Gnetsch Gnetsch: Asylbewerber wurden gut aufgenommen

gnetsch - „Wir alle waren freudig überrascht. Die Menschen sind sehr nett und haben uns auch schon Hilfe angeboten.“ So fasst Maja Rashidovic ihre Eindrücke nach den ersten Wochen ihres Aufenthaltes in Deutschland zusammen.
Im Landkreis Anhalt-Bitterfeld leben laut Mitteilung der Landkreisverwaltung gegenwärtig 953 Flüchtlinge. Für die Unterbringung der Flüchtlinge stehen zwei Gemeinschaftsunterkünfte und eine Vielzahl von Wohnungen zur Verfügung. In den Gemeinschaftsunterkünften Marke und Friedersdorf leben zusammen 362 Menschen. 591 Asylbewerber sind in Wohnungen untergebracht. Sie befinden sich in Bitterfeld, Wolfen, Sandersdorf, Aken, Köthen, Quetzdölsdorf, Löberitz, Zörbig, Gnetsch und Zerbst.
Die junge Frau gehört zu den insgesamt 14 Asylbewerbern, die seit Mitte Mai in Gnetsch leben. Untergebracht sind sie in einem Privathaus, das der Landkreis Anhalt-Bitterfeld gemietet hat. Die sieben Frauen und sieben Männer gehören zu sechs Familien. Sie kommen aus Mazedonien, Serbien und Bosnien-Herzegowina.
Nicht enden wollender Hass in Serbien
Ihre Heimat haben die Asylbewerber verlassen, weil sie dort großem politischem Druck ausgesetzt waren. „Jeder kann seine eigene Geschichte dazu erzählen“, sagt Maja Rashidovic, die aus Serbien stammt. Ihr Schicksal besteht darin, dass sie zu den Roma gehört. Wenn sich jemand als Roma zu erkennen gebe, setze er sich in Serbien vielen Anfeindungen aus. „Romas klauen. Sie sind dreckig. So lauten nur einige die Vorurteile“, schildert Maja. Nach ihr habe man sogar schon mit Steinen geworfen. „In Serbien werden wir angefeindet, nicht von allen, aber von vielen.“ Das sei für sie der Beweggrund gewesen, das Land zu verlassen und in Deutschland die Aufnahme zu beantragen. Der Hass gegenüber den Roma scheine in Serbien nicht enden zu wollen.
All das erzählt Maja bei einer Kaffeerunde im Gnetscher Dorfgemeinschaftshaus, wo sich fast alle Asylbewerber eingefunden haben. Nur zwei fehlen. Sie sind erst einen Tag zuvor angekommen und wohl noch nicht in der Stimmung für eine Begegnung. Zur Kaffeerunde eingeladen haben Ortsbürgermeisterin Erika Scheller und Burkhard Bresch, Bürgermeister der Stadt Südliches Anhalt. Für eine reichlich gedeckte Tafel mit Erdbeertorte, anderem selbstgebackenen Kuchen und duftendem Kaffee sorgten Giesela Zick, Roswitha Koch und Margrit Ulrich. Die drei Damen gehören zu den Volkssolidarität-Ortsgruppen Gnetsch und Weißandt-Gölzau.
Einladungen in Vereine
Einen Abend zuvor waren die Asylbewerber bereits zu Gast bei der Sitzung des Ortschaftsrates Weißandt-Gölzau. Nun folgte eine zweite Kennenlern-Runde. „Wir heißen sie willkommen für die Zeit, in der sie hier sind“, sagt Burkhard Bresch und lud die Frauen und Männer dazu ein, die Angebote, die es in Gnetsch und Weißandt-Gölzau gibt, zu nutzen. Erika Scheller zählte auf: Feuerwehr, Sportverein, Hundesportverein und Karnevalsverein, dazu die Spiele-Nachmittag bei der Volkssolidarität. „Schauen sie sich das an, bleiben sie nicht allein in ihren vier Wänden“, äußert die Ortsbürgermeisterin und verspricht, die Termine zu den Vereinstreffen schnell zu besorgen.
Maja Rashidovic hat ihre Beschäftigung bereits gefunden. Sie ist die einzige aus der Gruppe, die gut Deutsch spricht und hilft nun ihren Landsleuten als Dolmetscher - bei der Kaffeerunde ebenso wie bei Behördenterminen. Auch Erika Scheller und Burkhard Bresch sind froh, dass über die junge Frau eine Verständigung mit den Asylbewerbern möglich ist. „Maja ist Gold wert“, lobt Erika Scheller. Nach ihrer Einschätzung haben die Gnetscher ihre Mitbürger auf Zeit freundlich aufgenommen. „Im Ort funktioniert das“, betont die Ortsbürgermeisterin.
Beispielhaftes Engagement
Mitarbeiter der Euro-Schule Bitterfeld-Wolfen kümmern sich im Landkreis Anhalt-Bitterfeld um Asylbewerber und Flüchtlinge. „Das Engagement hier in Gnetsch ist beispielhaft“, lobt Heike Richter, die für Integrationskurse zuständig ist. Die Betreuung erfolge nicht nur in den Gemeinschaftsunterkünften, sondern auch in den Wohnungen, in denen die Asylbewerber leben. „Wir begleiten sie bei Behördengängen, helfen, Formulare auszufüllen“, erläutert Heike Richter.
Mangelnde Deutschkenntnisse seien schon ein Problem, räumt sie ein. Intensive Sprachkurse würden nur dann finanziert, wenn die Menschen dauerhaft in Deutschland bleiben. Über die Zusammenarbeit mit anderen Integrationsnetzwerken und Dolmetscherpools werde aber nach Wegen gesucht, um zumindest umgangssprachliche Kenntnisse zu vermitteln.
Dass Maja Rashidovic so gut Deutsch spricht, liegt übrigens daran, dass sie als Kind viele deutsche Zeichentrickfilme gesehen und dabei viel von der Sprache mitbekommen hat. Maja hat ein Diplom in Informatik, möchte aber gern mit behinderten Kindern arbeiten. „Das wäre mein Traumberuf“, sagt sie. Ihr ist klar, dass ihr Asylantrag abgelehnt werden kann. Sie hängt deshalb ihre persönlichen Erwartungen nicht zu hoch. „Ich weiß nicht, was kommt“, so die Serbin. (mz)