Bis zur Wiedereröffnung Bis zur Wiedereröffnung: "Brauhaus"-Chef in Köthen und seine Köche lassen sich die Bärte wachsen

Köthen - Inzwischen wird die Schnapsidee zur echten Herausforderung. Seit sechs Wochen lassen sie ihre Bärte wachsen - und leiden. Aber: „Da müssen wir jetzt durch“, sagt Stephan Nickel, der Chef des Köthener „Brauhauses“. Er versichert, man werde erst wieder zum Rasierer greifen, wenn Restaurants und Gaststätten öffnen dürfen.
Es geht hier nicht um Stunden, Tage oder Wochen. Es geht um mehr. „Dein Bart für die Gastro“ soll helfen, nicht in Vergessenheit zu geraten. Immerhin ist seit Anfang November schon zu.
„Ich will gar nicht so viel meckern; die Hilfen kommen und wir sind wieder liquide.“ Stephan Nickel ist dankbar, nicht mit leer geräumtem Konto dazustehen. Mittlerweile ist er sogar der Überzeugung, dass er es schaffen und sein Unternehmen durch diese Krise manövrieren wird, „vorausgesetzt das dauert jetzt nicht bis Ende des Jahres“. Aber wer weiß das schon? Der Blick in die Glaskugel bringt ihn nicht weiter. „Wir müssen auf jeden Fall sehr besonnen mit den Hilfen umgehen; wir wissen ja nicht, was kommt.“
Einziger kleiner Lichtblick: die nächste Beratung von Bund und Ländern Anfang März
Die andauernde Ungewissheit in der Corona-Krise belastet die Gastronomen. Auch wenn viele von ihnen versuchen, über einen Abhol- und Lieferservice zumindest ein wenig Umsatz zu generieren. „Was wir machen konnten, haben wir gemacht“, erklärt Stephan Nickel. Doch das Warten auf das Licht am Ende des Tunnels strengt an und macht die Branche mürbe.
Einziger kleiner Lichtblick: die nächste Beratung von Bund und Ländern Anfang März. Doch wie sieht die Zukunft für die Gastronomie aus? Welche Öffnungsstrategie gibt es für die Betriebe? Im Moment hat sich Stephan Nickel gedanklich darauf eingestellt, Mitte, Ende April vielleicht wieder öffnen zu dürfen. „Über Ostern müssen wir, glaube ich, nicht reden.“ Das sei utopisch, findet er. Zumindest hat er in dieser Woche schon angefangen, wieder frisches Bier zu brauen, um es dann an seine Gäste ausschenken zu können. Er will vorbereitet sein - sofern man sich vorbereiten kann.
„Wir können nicht spontan in zwei, drei Tagen wieder öffnen. Das geht nicht“, betont der „Brauhaus“-Chef. Auch sämtliche Zulieferer müssten sich erst wieder auf die gestiegene Abnahme einstellen. Und wenn dann Lieferketten noch nicht wieder aktiviert sein sollten, könnte es eng werden.
Stephan Nickel ist dennoch dankbar für die Unterstützung des Staates
Ganz zu schweigen vom Frühjahrsputz. „Der Laden steht seit Monaten leer. Es ist alles eingestaubt. Aber wir fangen erst an zu putzen, wenn wir sicher wissen, wann es weitergeht.“ Vorher ergebe das keinen Sinn. Zu groß sei die Ungewissheit.
Dennoch: Stephan Nickel ist dankbar für die Unterstützung des Staates. Selbstverständlich sei das nicht, sagt er. Was er nicht in Ordnung findet: „Die Unternehmen rettet man, aber was ist mit den Mitarbeitern.“ Einzelschicksale stünden seiner Meinung nach zu wenig im Fokus. Nicht zuletzt in der Gastronomie, wo die Leute auf Trinkgeld angewiesen seien.
Stephan Nickel ist überzeugt, dass die Aktion „Dein Bart für die Gastro“ noch einige Zeit überdauern wird. Seine Köche und er aber seien hart im Nehmen, betont er. Sie haben gemerkt, dass dem nach über sechs Wochen strohig werdenden Bart etwas Öl ganz gut tut. Und dass die Nahrungsaufnahme für ungeübte Bartträger durchaus einen gewissen Unterhaltungswert besitzt. Wie im Übrigen auch das Zähneputzen. Es hilft nichts: „Es werden wohl noch ein paar Zentimeter dazukommen“, weiß Stephan Nickel inzwischen. „Das haben wir wohl nicht zu Ende gedacht.“ (mz)
