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Klettern auf dem Schieferberg Klettern auf dem Schieferberg: Spezialisierte Dachdecker sanieren Köthener Jakobskirche

Von Matthias Bartl 06.05.2020, 08:46
Maik Jänicke hat sich am Nordturm der Jakobskirche zur beschädigten Schieferfläche abgeseilt.
Maik Jänicke hat sich am Nordturm der Jakobskirche zur beschädigten Schieferfläche abgeseilt. Ute Nicklisch

Köthen - Höher hinauf? Da muss Dirk Tanneberg schon ein wenig länger überlegen. „Wolmirstedt“, sagt er dann. In Wolmirstedt sei der Kirchturm von St. Katharina möglicherweise noch höher als der von St. Jakob in Köthen. Vielleicht aber auch nicht. Auf alle Fälle sind die Doppeltürme der Stadt- und Kathedralkirche auf dem Markt schon etwas Besonderes.

Auch für Gewerbe- und Industriekletterer wie Dirk Tanneberg und seinen Mitarbeiter, der in diesen Tagen hier tätig werden musste. Woran „Sabine“ schuld hat: Der Sturm hatte Anfang Februar am Dach der Köthener Jakobskirche einige Schäden hervorgerufen. Nichts Dramatisches auf den ersten Blick, „aber erledigt werden muss es, sonst könnten die Schäden schnell größer werden“, sagt Tanneberg. Ein defektes Dach bietet Angriffsfläche für neue Probleme.

Sturmtief "Sabine" hatte an einigen Stellen des Dachs Schieferziegel gelöst

„Sabine“ hatte an einigen Stellen des Dachs Schieferziegel gelöst und auf die Straße geworfen. „Am Nordturm gab es Schäden, an der Südseite des Schiffs sind ebenfalls einige Platten runtergekommen und vermutlich hat auch das Walmdach zwischen den Türmen etwas abgekriegt“, sagt Tanneberg.

Er hatte die Schäden kurz nach dem Sturm von der Straße aus per Fernglas in Augenschein genommen und das Ausmaß eingeschätzt. Zum Walmdach waren deswegen nur Vermutungen möglich, weil dieser Teil des Dachs von der Straße aus nicht einsehbar ist.

Aber Tanneberg kennt sich mit St. Jakob aus und weiß daher, wo ihn noch Überraschungen erwarten können. 2007, nach „Kyrill“, hat er zum ersten Mal am Dach der Jakobskirche vom Kletterseil aus Reparaturen durchgeführt. Seitdem ist der Mann aus Göttingen regelmäßig wiedergekommen - immer dann, wenn die Schäden in überschaubarer Größe waren.

„Irgendwann, wenn es zu aufwendig wird, die betroffene Stelle am Dach mit Material zu beliefern, ist es nicht mehr machbar, die Reparaturen vom Seil aus durchzuführen“, sagt der Fachmann. Dann bliebe nichts anderes übrig, als ein Gerüst aufzubauen. Das freilich ist diesmal nicht notwendig: Am Nordturm beispielsweise misst die beschädigte Stelle ungefähr einen Quadratmeter „und am Schiff geht es um einzelne Platten, die ausgetauscht werden müssen“. Das könne man zu zweit gut schaffen.

„Kyrill“ sei von einem ganz anderen Kaliber als „Sabine“ gewesen: „Damals hat es ein Drittel des Dachs auf der Nordseite abgedeckt.“ Und dennoch konnten auch damals die Kletterer den Job gut erledigen.

Dass Stürme das Schieferdach beschädigen, sei nicht ungewöhnlich

Dass Stürme es überhaupt schaffen, ein insgesamt stabiles Dach zu beschädigen, ist so ungewöhnlich nicht, findet Tanneberg. Gerade bei Schiefer ist man immer - vorsichtig gesagt - im Risiko. Das Naturprodukt ist zwar langlebig, aber auch etwas speziell im Umgang. „Da gibt es Haarrisse, die man beim Verlegen nicht sieht und später größer werden können. Da reicht es aus, dass man beim Verlegen den Nagel einen halben Schlag zu tief reinhaut und der Platte damit eine Schwachstelle zufügt, an der sie brechen kann.“ Und wenn der Wind erst einmal einen Angriffspunkt hat, kommt er auch unter die Platte - „und schon ist es passiert“.

Heute geht’s an Schiff und Chor

Starke Stürme, sagt Tanneberg, der gelernter Bootsbauer und Zimmermann ist und das Geschäft seit 2003 betreibt, habe es auch früher schon gegeben. „Ich habe aber bemerkt, dass die nicht ganz so starken Stürme in letzter Zeit häufiger geworden sind.“ Also diejenigen, die die Marke von Beaufort 8, wo ein Wind offiziell zum Sturm wird, nur knapp reißen.

Nachdem am Dienstag am Turm und am Walmdach gearbeitet wurde, wollen Tanneberg und sein Mitarbeiter Maik Jänicke heute noch die Schäden am Schiff und am Chor beseitigen. Dann ist St. Jakob wieder dicht. Bis zum nächsten Sturm. Egal, wie der dann heißen mag. (mz)

Dirk Tanneberg beim Zuschneiden der neuen Schieferplatten
Dirk Tanneberg beim Zuschneiden der neuen Schieferplatten
Nicklisch