1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Köthen
  6. >
  7. Deponie wird Park: Deponie wird Park: Helfer haben schon 300 Stunden in Radegaster Bürgerpark gesteckt

Deponie wird Park Deponie wird Park: Helfer haben schon 300 Stunden in Radegaster Bürgerpark gesteckt

Von Susann Salzmann 20.10.2020, 10:08
Der städtische Bauhof hatte die Wege freigeschnitten. Ehrenamtliche wie Roland Mensdorf räumten den Strauchschnitt weg.
Der städtische Bauhof hatte die Wege freigeschnitten. Ehrenamtliche wie Roland Mensdorf räumten den Strauchschnitt weg. Susann Salzmann

Radegast - Die Nachwuchs-Feuerwehrfrau Lena war erstaunt und schockiert gleichermaßen. Sie kniete im Schmutz, um das künftige Schmuckstück des Ortes, den Bürgerpark hinter der Freilandstraße, von Müll zu befreien. Die Fläche mit ihren rund 3.400 Quadratmetern kennen die älteren Radegaster nur zu gut. Seit DDR-Zeiten bis zur Wende wurde der Platz am Ortsrand als wilde Deponie genutzt.

Tonnen von Hausmüll lagern metertief unter der Fläche, die die Bürger nun - in vornehmlich ehrenamtlichem Engagement - zu einem Vorzeigeprojekt umgestalten wollen. Und das, obwohl bereits Mitte der 1990er Jahre 950.000 DM in die Renaturierung des Geländes geflossen seien, wie Armin Fischer erzählte.

Fischer kennt die Fläche, kann sich noch gut erinnern. Das parkähnliche Gelände mit hochgewachsenem Baumbestand und ruheausstrahlender Wiesenlandschaft sei stets ein Anziehungspunkt für die Radegaster, weiß der pensionierte Regionalbereichsbeamte der Polizei.

Nachdem Radegast zu einem Ortsteil der Gemeinde Südliches Anhalt wurde, sei das Gelände jedoch verkommen

Nachdem Radegast zu einem Ortsteil der Gemeinde Südliches Anhalt wurde, sei das Gelände jedoch verkommen. „Die Fläche wurde vernachlässigt“, kritisierte er, dankte der Gemeinde im nächsten Atemzug aber für deren finanzielle und personelle Unterstützung bei der Sanierung des Geländes.

Der städtische Bauhof hat unter anderem Wege und Ränder freigeschnitten. Die Rosenbüsche und Hagebuttensträucher hatten in den letzten Jahren genug Zeit zum Wuchern. Ein unbefestigter Weg, der zur ehemaligen Deponiemitte führt, wäre so beinahe zugewachsen. Am Samstag wuselten im Bürgerpark viele Arbeitskräfte. Ausnahmslos jede Generation packte mit an. Der Lohn: ein hübsch gestalteter Platz.

Armin Fischer hatte bereits Anfang September einen Arbeitseinsatz organisiert. „Damals“, erinnerte er sich, „waren wir zwölf Rentner.“ Für ihn unverständlich. Schließlich würden am Ende nicht nur die Älteren, sondern alle von dem Platz profitieren.

13 Jugendliche der Radegaster Jugendfeuerwehr packten mit an

Nun, zur zweiten Auflage, gab es keinen Grund zur Klage. 13 Jugendliche der Radegaster Jugendfeuerwehr packten mit an. So auch Lena. „Josi, wie viele Flaschen holst du da noch raus?“, fragte die Zwölfjährige die gleichaltrige Josi Bohne. Die nämlich kroch vorsichtig durch das Unterholz. Dort waren so viele Flachmänner gelandet, dass die Zwölfjährigen ihren Augen kaum trauten und man meinen könnte, diese Ecke des Bürgerparks wird als „Trink-Treff“ genutzt.

Um das Unterholz zu entmüllen, hatte die Feuerwehrjugend Harken mitgebracht. Doch nicht einmal damit waren alle Flaschen und anderer Kunststoffmüll zu erreichen. Lena konnte nur verständnislos den Kopf schütteln. „Wir kann man die Umwelt nur so verschmutzen?“, fragte sie sich.

