Mehr «ungestörte Fläche» als vermutet
Köthen/MZ. - Trotzdem brummt der Minibagger, trägt vorsichtig eine Schicht nach der anderen ab. "Viel Zeit haben wir nicht. Uns stehen nur zwei Wochen zur Verfügung. Deshalb können wir auch bei der Hitze kaum pausieren", sagt Grabungsleiter
Volker Demuth vom Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie. Gemeinsam mit vier Grabungsarbeitern, einer Zeichnerin und einem Praktikanten führt er archäologische Untersuchungen auf der Fläche durch, auf der demnächst eine Wohnanlage der Köthener Volkssolidarität errichtet werden soll.
An den ersten drei Tagen der vorigen Woche, schildert Demuth, würde eine etwa ein Meter dicke Schicht abgetragen werden. "Hier standen im 18. Jahrhundert mal unterkellerte Gebäude", sagt der Grabungsleiter. Was sich dann auch bestätigte. "Wir fanden aber nur zwei unterkellerte Bereiche und haben jetzt viel mehr ungestörte Fläche, wo sich das Graben erst richtig lohnt", sagt der Grabungsleiter. Das zu untersuchende Areal habe sich so von rund 150 auf jetzt 300 Quadratmeter vergrößert. Und das erhöhe noch den Zeitdruck.
Demuth und Dr. Cornelius Hornig, Referatsleiter beim Landesamt, kommen deshalb schon am Montag überein, beim Bauherren nachzufragen, ob die vereinbarte Grabungszeit noch etwas verlängert werden kann. "Wir dachten, von der mittelalterlichen Substanz wäre weit mehr weggeräumt worden. Nun ist aber bedeutend mehr vorhanden", sagt Hornig. Der Referatsleiter spricht von einem "sensiblen Bereich". Im Mittelalter habe hier ein Hospital der Kalands-Brüderschaft gestanden, bis zum Jahr 1785 auch eine Kapelle, die vermutlich ebenfalls zu dieser Brüderschaft gehöre. Deshalb solle hier noch etwas mehr in die Tiefe gegangen werden.
"Noch 30 Zentimeter nach unten" sollen laut Volker Demuth die Untersuchungen ausgedehnt werden. Doch schon in den vergangenen Tagen haben die Archäologen viele Zeugnisse der Vergangenheit freilegen, dokumentieren und sichern können. Entdeckt wurden unter anderem Reste eines Feldsteinkellers, der etwa im 18. Jahrhundert aufgegeben wurde. "Im 18. Jahrhundert hat es in diesem Bereich offenbar einen Bebauungswandel gegeben", vermutet Demuth.
Gefunden wurden ebenfalls Überbleibsel einer gemauerten Herdfeuerstelle und eines gemauerten Entsorgungsschachtes. Weitere Funde reichen bis in das Mittelalter zurück. Gefreut hat sich Demuth beispielsweise über das gut erhaltene Bodenstück eines Keramik-Trinkgefäßes, das eine rote Bemalung hat. "Im Hochmittelalter gehörten solche Gefäße zur feinen Tischkeramik", weiß Demuth zu berichten. "Auf diesem Grabungsfeld ist der Ablauf der Siedlungsgeschichte vom Mittelalter bis zur Barockzeit sehr gut nachvollziehbar", urteilt der Archäologe.