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Nach Kommunalwahl Nach Kommunalwahl in Köthen: Sind private Beziehungen unter den neuen Stadträten ein Problem?

Von Martin Tröster 31.05.2019, 05:00
Ehepaar David Schaller-Engelmann (li.) und Michael Engelmann
Ehepaar David Schaller-Engelmann (li.) und Michael Engelmann Nicklisch

Köthen - In der Politik geht es um Interessen und letztlich um Beziehungen. Manchmal sind diese persönlichen Beziehungen nicht nur politisch, sondern auch privat. Wenn zum Beispiel Vater und Tochter oder zwei Ehepartner im Stadtrat sitzen, wird das Private wiederum politisch.

Im neu gewählten Köthener Stadtrat haben zwei Stadträte ihre Kinder sitzen: Uwe Schönemann (FDP) ist der Vater des künftig jüngsten Stadtrates Roman Schönemann (20, CDU). Diese Verbindung gibt es auch beim ältesten Mitglied des Stadtrates: Der 77-jährige Rüdiger Buchheim (Linke) ist der Vater seiner Fraktionskollegin Christina Buchheim. Die 48-jährige Stimmenkönigin der diesjährigen Stadtratswahl sieht wie ihr Vater keinen Nachteil in der engen Verwandtschaft für die Arbeit im Gremium.

„Es kann konstruktiv sein, wenn man Kritik aus der Familie mitbekommt.“ Dass man mit diesem engen Verwandtschaftsgrad angreifbarer durch andere Räte würde, habe er noch nie empfunden, sagt ihr Vater.

„Was im Stadtrat passiert, nehme ich nicht mit nach Hause“

Seine Tochter betont: Erleichternd sei in ihrem Fall, dass die private Bindung in der eigenen Fraktion verbleibe. Dass jemand wichtige Details preisgebe, und auch nur aus Versehen, sei vor allem ein Problem, wenn die persönlichen Bande die Fraktionsgrenze überschreite.

Dann, sagt Christina Buchheim, „ist das sicherlich etwas, das man ansprechen muss“. Das wird sie dann auch müssen: Zwei Abgeordnete der künftigen Köthener Linke-Fraktion sind mit künftigen SPD-Stadträten verbandelt: Yvonne Schulze ist mit Sascha Ziesemeier (SPD) zusammen, David Schaller-Engelmann ist der Ehemann von Michael Engelmann (SPD).

Zwei weitere Stadträte anderer Fraktionen sind angeblich ebenfalls ein Paar, wollen sich zu ihrer Verbindung aber nicht äußern - und ließen offen, ob sie ein Paar sind.

„Wir können das trennen“, betont der Sozialdemokrat Engelmann. „Was im Stadtrat passiert, nehme ich nicht mit nach Hause“, sagt er. „Wir können das gut auseinanderhalten.“ Auch wenn es politische Konflikte gebe. „Wir haben in der Ehe Respekt voreinander und werden das auch als Stadträte haben“, sagt der Linke Schaller-Engelmann. Sein Mann weist darauf hin, dass sie auch zusammen im Beruf arbeiten - sie leiten den Tierpark. Auch deshalb wüssten sie um die Trennung von Privatem und Nicht-Privatem.

Was in der Fraktion  besprochen wird, habe auch in der Fraktion zu bleiben

Er sei von seinen Parteifreunden bereits darauf hingewiesen worden, dass in der Fraktion zu bleiben habe, was in der Fraktion besprochen wird, sagt der Linke David Schaller-Engelmann. „Das ist aber selbstverständlich für uns beide“, sagt Michael Engelmann.

„Solche Verbindungen gibt es auch auf höheren Ebenen“, sagt Sascha Ziesemeier. Der Sozialdemokrat meint damit einen Parteifreund auf Landesebene: Norbert Bischoff, SPD, von 2011 bis 2016 Minister für Arbeit und Soziales in Sachsen-Anhalt, ist mit Birke Bull-Bischoff verheiratet - die Linken-Politikern saß von 1999 bis 2017 im selben Parlament.

