Besuch beim "Meister" Besuch beim "Meister" in Köthen: Helmut Schmiegel erlebt besondere Überraschung

Köthen - In der Köthener Schulstraße unweit des Marktplatzes wird es am vergangenen Samstagmittag laut. Es ist eine Schalmei, die da zu hören ist. Beate Schneider bläst ins Instrument und macht so auf die bunte Truppe aufmerksam, die vor der Haustür von Hartmut Schmiegel angekommen ist.
Der künstlerische Leiter des Köthener Malzirkels ist 75 Jahre alt geworden - und genau das will die gut 20-köpfige Delegation mit ihrem Lehrmeister feiern. „Alles Gute, Meister. Auf die nächsten Jahre“, platzt es aus Beate Schneider heraus.
"Meister" Hartmut Schmiegel ist von den Glückwünschen sichtlich überwältigt
Der „Meister“ ist sichtlich überwältigt, den Tränen nahe. Jenen, den er sonst jeden Mittwoch unterschiedliche Kunsttechniken beibringt, steht er nun zu seinem Geburtstagsjubiläum mit Tränen in den Augen gegenüber. Tränen über die unverhoffte und doch so wertvolle Geste der Wertschätzung seines ehrenamtlichen Engagements im Malzirkel.
„Von uns bekommt er die Anerkennung seiner Leistung geschenkt“, sagt Beate Schneider, die dem Malzirkel seit 21 Jahren die Treue hält. „Unser Meister vereint beim Zirkel jeden - egal, ob Anfänger oder Alphatierchen“, zollt sie dem nun 75-Jährigen ihren höchsten Respekt. Die größte Belohnung, die der in Mägdesprung Geborene seinen „Kunstzöglingen“ machen kann, bereitet er ihnen noch am Geburtstagstisch: Er werde jeden der Kunstaffinen auch weiterhin zu seinen persönlichen Bestleistungen führen, sagt er. Etwas anderes wollten die Überraschungsgäste auch überhaupt nicht hören.
Hartmut Schmiegel hat sein Leben der Kunst gewidmet
Hartmut Schmiegel hat sein Leben der Kunst gewidmet - angefangen über eine Ausbildung als Offsetretuscheur bis hin zu seiner Tätigkeit als Bühnenmeister für das Köthener Theater. Wer die Köthener Kunstszene kennenlernen möchte, kommt um einen Hartmut Schmiegel nicht herum. Der Mann, der einst Kunsterziehern des Kreises eine künstlerische Anleitung gegeben hat, ist als Kopf und insbesondere als „Seele des Köthener Malzirkels“ nicht mehr wegzudenken, betont Hannelore Scheibner, die mit einem Lächeln versichert, dass es unter Hartmut Schmiegel selbstredend kein strenges Lehrregiment gibt.
Im Jahr 1984 übernahm der Wahl-Köthener die Leitung des Malzirkels aus den Händen von Herbert Jentsch. Seitdem habe er vielen geholfen, den eigenen künstlerischen Stil zu finden. So beispielsweise bei Beate Schneider, die sich eher zur Aquarellmalerei und dem Abstrakten hingezogen fühlt.
Wald und Bäume sind sein derzeitiges Thema bei der Malerei
Dem „Meister“ selbst ist Material, Farbe oder Form gleichwertig lieb. Mal greift er auf Öl zurück, mal auf Aquarell, ein anderes Mal auf Acryl. Derzeit gestaltet er Leinwände mit Landschaftsmotiven. Sein derzeitiges Thema: Wald und Bäume. Einige Bilder der „Serie“ entstanden bereits im Wintergarten und dienen seinen Eleven - sein ältester Kunstschüler ist 82 Jahre alt und macht noch Radierungen - als Inspirationsquelle.
Eine Inspiration, das wird und will er auch weiterhin sein. „Manche Politiker und Präsidenten werden mit 76 Jahren erst gewählt - warum sollte ich nicht mit 85 Jahren noch den Malzirkel leiten?“, fragt er in einer absoluten Weise, als ob es auf diese Frage nur eine Antwort gebe. Malen begleitet ihn Zeit seines Lebens. Meist, gesteht Schmiegel, habe er den Skizzenblock dabei, wenn er im Altkreis unterwegs ist. „Es gibt hier kein Dorf, in dem ich nicht schon einmal war“, bekundet er vor seinen Überraschungsgästen. (mz)

