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Mit großer Wamme keine Chance

Von STEFAN SCHRÖTER 16.11.2009, 17:41

PROSIGK/MZ. - Die Tiere von Pia-Patrizia Ehricht traf es besonders hart: "Der taugt nur noch für die Pfanne", sagt Walpurgis über eines ihrer Tiere. "Bei der Wamme, bei der Brust, bei der Lohfarbe: nur Pfanne", ergänzt er. Die 45-jährige Ehricht sieht es im Nachhinein gelassen: "Ich wollte mal sehen, wie sich meine Tiere verändern: Vor einem Jahr hab ich sie mit gutem Ergebnis schon einmal bewerten lassen, und seitdem haben sie drei Würfe gehabt", erzählte die Köthenerin.

Andere Rassekaninchen kommen besser weg, aber Walpurgis findet alle "Fehler" und weist die Besitzer darauf hin: "Da sind zwei weiße Haare auf der Nase, die müssen raus". Für die heutige Bewertung und den internen Vereinskampf um die Pokale in drei Kategorien bedeutet solch ein Urteil zwar Abzüge und einen Rückschlag, doch mit diesen Tipps hilft Hans Walpurgis den Züchtern, bei der nächsten Kaninchenschau zu überzeugen: "Einfach versuchen, die Haare mit der Pinzette rauszuziehen", rät Walpurgis, der seine Kompetenz mit einem weißem Kittel und einer auf der Nasenspitze sitzenden Brille unterstreicht.

Hemmungen bei seinen Kritiken, die in einer Prosigker Gaststätte stattfinden, hat der 64-jährige Walpurgis nicht. Der erfahrene Preisrichter, der für diese Bezeichnung über drei Jahre hinweg mehrere Prüfungen ablegen musste, sieht seine Kritiken eher positiv: "Früher hießen wir Zuchtrichter und sollten die Zucht lenken. Das heißt, wir müssen auf Negatives hinweisen und andersherum die Guten fördern", sagt der Gräfenhainicher, der selbst auch Kaninchenzüchter ist. Den Bewertungsschein mit der Höchstpunktzahl in der Kategorie "Bester Rammler" gewann die 54-jährige Jutta Allner für ihren Zwergwidder.

Dafür musste ihr Kaninchen in den Kategorien Gewicht, Körperform, Typ und Bau, Fellhaar, Farbe, Zeichnung des Felles und Pflegezustand mehr Punkte sammeln, als alle anderen Langohren. Allner siegte auch in der Kategorie "Beste Sammlung", in welcher vier Kaninchen aus einem Wurf zusammen bewertet werden. Ihr Mann, Bernd Allner, ist der Vorsitzende des 13 Mitglieder starken Köthener Vereins mit dem Namen Rassekaninchenzuchtverein G 91 e. V. Schon zu DDR-Zeiten hat sich das Ehepaar der Kaninchenzucht verschrieben. Damals konnten die beiden mit der Zucht noch Geld verdienen: "Wir bekamen 12,30 Mark pro Kilogramm Lebendgewicht. Was damals vom Staat gestützt wurde, ist nach der Wende weggebrochen. Heute ist es nur noch ein reines Hobby, und man macht es zur Eigenversorgung oder für Freunde", erzählt der 53-jährige Prosigker. So blickt er auch ein bisschen wehmütig in die Vergangenheit, wenn er sagt: "Wir kriegen keinen richtigen Nachwuchs im Verein mehr. Die jungen Leute gehen alle woanders hin und haben kein Interesse. Das ist das Problem, das die Kleintierzüchter heute haben."

Der Köthener Kaninchenzüchterverein trifft sich einmal im Monat, um über die Zucht und die Organisation zu sprechen. Dabei muss jeder Züchter auch mal ein Tier seiner Sammlung vor versammelter Runde vorstellen. "Hintergrund ist der dadurch mögliche Vergleich mit dem eigenen Tier", erklärt Allner. Damit könne man auch hinsichtlich einer anstehenden Kaninchenschau die Chancen abwägen: "Ich stelle ja nicht aus", so Allner weiter, "wenn ich weiß: Es ist bloß für die Suppe." Allner hat den Vergleich seiner Tiere an diesem Wochenende dank des Preisrichters Walpurgis bekommen. Er musste feststellen, dass seine Tiere schlechter abschnitten, als die von anderen Vereinsmitgliedern. Das brachte ihn insofern ins Grübeln, als dass er seine Tiere schon für die anstehende Landesschau der Kaninchenzüchter Anfang Dezember gemeldet hat. "Aber ummelden werde ich nicht. Weil sich meine Tiere bis dahin noch weiterentwickeln werden", erzählt er. Fehlt noch der Sieger in der Kategorie "Beste Häsin". Dieser Pokal ging an die Merzienerin Marlis Kunze für ihr "Lohkaninchen". Die 51-jährige sieht diesen Sieg allerdings ganz trocken: "Ist halt eine Vereinsmeisterschaft und da nimmt man dran teil".