Minderjährige Flüchtlinge Klepzig : Jugendheim im Schulhaus

Köthen - Ulrich Heller wehrt sich. „Es wurde in Klepzig niemand wegen der Jugendlichen gekündigt“, sagt der Geschäftsführer der BVIK. Die Beschäftigungsgesellschaft betreibt in Köthen die frühere Notunterkunft Rüsternbreite als Kinder- und Jugendheim. Die Jugendlichen sind minderjährige unbegleitete Ausländer und in der Obhut des Jugendamtes des Landkreises. Doch für das Heim hat die BVIK nur eine Ausnahmegenehmigung des Landesjugendamtes. Diese endet am 30. Mai. Darum müssen die Jugendlichen umziehen. Die Betriebserlaubnis für Klepzig stehe zwar noch aus. Doch das Landesjugendamt sei schon vor Ort gewesen, es müssten nur noch einige Unterlagen nachgereicht werden, heißt es beim Landesjugendamt in Halle, das auf die enge Zusammenarbeit Hellers mit dem Landkreis hinweist.
In Klepzig bereiten nun Bauarbeiter einen Teil des Gebäudes für die neuen Bewohner vor. In sechs Wohnungen sind Zwischenwände eingebaut, Fußböden verlegt, Wände gestrichen und Bäder eingerichtet worden. Sechs Jugendliche ziehen in eine Wohnung; jeweils zwei teilen sich ein Zimmer. Im Erdgeschoss entstehen ein großer Gemeinschaftsraum und eine Rezeption. Hinter dem Haus sind Grillstelle und Bolzplatz geplant.
Betreuer rund um die Uhr
Auch Räume für die Betreuer wird es geben. „Wir haben 30 Mitarbeiter im Schichtsystem für 40 Jugendliche“, informiert Heller. Zwei Erzieher kümmern sich um eine Wohnung, die Jugendlichen werden rund um die Uhr betreut. „Wir haben Sprachmittler, die zum Beispiel auf Farsi oder Somali spezialisiert sind“, schildert der Geschäftsführer. Die BVIK habe außerdem einen psychologischen Dienst. Die jungen Flüchtlinge seien in der Pubertät, auf der Flucht und ohne Eltern, beschreibt der BVIK-Chef die sehr schwierige Situation.
Die ehemalige Schule, in einer ruhigen Wohngegend am Stadtrand gelegen, ist seit Jahren Wohnhaus. Die Eigentümergemeinschaft von Heller und seiner Frau hatte 2007 die Schule und das nebenstehende Gebäude gekauft. In der Schule entstand Soziales Wohnen: Es zogen Hartz-IV-Empfänger ein und Obdachlose der Stadt. Auch Mitarbeiter Hellers mieteten einige Wohnungen. Im Gebäude nebenan bezog die Köthener BVIK Quartier.
Keine Kündigung
Die Wohnungen wurden seinerzeit hergerichtet. Eine Mieterin zeigt der MZ ihre Zweiraumwohnung in dem Gebäudeteil, der nicht umgebaut wird. Sie ist ordentlich, sauber und gemütlich eingerichtet. Kaum anders als die Wohnungen für die Jugendlichen. Sie wohne gerne hier, sagt die Mieterin. Sie werde demnächst ausziehen, aber „ich brauche eine größere Wohnung“, begründet sie. Eine Kündigung habe sie nicht erhalten.
Kritik am Vorhaben von Heller äußerten auf der Sitzung des Bau- und Umweltausschusses des Stadtrates Bürger, die in der Nähe des Objektes wohnen. Man mache sich Sorgen über das Konfliktpotential, das sich mit der Unterbringung auftue, hieß es. „Wir haben unserer Häuser dort gebaut, weil es eine ruhige Gegend ist. Wir haben inzwischen vieles in Kauf genommen, aber das geht nicht.“ Der Ausschuss nahm die Kritik zur Kenntnis, wies aber darauf hin, dass weder Stadt noch Stadtrat zuständig seien.
Es habe Kündigungen gegeben, erklärt Heller. Mit den Jugendlichen habe das aber nichts zu tun. Mit seinen Mitarbeitern habe er gesprochen, sie seien freiwillig ausgezogen. Mietern einer Wohnung, früheren Obdachlosen, habe er gekündigt. „Sie haben mein Eigentum zerstört“, begründet er und zeigt Fotos der verdreckten Wohnung. Sie habe gründlich gereinigt, der Boden ausgetauscht werden müssen. Eine weitere Kündigung sei ein Missverständnis gewesen und das inzwischen ausgeräumt. (mz)