und einem typischen Eingang nach Osten. Ein Teil davon wurde freigelegt.

Die Mitarbeiter der Abteilung für Bodendenkmalpflege des Landesamtes für Denkmalpflege und Archäologie erhalten und schützen archäologische Denkmalsubstanzen, erfassen, dokumentieren und erforschen diese.

Dabei kommen verschiedene Methoden zum Einsatz. Dazu gehören Begehungen, geophysikalische Untersuchungen und Luftaufnahmen. Sie organisieren, betreuen und führen Rettungsgrabungen durch.

„Jetzt kommt die Schreibtischarbeit“

Gefunden wurden Spuren einer jungbronzezeitlichen Brandbestattung. Eine Urne wurde geborgen. Sie soll geröntgt und untersucht werden. Hinzu kommen Spuren einer weiteren, noch älteren Bestattung. „Wahrscheinlich älter als der Grabhügel“, nimmt Dietlind Paddenberg an. Vermutlich aus der Jungsteinzeit. Überreste der schnurkeramischen Kultur wurden gefunden, eine Amphore, außerdem einige Holzreste sowie ein Schädel.

„Jetzt kommt die Schreibtischarbeit“, merkt die Mitarbeiterin des Landesamtes für Denkmalpflege und Archäologie an. Die Befunde müssen ausgewertet, die Fundstücke gewaschen und datiert werden. (mz)