Geht es nach den Initiatoren, dann soll der Nachwuchs den Platz nicht nur zum Entspannen aufsuchen

Das Mädchen und auch der 14-jährige Franz Hoffmann packten voller Tatendrang an. „Ich helfe viel mit im Ort“, meinte der Jugendliche, der fleißig die dornigen, ineinander gewachsenen Strauchschnitte zu den Containern brachte. Momentan träfe er sich mit seinen Freunden auf dem Spielplatz oder der Tanzfläche in Radegast. Sei der Bürgerpark wieder in Ordnung, dann sei auch dieser ein super Platz, um die Freizeit hier zu verbringen.

Geht es nach den Initiatoren, dann soll der Nachwuchs den Platz nicht nur zum Entspannen aufsuchen, sondern gleich noch etwas lernen. Roland Mensdorf sorgt künftig als zuständiger Jagdpächter dafür, dass insgesamt vier Schaukästen der Jahreszeit entsprechende Informationen über die hiesige Tier- und Pflanzenwelt bekommen.

Am Rand des Geländes sollen noch zwei Setzstangen für Greifvögel errichtet werden

Wer wisse schon, dass in Radegast Bussarde und auch Rotmilane anzutreffen sind, fragte Fischer. Zwei der geplanten vier Schaukästen, von denen einer rund 500 Euro kostet, wurden bereits aufgestellt. Schulprojekte könnten dann unter anderem im Radegaster Bürgerpark realisiert werden, stellen sich die Initiatoren vor.

Am Rand des Geländes sollen noch zwei Setzstangen für Greifvögel errichtet werden, sagte Fischer. „Wie viele in diesem Jahr, haben auch wir aktuell eine extreme Mäuseplage“, meinte der Radegaster und führte auf die Wiese, an der sich tatsächlich Mäuseloch an Mäuseloch reihte.

Unter den Helfern war am Samstag neben dem aktuellen Bürgermeister Hans-Helmut Schaaf auch Michael Graf, der von 2001 bis 2018 Ortschef von Radegast war und die Renaturierung der Deponie miterlebt hat.

Bislang wurden weit über 300 ehrenamtliche Arbeitsstunden in die Aufarbeitung des Areals gesteckt

Die Müllhalde, erzählte Graf, sei damals nicht etwa ausgebaggert worden. Das, was dorthin gelangte, liege heute noch unter der Erde. „Die Deponie wurde mit Montanwachs versiegelt und dann mit Muttererde aufgefüllt“, erinnerte sich Graf, der 1981 in Radegast heimisch wurde. Der Bürgerpark sei eine gute Idee gewesen, fand er. Immerhin leben heute in dem Ortsteil der Stadt Südliches Anhalt 1.025 Menschen - darunter sind gut 130 Kinder und Jugendliche.

Bislang wurden weit über 300 ehrenamtliche Arbeitsstunden in die Aufarbeitung des Areals gesteckt. „Ohne Sponsoren würde es trotzdem nicht funktionieren“, so Fischer. So sponserte etwa der örtliche Heimat- und Trachtenverein die Setzstangen für die Greifvögel, während zwei Schlosser-Firmen aus Zörbig die finanziellen Mittel für 36 gesetzte Koniferen zur Verfügung stellten. (mz)

Armin Fischer und seine Helfer setzten beim Arbeitseinsatz im Bürgerpark insgesamt 36 Koniferen.
Armin Fischer und seine Helfer setzten beim Arbeitseinsatz im Bürgerpark insgesamt 36 Koniferen.
Susann Salzmann
Die Jugendfeuerwehr war mit 13 Mitgliedern beim Arbeitseinsatz vertreten. Zu ihnen gehörte Franz Hoffmann.
Die Jugendfeuerwehr war mit 13 Mitgliedern beim Arbeitseinsatz vertreten. Zu ihnen gehörte Franz Hoffmann.
Susann Salzmann