Ob eher Vorteile oder eher Nachteile darin liegen, wenn der Partner im selben Gremium, aber in einer anderen Fraktion, sitzt, sei schwer zu sagen, sagt Ziesemeier. „Es ist jedenfalls nicht schädlich, denke ich.“ Ein Vorteil sei, dass beide „in den Themen“ seien, wenn man sich unterhalte. Man habe große Überschneidungen in den Überzeugungen, halte aber die Unterschiede aus. Ein Nachteil könne sein, dass man Inhalte mit nach Hause nehme.

Misstrauen der Parteikollegen wegen der Beziehung möglich?

„Dass man schwerer abschalten kann“, sagt er. „Wir haben uns noch nicht konkret überlegt, wie wir das organisieren können.“ „Man erwartet ein gewisses Vertrauen und ein faires Spiel“, benennt Linken-Politikerin Christina Buchheim ihre Erwartungen an ihre neuen Fraktionskollegen Schulze und Schaller-Engelmann, die mit SPD-Räten liiert sind. Dass sie also nichts zu Hause ausplaudern. „Ich gehe aber davon aus, dass sie zu 100 Prozent hinter der Partei stehen.“

Ihre künftige Fraktionskollegin Schulze sagt: „Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass es wegen der privaten Beziehung Misstrauen geben könnte“, auch in der eigenen Fraktion. Damit komme sie klar, sie halte sich für selbstbewusst genug, das auszuhalten - und werde Fraktionsinternes nicht zu Hause ausplaudern.

Ist man angreifbarer, wenn der Partner in der anderen Fraktion sitzt?

Ist man angreifbarer, wenn der Partner in der anderen Fraktion sitzt? Nein, sagen Ziesemeier und die Engelmänner.

Würde Uwe Schönemann den eigenen Sohn im Stadtrat angreifen? „Wenn es um die Sache geht, selbstverständlich“, sagt Uwe Schönemann. „Ich würde es aber nicht ,angreifen’ nennen, sondern ,ansprechen’, wenn er etwas anders sieht als ich.“ Unabhängig davon sei er „ganz klar“ sehr stolz auf seinen Sohn, der es in den Stadtrat geschafft hat.

Trotzdem habe er vor der Wahl klare Worte an seinen Sohn gerichtet: „Du musst damit klar kommen, dass versucht wird, dir eine zu klemmen, weil jemand an mich nicht rankommt.“ Es werde - unabhängig von der Fraktionszugehörigkeit - immer Menschen geben, die versuchen, Zwietracht zu sähen, um Einfluss zu nehmen.

„Eltern wollen ihre Kinder beschützen“, sagt sein Sohn Roman, der in Halle Jura studiert. Es sei eine seiner wichtigsten Aufgaben, weiter aus dem Schatten seines Vaters zu treten. Unabhängig davon könne er viel von ihm lernen: „Mein Vater ist der dienstälteste Stadtrat. Er sitzt seit 1990 drin. Von dem hole nicht nur ich mir Tipps.“ (mz)

Eine Anmerkung in eigener Sache: Auch die MZ hat nach der Kommunalwahl eine sehr private Verbindung in den Stadtrat: Sascha Greiner (Grüne) ist der Ehemann von MZ-Redakteurin Stefanie Greiner. Sie berichtet deshalb weder über Köthener Kommunalpolitik noch über das Köthener Wirtschaftsleben - ihr Mann ist Einzelhändler.

Stadtrat Uwe Schönemann und sein Sohn Roman. Bald sitzen beide Schönemanns im Stadtrat. Der Vater für die FDP, der Sohn für die CDU.
Stadtrat Uwe Schönemann und sein Sohn Roman. Bald sitzen beide Schönemanns im Stadtrat. Der Vater für die FDP, der Sohn für die CDU.
CDU Köthen / Ute Nicklisch