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Vögel gestohlen, Mitarbeiter bedroht Familie Ritter aus Köthen: Vögel gestohlen, Mitarbeiter bedroht - Ritter-Sohn randaliert im Tierpark

Von Matthias Bartl 13.02.2019, 19:30
Tierpfleger Lucas Wolf zeigt die beschädigte Meerschweinchenanlage, aus der die Diebe einige Tiere hatten mitgehen lassen.
Tierpfleger Lucas Wolf zeigt die beschädigte Meerschweinchenanlage, aus der die Diebe einige Tiere hatten mitgehen lassen. Ute Nicklisch

Köthen - 18 Stunden nach der Entführung verhält sich „Charlie“ immer noch ein wenig verstört. Wippt - wie als Fluchtvorbereitung - aufgeregt auf einem Ast hin und her, obwohl Michael Mann versucht, die an sich zutrauliche „Charlie“ zu beruhigen. „Charlie“ ist eine Gelbstirnamazone und ihr eigentliches Zuhause ist der Köthener Tierpark.

Aus dem der Vogel aber am späten Montagnachmittag gestohlen wurde. Und nicht nur er allein: Die Täter, die einer bekannten Köthener Familie und derem Umfeld entstammen, nahmen auch noch einen Graupapagei mit, diverse Kaninchen, Chinchilla und Meerschweinchen. Bis auf zwei oder drei Kaninchen konnten die gekidnappten Tiere am Dienstag wieder in den Tierpark zurückgeholt werden.

Begonnen hatte der Vorfall am Montagnachmittag gegen 15.30 Uhr. Da wurden einer der Ritter-Söhne und ein Mittäter in der Affenvoliere von Besuchern des Tierparks dabei beobachtet, wie sie probierten, einen der kleinen Affen einzufangen. Tierpfleger Lucas Wolf lief in Windeseile zu der begehbaren Anlage „und dort hat er die beiden unmissverständlich aufgefordert, zu verschwinden“, sagt Tierparkleiter Michael Engelmann.

„Sie haben zum Beispiel gerufen: Schwuchtel, komm raus, ich bring dich um“

Die beiden Männer entfernten sich auch - aber nur bis zum Tor, das zum Wirtschaftshof des Tierparks führt. Dort wären sie stehengeblieben und hätten die drei Mitarbeiter in einer Art und Weise verbal bedroht, dass diese sich auf dem Wirtschaftshof einschlossen. „Sie haben zum Beispiel gerufen: Schwuchtel, komm raus, ich bring dich um“, sagt David Schaller-Engelmann.

Bei Beschimpfungen blieb es nicht. Die beiden Männer „haben anschließend aus drei Kaninchenbuchten vier Kaninchen entwendet“, musste Michael Engelmann feststellen. Danach hätten sie den Tierpark mit ihrer Beute verlassen. David Schaller-Engelmann hatte inzwischen die Polizei gerufen, die nach etwa 15 Minuten auch am Tatort erschien, die Mitarbeiter anhörte und sich wieder entfernte.

Zwei Stunden später, da war der Tierpark schon geschlossen, setzte sich der Vorfall fort. Und eskalierte. Lucas Wolf war gerade dabei , den Tagesmüll in die Container zu schaffen, als er registrierte, dass in der Meerschweinchen-Anlage das Licht einer Taschenlampe zu sehen war. „Er hat dann nachgefragt, ob jemand von uns in der Anlage ist, aber das war nicht so, daher sind wir schnell zur Anlage hingelaufen.“

Die Meerschweinchen waren nicht alles, was die dreisten Diebe gestohlen hatten

Wo man feststellte, dass in die Anlage eingebrochen worden und sie dabei erheblich beschädigt worden war. „Die Eindringlinge haben verschiedene Möglichkeiten ausprobiert und am Ende den Maschendraht aus dem Mauerwerk gerissen und aufgebogen“, sagt David Schaller-Engelmann. Wie viele Meerschweinchen verschwunden waren, konnte nicht zweifelsfrei festgestellt werden, „da wir die nicht zählen“, aber geschätzt fehlten fünf Jungtiere, eine Woche bis 14 Tage alt, „und ein Tier hatten die in der Anlage einfach plattgetreten.“

Bei einer „Inventur“ wurde festgestellt: Die Meerschweinchen waren nicht alles, was die dreisten Diebe gestohlen hatten: drei Chinchillas, eine Gelbstirnamazone und auch ein Graupapagei wurden ebenfalls mitgenommen. Michael Engelmann sah die Diebe - nunmehr drei an der Zahl - noch wegrennen und bei den Schneehasen über den Zaun entkommen.

„Wir haben danach erst einmal die aufgebrochenen Gehege gesichert, die Tiere umgesetzt und die Voliere leergemacht - denn die Anlage war schon sehr stark beschädigt.“ Grob geschätzt belaufe sich der Schaden auf 5.000 Euro, „das ist viel Geld für einen kleinen Tierpark“, sagt David Schaller-Engelmann.

Bei aller Erleichterung bleibt die Kritik an der Polizei

Der sich sehr darüber ärgert, wie der Vorfall von der Polizei behandelt wurde. Nach dem man zwei Stunden lang aufgeräumt hatte, waren Michael Engelmann und David Schaller-Engelmann aufs Revier gefahren. Wo sie allerdings nur hörten, man werde die Sache prüfen. „Erst nachdem ich in Dessau bei der Inspektion angerufen hatte, kamen einige Polizeikräfte zum Einsatz, die dann auch im Wohnhaus der von uns erkannten Täter eine Durchsuchung vorgenommen,, aber nichts gefunden haben.“

Dass man da wohl an der falschen Stelle gesucht hatte, zeigte sich am Dienstagvormittag - da suchten Köthener Ordnungsamt und Polizei noch einmal und fanden die gestohlenen Tiere. Bis auf drei Kaninchen waren alle noch da und konnten durch Engelmann und Schaller-Engelmann abgeholt werden.

Bei aller Erleichterung bleibt die Kritik an der Polizei. „Spätestens nach dem zweiten Vorfall hätte man anders reagieren müssen“, findet Engelmann. „Denn bei diesen Leuten weiß man nicht, was passiert: Die lassen am Ende beim nächsten Mal die Tiger raus. Für solche Fälle muss man meiner Meinung nach Schutz gewährleisten. “

Die MZ hatte der Polizei, die den Diebstahl in ihren täglichen Meldungen nicht einmal erwähnt hatte, Dienstagnachmittag schriftlich Fragen zum Vorfall gestellt, aber bis Redaktionsschluss keine Antwort darauf erhalten. (mz)

Auch ein Graupapagei war gestohlen worden
Auch ein Graupapagei war gestohlen worden
Ute Nicklisch