1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Köthen
  6. >
  7. Hochwasser am Löbitzsee: Hochwasser am Löbitzsee: Ruiniertes Paradies

Hochwasser am Löbitzsee Hochwasser am Löbitzsee: Ruiniertes Paradies

Von helmut dawal 03.07.2013, 19:24
Günter Kniestedt aus Köthen schaut sich am 24. Juni sein überflutetes Grundstück am Löbitzsee an. Das Wasser ist inzwischen etwas zurückgegangen, steht aber immer noch kniehoch.
Günter Kniestedt aus Köthen schaut sich am 24. Juni sein überflutetes Grundstück am Löbitzsee an. Das Wasser ist inzwischen etwas zurückgegangen, steht aber immer noch kniehoch. Ute Nicklisch Lizenz

Löbitzsee/MZ - „Ich hätte nie gedacht, dass das Hochwasser ein solches Ausmaß annimmt.“ Zur Erinnerung daran will Werner Tannert in seinem Bungalow am Löbitzsee eine Hochwassermarke anbringen. „Da drinnen stand das Wasser 1,45 Meter hoch. Das will ich markieren, sonst glaubt es mir womöglich keiner.“

Tannert und seine Ehefrau Rosel können inzwischen wieder lachen. Doch das Ehepaar aus Halle-Neustadt ist den Tränen nahe, als es ein paar Tage nach der Überflutung der Bungalowsiedlung das erste Mal sein Anwesen betritt, das es seit 1988 besitzt und in das quasi jeder Pfennig gesteckt wurde. „Wir sind nie in Urlaub gefahren, wir hatten doch unser kleines Paradies hier am See“, sagt Rosel Tannert. Jetzt ist es durch das Wasser, das aus dem Elbe-Saale-Winkel heranströmte, ruiniert.

Am 11. Juni in den Morgenstunden kam die Flut. Und das Wasser in der Siedlung hält sich beharrlich, auch wenn die Hauptzufahrtstraße wieder frei ist. Dort türmen sich die ersten Berge mit Sperrmüll, die Menschen haben mit dem Aufräumen begonnen.

Noch immer viel Wasser

So weit ihnen das möglich ist, denn noch immer sind zahlreiche Grundstücke überflutet. „Es gibt schon einige Bereiche, die trocken sind, auch die Waldparzellen gehören dazu“, schildert Stefan Hemmerling die aktuelle Lage. Doch es stehe eben auch noch viel Wasser, insbesondere im Süduferbereich, fügt der Bürgermeister vom Osternienburger Land hinzu. Die Gemeinde habe am vergangenen Donnerstag eine Schlitzung des Radweges, der ins Wulfener Bruch führt, vornehmen lassen. Das habe den Abfluss des Wassers etwas beschleunigt. „Wunder dürfen von diesem Durchbruch aber nicht erwartet werden“, so Hemmerling.

Harry Scholz geht all das nicht schnell genug. Der Vorsitzende des Vereins Löbitzsee e.V. hofft darauf, dass das Schöpfwerk in Breitenhagen zügig in Betrieb genommen wird. Scholz hat sich mit dem Krisenstab des Salzlandkreises in Verbindung gesetzt, ist dort auf offene Ohren gestoßen. Doch noch ist alles ungewiss, der Betrieb des Schöpfwerkes sei durch die Hochwasserlage eingeschränkt. „Wenn in dieser Woche nichts Gravierendes passiert, dann sind die Häuser am Südufer wohl endgültig verloren“, befürchtet er. Für das Ableiten des Wassers haben sich laut Scholz die Bedingungen verbessert. „Der Landgraben ist wieder aufnahmefähig“, meint er.

Hilfe wird erwartet

Familie Tannert indes fordert noch mehr Initiative von der Kommune, könnte sich vorstellen, das Wasser wegpumpen zu lassen. „Wir zahlen seit Jahren eine Zweitwohnungssteuer. Da sollte man in einer solchen Situation auch Hilfe von der Gemeinde erwarten dürfen“, äußert Werner Tannert.

„Die Kommune tut, was sie tun kann“, versichert Stefan Hemmerling. Erst gestern sei der Schlitz am Radweg vertieft worden, um den Ablauf des Wassers weiter zu beschleunigen. Das Abpumpen sei natürlich eine weitere Variante, doch gegenwärtig noch nicht möglich. Denn im Gegensatz zu Harry Scholz sieht Hemmerling die Aufnahmekapazität des Landgrabens derzeit noch nicht wieder gegeben. „Wir messen täglich an der Brücke am Landgraben. Da hat sich mit dem Wasserstand leider noch nicht viel getan.“ Der Bürgermeister will aber von Fachleuten prüfen lassen, was das Abpumpen bringen würde. Bei Diebzig habe eine Firma derzeit eine Pumpe in Betrieb. Wenn sie dort nicht mehr gebraucht werde, könnte sie zum Löbitzsee umgesetzt werden.

Die Zweitwohnungssteuer, erinnert Stefan Hemmerling, gibt es für den Löbitzsee seit dem Jahr 1997. Sie sei von der Gemeinde Micheln beschlossen worden, weil sie aufgrund ihrer Haushaltslage eine weitere Einnahmemöglichkeit erschließen musste. Diese Auflage habe seinerzeit die Kommunalaufsicht erteilt. Defizitär sei der Haushalt auch deshalb gewesen, weil die Gemeinde Kosten für die Straßen- und Wegeunterhaltung sowie die Strom- und Wasserversorgung im Naherholungsgebiet Löbitzsee hatte.

Baggerfahrer Wilhelm Möhsner hat am Mittwoch den Schlitz am Radweg noch größer gemacht, damit das Wasser besser fließen kann.
Baggerfahrer Wilhelm Möhsner hat am Mittwoch den Schlitz am Radweg noch größer gemacht, damit das Wasser besser fließen kann.
Ute nicklisch Lizenz
Dieses Luftbild entstand am 19. Juni und zeigt den komplett überschwemmten südlichen Bereich der Siedlung am Löbitzsee.
Dieses Luftbild entstand am 19. Juni und zeigt den komplett überschwemmten südlichen Bereich der Siedlung am Löbitzsee.
Ute Nicklisch Lizenz