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Kein Spaß mehr Kein Spaß mehr: Darum gibt es dicke Luft zwischen Köthener Karnevalisten und MDR

Von Stefanie Greiner 22.03.2017, 18:11
Zahlreiche Motivwagen zogen am Rosenmontag durch Köthen.
Zahlreiche Motivwagen zogen am Rosenmontag durch Köthen. Heiko Rebsch

Köthen - Karnevalisten werfen händeweise Süßigkeiten von geschmückten Wagen. Kinder flitzen auf die Straße, lesen Bonbons, Kaugummis und Schokoriegel auf. Und Erwachsene winken den Narren auf den Wagen vom Straßenrand aus zu. In Sachsen-Anhalts Karnevalshochburg Köthen ging es Rosenmontag einmal mehr närrisch zu. Im Mitteldeutschen Rundfunk (MDR) war davon aber nur wenig zu sehen. Der Sender überträgt 42 Minuten des Umzugs und damit deutlich weniger als in vergangenen Jahren. Für die Karnevalisten ein Affront. Doch da sie von den Plänen wussten, filmten sie in diesem Jahr erstmals selbst.

Die dicke Luft ist aber noch längst nicht abgezogen. Ronald Mormann, Senatspräsident der 1. Köthener Karnevalsgesellschaft Kukakö 1954, findet, dass sein Verein im zweieinhalbstündigen Magazin „Narren, Konfetti und Kamelle“ zu kurz kommt. Und mehr noch: Er meint, dass der Karneval insgesamt beim MDR zu kurz kommt. Seit Jahren schon. „Wenn man gebührenfinanziert ist, hat man einen Sendeauftrag“, betont er. Und dazu gehöre auch Karneval.

Aus für Karnevalsshow „Überraschend närrisches Sachsen-Anhalt“

Mormann nennt zwei Beispiele. So sei die Karnevalsshow „Überraschend närrisches Sachsen-Anhalt“ jahrelang im Theater in Köthen aufgezeichnet worden. Das sei auch für kleine Vereine eine Chance gewesen, sich im öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu präsentieren. Nach der Schließung des Theaters in Köthen sei die Sendung noch ein Jahr in Weißenfels aufgezeichnet worden - und wurde dann eingestellt.

Übrig blieb die Übertragung der Umzüge. Seit 1999 sendet der MDR am Rosenmontag live aus Köthen. Und bis 2012 auch ausschließlich. „Dann hat man angefangen, den Umzug immer kleiner zu machen“, sagt Mormann. 2013 gab es erstmals eine Schalte zum Umzug in Halle. Seit 2014 sind Live-Bilder auch aus weiteren Städten zu sehen. So wurde am Rosenmontag auch aus Halle und Wittichenau in Sachsen berichtet. Zudem wurden Umzüge gezeigt, die bereits am Wochenende stattgefunden hatten. Dass Köthen immer kürzer komme, ärgert den Senatspräsidenten. „Nicht ins Fernsehen kommen, kann ich auch woanders.“

Der Karnevalsverein ging deshalb einen neuen Weg. Er entschloss sich zu einer eigenen Produktion mit Regisseur Christoph Albert. Der Geschäftsführer der Film- und Videoproduktionsfirma „Crazy Art“ aus Woltersdorf (Brandenburg) ist zugleich Präsident der Erkneraner Woltersdorfer Karnevalgemeinschaft. „Karneval ist ein Brauchtum, das nicht in Vergessenheit geraten darf“, sagt er. Und zwar nicht nur in den Hochburgen am Rhein. Er bedauert, dass der MDR weniger Karneval sendet als früher. Und sagt: „Wir können das alleine. Von Karnevalisten für Karnevalisten.“ Und so wurde viel Aufwand betrieben: Fünf Kameras nahmen den Umzug in Köthen auf.

Regionale Sender RBW Fernsehgesellschaft mbH und RAN 1 zeigen Umzug

Der Umzug war mehrfach in den regionalen Sendern RBW Fernsehgesellschaft mbH und RAN 1 Rundfunkgesellschaft Anhalt zu sehen. Er ist auch bei YouTube zu finden. Knapp 3.000 Nutzer haben das Video bislang aufgerufen. Mormann hofft, dass der Kukakö mit dieser Produktion ein Vorreiter für andere ist. Für Vereine, die ebenso unzufrieden mit dem MDR sind. „Wir können damit jedem garantieren, dass er im Fernsehen ist“, sagt er.

Unklar ist aber noch, wer die Kosten der knapp 16.000 Euro teuren Produktion trägt. Die Karnevalisten hoffen, dass der Landkreis Anhalt-Bitterfeld 10.000 Euro übernimmt. Das wären allerdings 17 Prozent der Mittel zur Förderung von Kunst und Kultur im Landkreis. Eine Entscheidung fällt der Kreistag im April. Doch in jedem Fall soll es auch im nächsten Jahr eine eigene Produktion geben.

Und der MDR? Der Sender widerspricht dem Vorwurf, er habe kein Interesse mehr an Karneval. Die aufwendige Show „Überraschend närrisches Sachsen-Anhalt“ sei aus Kostengründen gestrichen worden, sagte MDR-Sprecher Thomas Ahrens. Dass auch sonst weniger Karneval zu sehen sei, findet er nicht. „Wir machen weniger aus Köthen“, räumt er ein. Dafür jedoch mehr aus anderen Städten. Und das komme bei vielen Karnevalisten gut an.

So auch bei Dirk Vater vom Karnevallandesverband Sachsen-Anhalt. „Als Präsident ist es mir wichtig, dass aus vielen Orten berichtet wird“, sagt er. Auch kleinere Umzüge seien wichtig und sollten dadurch gewürdigt werden. Deshalb begrüße er das Konzept des MDR. (mz)