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Minderjährige Flüchtlinge Minderjährige Flüchtlinge: Klepziger haben Bedenken zur Unterbringung

Von Katrin Noack 11.06.2016, 07:00
Die alte Schule Klepzig liegt neben dem Friedhof.
Die alte Schule Klepzig liegt neben dem Friedhof. Rebsch

Köthen - Es schien, als sei am Donnerstag ganz Klepzig im Kreistagssitzungssaal in Köthen vertreten. Etwa 50 Anwohner waren gekommen und gut vorbereitet.

In der Einwohnerfragestunde, die in der Tagesordnung vorgesehen ist, dürfen die Bürger nur Fragen an das Gremium richten. Jeder nur eine. Also richteten die Klepziger einer nach dem anderen eine Frage an den Kreistag von Anhalt-Bitterfeld. Es ging nur um ein Thema: das geplante Kinder- und Jugendheim für die unbegleiteten minderjährigen Ausländer (Umas) in der früheren Schule in Klepzig.

Unterbringung für Umas

Das Gebäude in der Kirchstraße liegt am Stadtrand von Köthen neben einem Friedhof in einer Siedlung mit Einfamilienhäusern. Die Eigentümer des früheren Schulhauses sind Ulrich Heller und seine Frau.

Heller ist Geschäftsführer der Beschäftigungsgesellschaft BVIK, die sich im Auftrag des Landkreises um die Unterbringung der Umas kümmert. Derzeit noch im ehemaligen Gymnasium Rüsternbreite.

Da die Unterbringung dort befristet ist - das Gebäude wird als Ausweichquartier bei der Sanierung der Sekundarschule Völkerfreundschaft benötigt - sollen die minderjährigen Flüchtlinge nach Klepzig ziehen.

Anwohner besorgt und verängstigt

Die Anwohner haben davon erst Ende Mai aus der MZ erfahren. Sie sind verärgert und verunsichert. Dies machten sie im Kreistag deutlich. „Wir, die Klepziger, haben Sorgen und Ängste“, sagte Dirk Lasser, Vertreter der Anwohner. Er fragte Landrat Uwe Schulze (CDU): „Können Sie versichern, dass sich unsere Wohnqualität nicht verschlechtert?“ Andere Anwohner sorgten sich um die Einhaltung der Totenruhe auf dem Friedhof, wenn die Umas in die Schule einziehen.

Sie fürchten es könne „Remmidemmi“ geben

Eine Anwohnerin fürchtet, sie könne beim Friedhofsbesuch nicht mehr in Ruhe trauern. Die Klepziger sorgen sich um die Sicherheit in ihrem Quartier: Sie fürchten es könne „Remmidemmi“ und Schäden durch die Jugendlichen geben, etwa wenn Bälle vom Bolzplatz der Schule auf die Gräber fliegen.

„Ich kann ihnen nicht versichern, dass sich Ihre Wohnqualität nicht verschlechtern wird“, antwortete Schulze Lasser. Bei anderen Fragen etwa zum Baurecht verwies der Landrat an die Stadt Köthen, auf deren Gebiet gebaut werde.

Der Landkreis bestimme nur über die Unterbringung der Jugendlichen. Die Fragen dazu beantwortete Jugendamtsleiter Peter Grimm.

Er erklärte zum Beispiel, die Betreuung sehe für einen Jugendlichen in etwa einen Betreuer vor, der bestimmte Voraussetzungen erfüllen müsse.

In der ehemaligen Schule in Klepzig leben noch keine minderjährigen Flüchtlinge. Weil sich die Bauarbeiten verzögerten, plane er den Einzug für Mitte Juni, teilte Bauherr Ulrich Heller der MZ auf Nachfrage mit. Bei der Stadtverwaltung heißt es, der Eigentümer habe für die Umnutzung des Gebäudes noch nicht alle nötigen Unterlagen eingereicht. Die Schule war zuletzt Wohnhaus. Das Landesjugendamt habe die Betriebsgenehmigung für das Heim nicht erteilt, hieß es auf Nachfrage. Es fehle das nötige Personal und eine Bescheinigung des Bauordnungsamtes des Stadt. Derweil hat das Landesamt die Ausnahmegenehmigung für den Betrieb der Unterkunft in der Rüsternbreite bis 30. Juni verlängert.

Klepziger Bürger hatten die Umbauarbeiten an der Schule bereits am Dienstag im Hauptausschuss des Köthener Stadtrates bei der Einwohnerfragestunde thematisiert. Die Stadt, so Baudezernentin Ina Rauer, habe sich die Arbeiten am Objekt angesehen und unter anderem bauliche Eingriffe in die Statik des Hauses untersagt. „Ohne Auflagen“, so Rauer, „wird das Objekt nicht in Betrieb genommen.“ (kan/mb)

„Der Träger konnte bisher das notwendige Personal nicht nachweisen“

Daran scheitert bisher der Betrieb der Unterkunft. Die Genehmigung stellt das Landesjugendamt aus, das zum Landesverwaltungsamt in Halle gehört. „Der Träger konnte bisher das notwendige Personal nicht nachweisen“, informierte Pressesprecherin Denise Vopel auf Nachfrage.

Die Kosten der Unterbringung übernehme zunächst der Landkreis, stelle dies dann dem Land in Rechnung. Wie hoch diese Kosten für einen Jugendlichen sind, verhandelten Landkreis und Träger der Einrichtung - bei allen Jugendlichen.

Fehlende Transparenz des Vorhabens

Der Landrat machte den Klepziger im Kreistag aber ein Angebot: Er wolle Kontakt zur Stadt Köthen und zu Bauherr Ulrich Heller aufnehmen, um gemeinsam ein Gespräch mit den Anwohnern führen.

Der Bauherr könne sein Projekt vorstellen und die Klepziger könnten ihre Sorgen dazu schildern. Der Vorschlag wurde von mehreren Kreistagsmitgliedern unterstützt. Uwe Schönemann (FDP) der auch im Stadtrat Köthen sitzt, bemängelte die fehlende Transparenz bei dem Vorhaben seitens des Betreibers und der Stadtverwaltung.

Gibt es eine Alternative?

„Damit können wir zu einer gewissen Entspannung beitragen“, befürwortete er darum den Vorschlag. Monika Reinbothe (CDU) bot sich an, die Organisation für das Gespräch zu übernehmen.

Die Klepziger sind skeptisch, ob ein Gespräch Erfolg bringen wird. „Für mich gibt es nur die Alternative, dass die Jugendlichen nicht dorthin kommen“, betonte Dirk Lasser. Er glaube nicht, dass man mit dem Bauherren reden könne. (mz)