Köthen Köthen: Jäger drücken Schulbank zum Thema Wildgänse
KÖTHEN/MZ. - Laut Bundesjagdgesetz dürfen die Jäger nur bestimmten Arten von Wildgänsen nachstellen. Also müssen diese von ihnen auch zweifelsfrei erkannt werden. Das war das Anliegen einer Lehrveranstaltung, die von der Kreisjägerschaft Köthen für den Landesjagdverband Sachsen-Anhalt in der Köthener Baggerkiete organisiert wurde.
Den Vortrag hielt Andreas Rößler - ein Fachmann, der in dreifacher Hinsicht dafür geeignet ist: Rößler ist Amtsleiter für Naturschutz beim Landkreis Anhalt-Bitterfeld, er ist Vorsitzender des Ornithologischen Vereins Köthen und auch ein Jäger. Er weiß, dass das Thema wichtig ist. "Viele Jäger glauben, sie wüssten Bescheid", so Rößler. "Wenn man aber nachhakt, werden sie unsicher. Denn manche Arten sind schwer von einander zu unterscheiden. Zumal Vögel verschiedener Arten nicht getrennt, sondern in gemischten Schwärmen Futter- und Übernachtungsplätze aufsuchen."
Unterscheiden können muss aber jeder Jäger. Denn laut dem Bundesjagdgesetz dürfen nur fünf Arten von Wildgänsen gejagt werden. "Das sind Graugänse, Saatgänse, Blassgänse, Kanada-Gänse und Ringelgänse", sagt Karl-Heinz Ecke, Vorsitzender der Kreisjägerschaft Köthen. Verwechselt der Weidgenosse die Arten und erlegt eine Gans, die nicht gejagt werden darf, könne er strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden, so Rößler. Geschützt seien zum Beispiel Kurzschnabel-, Zwerg-, Streifen- und Rothalsgänse.
Rund zwei Stunden sprach Rößler in der Veranstaltung. Er ging nicht nur auf die Unterscheidungsmerkmale der Gänse ein, sondern sprach auch über die Lebensweise und die Herkunft dieser Vögel. Das war interessant nicht nur für die Jäger, sondern auch für "normale" Interessenten, die ebenfalls an der Lehrveranstaltung teilnahmen.
Im vergangenen Winter sprachen manche Jäger davon, dass die Bestände der Wildgänse in der hiesigen Region abgenommen hätten. Rößler zufolge sei es jedoch nicht so. "Die Bestände sind in etwa dieselben geblieben", sagte er. "Die Gänse verteilen sich nur anders." Dazu trage zum Beispiel das Entstehen neuer Gewässer bei. Aber auch Störungen durch den Menschen können die Vögel von ihren angestammten Plätzen vertreiben: zum Beispiel durch Windsurfer oder Quad-Fahrer. "Wildgänse schlafen zum Beispiel neuerdings am Geiseltal-See oder an der Talsperre Kelbra, wo sie früher nicht vorkamen", so der Ornithologe.
Insgesamt rund 30 Teilnehmer kamen zur Veranstaltung in die Baggerkiete. Rüdiger Rochlitzer von der Unteren Jagdbehörde des Landkreises Anhalt-Bitterfeld bezeichnete die Beteiligung als gut. "Obwohl es doppelt so viele hätten sein können", meinte er. Etliche Jäger hätten wohl kein Interesse gezeigt, weil sie keine Gänse jagen.
Im Altkreis Köthen sind Rochlitzer zufolge in den letzten Jahren weniger Wildgänse geschossen worden. Das hänge damit zusammen, dass die Vögel ihre Futterplätze verlegt haben. An ihren Übernachtungsplätzen, wie zum Beispiel am Neolith-Teich, dürfen sie laut einer Selbstverpflichtung der Köthener Jägerschaft nicht geschossen werden. Diese Verpflichtung gilt laut Karl-Heinz Ecke bereits seit 15 Jahren. Die "Sperrzone" betrage 300 Meter.
In der Veranstaltung wurde Andreas Rößler eine Auszeichnung des Landesjagdverbandes überreicht: eine Ehrennadel in Silber. "Er sorgt für einen guten Ausgleich zwischen Jagd und Naturschutz", begründete Ecke die Ehrung. Als Jäger stellt Rößler übrigens nicht Wildgänsen, sondern Rehen und Wildschweinen nach. Für ihn ist die Jagd Teil des Naturschutzes. "Wenn sich das Schwarzwild unkontrolliert vermehrt, so leiden darunter zum Beispiel die Vögel, welche im Schilf brüten. Die Sauen fressen Eier und Jungtiere", nennt Rößler ein Beispiel dafür, wie wichtig eine Populationskontrolle durch die Jagd ist.