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Rechtlich nicht korrekt? Karin Ritter aus Köthen: Streit um Wohnung zwischen Stadt und Landkreis

Von Matthias Bartl 16.07.2019, 10:20
Karin Ritter wartet darauf, dass es 18 Uhr wird - erst dann kann sie ihr Zimmer im Obdachlosenobjekt der Stadt wieder nutzen.
Karin Ritter wartet darauf, dass es 18 Uhr wird - erst dann kann sie ihr Zimmer im Obdachlosenobjekt der Stadt wieder nutzen. Bartl

Köthen - Das Verhältnis zwischen Landkreisverwaltung und Stadtverwaltung Köthen hat schon bessere Tage erlebt. Deutlich bessere Tage, wenn man richtig deutet, was Landrat Uwe Schulze mit sehr kühlem Unterton festgestellt.

„Ich habe langsam den Eindruck, dass der Landkreis vor allem da ist, um die Probleme der Stadt Köthen zu lösen“, so Schulze jetzt bei einem Pressegespräch: Man habe das Problem mit der Fasanerie auf den Weg gebracht, „nachdem die Stadt es über Jahre nicht geklärt bekommen hat“.

Man habe die KKM mit den Finanzen ausgestattet, „die ihr für die nächsten zehn Jahre ein Überleben ermöglichen“. Und jetzt solle man - nach allem, was Oberbürgermeister Bernd Hauschild auf der jüngsten Stadtratssitzung zu dem Thema habe verlauten lassen - offenbar auch noch der Stadt die Sorgen mit der Obdachlosen Karin Ritter abnehmen.

Landkreis: Stadtverwaltung verstößt bei Karin Ritter gegen ihre eigene Satzung

Aber da ist Schluss für Schulze und seinen Stellvertreter Bernhard Böddeker: „Wir werden sicher keine Wohnung für Frau R. besorgen“, sagt Schulze. „Das ist Angelegenheit der Stadt.“ Der Landkreis werde sich daran halten, in diesem Fall seine eigenen Aufgaben zu erfüllen. „So wie wir das immer gemacht haben“, stellt Böddeker fest.

Böddeker, gleichzeitig Rechtsdezernent der Landkreisverwaltung, hegt ohnehin erhebliche Zweifel daran, dass die Art, wie die Stadt - Ratsbeschluss hin oder her - seit einigen Monaten mit den Obdachlosen verfährt, rechtlich korrekt ist. Grundlage für diese Ansicht ist ausgerechnet Köthener Ortsrecht. „Hauschild und seine Verwaltung verstoßen gegen ihre eigene Satzung, wenn sie die Frau am Morgen auf die Straße setzen und erst um 18 Uhr wieder das Betreten des Objekts in der Augustenstraße gestatten“, sagt der Dezernent.

Sehe man sich den Paragraphen 4 der gültigen „Satzung über die Unterbringung Obdachloser in der Stadt Köthen (Anhalt)“ an, so finde man dort den Satz: „Eine Unterkunft darf nur aufgrund einer Einweisungsverfügung und nur von der eingewiesenen Person ausschließlich zu Wohnzwecken genutzt werden“.

Landkreis bezahle für „Wohnunterbringung“ festgelegten Satz pro obdachloser Person

Eine Wohnung habe man aber 24 Stunden am Tag und nicht nur zur Übernachtung, sagt Böddeker. Der Landkreis bezahle für diese „Wohnunterbringung“ auch den festgelegten Satz pro obdachloser Person. Wolle man nicht, dass den Obdachlosen die Unterkunft ganztägig zur Verfügung stehe, wie es momentan der Fall ist, müsse man zunächst einmal das eigene Recht entsprechend gestalten. „Man kann etwa statt der Wohn- Übernachtungszwecke hineinschreiben oder auch eine Aufenthaltsermöglichung.“ Für letzteres müsste allerdings dann ein entsprechender Raum vorhanden sein.

Auch in der dazugehörenden Gebührensatzung finde sich ein Passus, der das Agieren der Stadt in Frage stelle: Dort ist davon die Rede, dass die Lieferung von Elektroenergie zwischen den Nutzern und einem Energieversorger ihrer Wahl auf der Basis eines „selbst abzuschließenden Stromliefervertrages“ erfolge.

Streitfall Karin Ritter: Landkreis sieht keinen Wechsel der Zuständigkeit

Auch das spricht für eine dauerhaft zu nutzende Wohnung. Der Landkreis jedenfalls erfülle wie in den Jahren zuvor auch weiter seine Pflicht und die bestehe darin, den Obdachlosen die notwendigen Mittel für die Unterkunft zur Verfügung zu stellen. Das sind 6,34 Euro pro Quadratmeter und Monat Benutzungsgebühr sowie für die Nutzung der Unterkunft noch mal 1,91 Euro je Tag pro Person plus die Kosten für die Reinigung.

„Daran will auch niemand etwas ändern. Soziale Betreuung ist unsere Zuständigkeit“, sagt der Landrat. Man bezahle dies seit Jahr und Tag, „da ist keine Forderung offen“. Einen „Aufwendungsersatzanspruch aus Geschäftsführung ohne Auftrag“, wie ihn OB Hauschild in einem Schreiben vom 18. Juni geltend gemacht habe, gebe es nicht: Die Forderung sei sehr befremdlich und die juristische Argumentation „mehr als dünn“. Einen Zuständigkeitswechsel, wie die Stadt ihn zu erkennen meint, sehe man nicht.

Unterkunft für Ritters: Landkreis will auf keinen Fall Sicherheitsfirma bezahlen

Was die soziale Betreuung angeht: Man habe schon Betreuer für Frau Ritter und ihre Familie bestellt und finanziert, „aber aktuell nicht, weil es hier auf Freiwilligkeit ankommt. Will der Betroffene keine Betreuung, dann bekommt er auch keine“. Der Landkreis werde aber auf keinen Fall Leistungen der Gefahrenabwehr, wie eben die von der Stadt beauftragte Sicherheitsfirma, bezahlen.

Und was die Suche nach Wohnraum für Karin Ritter angehe, so helfe man, wo man könne und werde auch notwendige Sachleistungen erbringen, wenn Wohnraum vorhanden sei, „aber wir haben keine Wohnung zu vergeben“. (mz)