Ofenfrisch zum Kunden Bäckerei Rödel aus Köthen: Die rollende Brötchenfee kommt auf die Dörfer

Köthen - Für manche im Ort ist Connys Besuch der Höhepunkt der Woche. Nicht nur, weil das Bäckermobil, das sie fährt, die einzig verbliebene Einkaufsmöglichkeit ist, sondern weil Conny immer gute Laune hat - so erzählt man sich in den Dörfern zwischen Köthen und Bernburg.
Conny heißt eigentlich Cornelia Hoffmann, aber so nennt sie niemand. Die 45-Jährige fährt seit 18 Jahren mit dem rollenden Geschäft der Bäckerei Rödel aus Köthen über die Dörfer. Brot, Brötchen, Kuchen und Gebäck hat sie mit an Bord, dazu die frische Tageszeitung.
„Wir haben mehr Stammkunden als Laufkundschaft“
Die fünf unterschiedlichen Touren, die sie von Dienstag bis Samstag fährt, kennt sie in- und auswendig, genauso wie die meisten ihrer Kunden. „Wir haben mehr Stammkunden als Laufkundschaft. Gerade dort wo kein Konsum ist, sind die Leute dankbar“, sagt Conny.
Im Konsum lernte sie einst Verkäuferin, doch der Job war mitunter recht eintönig. „Ich brauche Trubel und könnte mir nicht vorstellen, in einem Laden zu arbeiten, in dem nichts los ist.“ Um so glücklicher ist sie über das Bäcker-Mobil, das von sechs bis 15 Uhr ihr eigenes kleines Reich auf vier Rädern ist. Und auf ihren Touren ist immer etwas los.
Jeder Tag beginnt gleich: in der Zentrale in der Gnetscher Straße. Conny fährt mit dem Wagen rückwärts an die Laderampe und packt Kiste für Kiste Brötchen, Brot und Kuchen ein. Die Bäcker haben vorher Stapel zusammengestellt: Die meisten für die normalen Lastwagen, die die Filialen beliefern und einen für Conny. Bevor es auf die Straße geht, noch einen Kaffee mit den Kollegen und den Ladezettel überprüfen, ob sie auch keine Sorte vergessen hat. „Es ist auch schonmal vorgekommen, dass etwas ausverkauft war. Aber dann kommt der Chef oder die Chefin und bringen Nachschub“, sagt sie.
Arbeitsbeginn im Bäckermobil ist fast immer im Dunkeln
Fast immer fährt Conny im Dunkeln los - im Winter sowieso. Ihre erste Station - Wohlsdorf - liegt um kurz nach 7 Uhr noch in stockfinsterer Dunkelheit. Trotzdem warten Herta Berndt und Margitta Nitze am Rand eines schneebedeckten Platzes auf Conny. „Der Wagen ist schon unheimlich wichtig. Für Brot müssten wir sonst in die Stadt fahren“, sagt Herta Berndt. „Wir hoffen, dass Conny und ihr Wagen bleibt. Sonst sehen wir alt aus“, pflichtet ihr Margitta Nitze bei. Und Conny nickt.
Ja, dass der Wagen noch lange fährt, das hoffe auch sie, denn sonst sehe auch sie alt aus. Die drei Frauen fangen an zu lachen und verabschieden sich schließlich. Mehr Kunden kommen in Wohlsdorf heute nicht. Also fährt Conny die elektrische Luke am Rand des Bäcker-Mobils wieder ein. Weiter geht’s in Richtung Biendorf.
Immer ein offenes Ohr für die Kunden des Bäckermobils
„Ich fahre so etwa 120 bis 150 Kilometer am Tag“, sagt Conny während der Himmel am Horizontlangsam heller wird. „Eigentlich wollte ich nie einen Führerschein machen. Aber mein Mann hat mich dazu gezwungen“, sagt sie und lacht.
Conny lacht viel. Ihre Kunden schätzen sie nicht nur wegen der frischen Bachwaren, sondern auch, weil Conny immer ein offenes Ohr hat. Dadurch bekommt sie auch so manchen Dorf-Tratsch mit und ist die wohl best-informierte Bäckerin weit und breit.
Zu ihren oft alten Kunden hat sie ein enges Verhältnis. „Meine älteste Kundin ist vor kurzem mit 107 Jahren gestorben. Sie hat immer noch Kuchen ins Heim bestellt“, erzählt sie.
In Biendorf angekommen lenkt Conny den Wagen an den Straßenrand und hupt zwei Mal, so wie an jeder Station. Manche Kunden, erzählt sie, würden in der Wohnung auf das Zeichen warten und erst dann herauskommen. Ramona Schumann steht aber schon vorher auf dem Gehweg und wartet auf die frischen Backwaren. Was sie an Conny mag? „Sie ist freundlich und wartet auch, wenn ich das Klingeln mal nicht höre. Außerdem sind die Brötchen schön groß“, sagt die Kundin und nickt zufrieden.
Auch sie hat Conny heute glücklich gemacht - als Brötchenverkäuferin und als Frohnatur, die viel mehr in die Dörfer bringt als nur Backwaren. (mz)