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Glockenweihe am Ostermontag Ein Projekt fürs Dorf: Nach großer Spendenaktion läuten neue Glocken in Elsnigker Kirche

Die Elsnigker Kirche hat neue Glocken bekommen. Ostermontag wurden die bei einem Gottesdienst eingeweiht. Die Freude, das geschafft zu haben, ist groß.

Von Sylke Hermann Aktualisiert: 24.04.2025, 09:20
Jeder Platz war belegt: Beim Gottesdienst am Ostermontag wurden die neuen Glocken der Kirche in Elsnigk erstmals in Dienst genommen.
Jeder Platz war belegt: Beim Gottesdienst am Ostermontag wurden die neuen Glocken der Kirche in Elsnigk erstmals in Dienst genommen. (Fotos: Sylke Hermann)

Elsnigk/MZ. - Dass Olaf Stork plötzlich aus dem Konzept gerissen ist, weil er Zettel Nummer zwei seines Manuskriptes partout nicht finden kann und improvisieren muss – niemand hätte es gemerkt. Der Vorsitzende des Gemeindekirchenrates und inzwischen Bürgermeister in Elsnigk könnte die Geschichte auch ohne Spickzettel mühelos erzählen. Immerhin ist er ein Teil von ihr.

Am Ostermontag feiert das Dorf Gottesdienst und gleichzeitig die offizielle Indienstnahme der beiden neuen Glocken für die Kirche. Ein Anlass, der die Elsnigker regelrecht in ihre Kirche strömen lässt – und Olaf Stork in der Tat staunen: „Oh, heute full house.“ Obgleich das nicht verwundern müsste. Mit der Glocken-Odyssee verbinden die Elsnigker Emotionen.

Wunderbarer Klang

Herbert Zywicki ist draußen geblieben. Der 87-Jährige nimmt ein Bad in der Sonne, weil er in der Kirche keinen Platz mehr bekommen habe, erzählt er, „und so lange kann ich nicht mehr stehen“. Doch er sei sowieso nur gekommen, um die Glocken zu hören – und das könne er hier auf der Bank genauso gut. Die neuen Glocken, findet er, klingen wunderbar, „besser als die alten“. Er ist zufrieden und dankbar, dass Elsnigk endlich wieder Glocken hat, die geläutet werden dürfen, was aus statischen Gründen seit Jahren nicht mehr erlaubt gewesen ist. Die alten Glocken wurden stillgelegt. Doch mit der Ruhe wollte sich das Dorf auf Dauer auch nicht abfinden.

Kirchenpräsident Karsten Wolkenhauer (li.) und Olaf Stork
Kirchenpräsident Karsten Wolkenhauer (li.) und Olaf Stork
(Foto: Sylke Hermann)

Mit einer Spendenaktion startete der Ort im Osternienburger Land vor über fünf Jahren das Glockenprojekt. Ein kräftezehrender Prozess, schätzt Olaf Stork rückblickend ein und erinnert an unzählige Gespräche, Telefonate und E-Mails. Allein mit der Glockenbörse in Salzgitter, bei der man unter Umständen hätte gebrauchte Glocken bekommen können, schreibt er 45 E-Mails. Er habe extra nochmal gezählt, berichtet er.

Dass es am Ende doch auf zwei neue Glocken hinausgelaufen ist, sei anfangs nicht absehbar gewesen. Es haperte stets an der Finanzierung. Doch Elsnigk kann sich bei diesem Projekt immer wieder auf seine Bewohner verlassen, die nach Kräften spendeten. Die einen mehr, die anderen weniger. Auch Ostermontag wurde wieder um Spenden geworben, weil man „das Parochie-Konto doch arg ins Minus getrieben“ habe, will Olaf Stork gar nicht leugnen, dass die Glocken ein teures Projekt waren.

Dankmar Pahlings entzündet die Osterkerze für den verstorbenen Papst.
Dankmar Pahlings entzündet die Osterkerze für den verstorbenen Papst.
(Foto: Sylke Hermann)

Mit Karsten Wolkenhauer ist auch der neue Kirchenpräsident der Evangelischen Landeskirche Anhalts nach Elsnigk gekommen. Er hielt die Predigt und sagte später, als man draußen noch in geselliger Runde zusammenstand: „Es ist sehr beeindruckend, was man hier geschaffen hat.“ Auch sei es „wunderbar, wie voll die Kirche ist“. In seinen ersten Wochen im Amt habe er vielerorts das große Engagement der Menschen erlebt. Karsten Wolkenhauer lobte die Vielfalt der Projekte, die in den Kirchen oder mit den Kirchen gemeinsam realisiert würden. Elsnigk sei da nur ein Beispiel. „Es war sehr erhebend“, verabschiedete sich der Kirchenpräsident von Olaf Stork, der das Glockenprojekt an diesem Nachmittag noch einmal von Anfang bis Ende durchlebte. Er schien jedenfalls mehr als zufrieden mit dem Ergebnis.

Immerhin hat die Kirche in Elsnigk nicht nur zwei neue Glocken bekommen, die – wie auch die Glocke der Dresdner Frauenkirche – bei Bachert in Neunkirchen gegossen wurden. Der gesamte Glockenstuhl wurde saniert, die Läuteanlage modernisiert, der Uhrenaufzug elektrifiziert.

Diese kleinen Glocken wurden zur Erinnerung mitgegeben.
Diese kleinen Glocken wurden zur Erinnerung mitgegeben.
(Foto: Sylke Hermann)

Wunderbar findet auch Torsten Lorenz, was die Elsnigker erreicht haben. Dieses Beispiel zeige, was durch ehrenamtliches Engagement möglich sei. In der Einheitsgemeinde, betont deren Bürgermeister, gebe es viele Projekte, die nur möglich seien, weil sich Menschen mit ihren Ideen einbringen und zusammenarbeiten.

Osterkerze für Franziskus

Der zuständige Pfarrer Dankmar Pahlings sprach von einer „Gedulds- und Zerreißprobe“, die die Elsnigker mit diesem Projekt durchlebt hätten. Doch man habe es, so seine Beobachtung, immer wieder geschafft, „neuen Schwung zu holen“. Unabhängig davon, ob man Rückschläge einstecken musste, weil Kostenschätzungen höher ausfielen als erwartet, Behörden neue Forderungen aufmachten oder potenzielle Sponsoren abgesprungen sind. Elsnigk sei drangeblieben – und habe nicht aufgegeben. „Ich habe mich sehr gefreut, dass es jetzt zu einem guten Ende gekommen ist“, betont der Pfarrer, der die Osterkerze für den verstorbenen Papst Franziskus entzündet hatte.

Die neuen Glocken der Kirche in Elsnigk hängen übereinander.
Die neuen Glocken der Kirche in Elsnigk hängen übereinander.
(Foto: Reh)

Besonders emotional war der Gottesdienst für Hartmut Oschmann, der diese Projekt von Anfang an und mit Herzblut vorangetrieben hatte. Die kleinere der beiden Glocken ist seiner inzwischen verstorbenen Frau Rosi gewidmet, die diesen Tag sehr gern miterlebt hätte, weiß er und ist stolz, was man in Elsnigk für das gesamte Dorf erreicht habe: „Wir sind den richtigen Weg gegangen.“