Anhalt-Bitterfeld Anhalt-Bitterfeld: «Tümmler» befreit Schiffe aus dem Griff des Eises
Aken/MZ. - Das Treibeis auf der Elbe ist für den "Tümmler" keine Gefahr. Gemächlich schwimmen die großen Schollen an dem Eisbrecher des Wasser- und Schifffahrtsamtes (WSA) Magdeburg vorbei, der mit zügiger Geschwindigkeit am Mittwochvormittag den Fluss hinunter zum Industriehafen Aken fährt. Die Fahrt ist ruhig, der laute Dieselmotor dröhnt bis hinauf auf die Brücke, auf der Willy Kordts, der Kapitän des "Tümmlers" die hier 120 Meter breite Elbe im Blick hat. "Bei den Buhnen müssen wir aufpassen", sagt er. Nahe der Dämme, die in den Fluss hineinragen, ist das Wasser seichter. Jetzt türmt sich dort zusätzlich das Eis. "Deshalb ist das gelbe Andreaskreuz wichtig", betont der Kapitän und zeigt zu dem Schild, das auf der mehrere hundert Meter entfernten Buhne steht. Ein einzelnes gelbes Kreuz zeigt die Untiefe an. "Dann muss ich 'rüber fahren", beschreibt Kordts. Drüben, am anderen Ufer der Elbe, stehen zwei gelbe Andreaskreuze. "Dort ist es tiefer", erklärt der erfahrene Schiffer die Bedeutung der Schilder.
Um 8 Uhr am Morgen ist Kapitän Kordts mit seiner zweiköpfigen Besatzung, dem Maschinisten Falk Bückner und dem Matrosen Mathias Schulze, flussaufwärts in Wittenberg losgefahren. In Aken, am Kilometer 274 der Elbe gelegen, soll der "Tümmler" das Becken des Industriehafens freiräumen. Peter Ziegler, Geschäftsführer der Betreiberfirma Aken Hafen GmbH, hat den Eisbrecher angefordert. In der Ausfahrt liegt links am Kai ein Schubverband, der die anderen Schiffe am Ein- und Ausfahren hindert. Er braucht einen neuen Platz.
"Das ist eine Bedarfsanforderung und eine kostenpflichtige Dienstleistung", erklärt Marco Barkowky, Leiter des Außenbezirks Wittenberg des WSA Dresden. Denn die Hauptaufgabe der "Tümmler" ist das Freihalten der Schifffahrtswege. "Wenn dort Gefahr besteht, kann es passieren, dass das WSA Magdeburg den Eisbrecher abzieht", schildert Barkowsky. Das WSA Dresden, das für den Elbbereich in Aken zuständig ist, hat keine eigenen Eisbrecher. "Wir haben ihn von Magdeburg geborgt", sagt der Außenbezirksleiter für Wittenberg, der auch die Einsätze des Eisbrechers koordiniert.
Ein Abzug des "Tümmlers" ist allerdings unwahrscheinlich. Nach fast zwei Wochen mit frostigen Temperaturen ist die Elbe für den Schiffsverkehr fast komplett gesperrt. Und so erreicht der Eisbrecher nach einer ruhigen Fahrt den Akener Industriehafen planmäßig halb zwölf am Vormittag. Winzig wirkt das 26 Meter lange und fünfeinhalb Meter breite Schiff, als es die großen Schubverbände im Becken passiert.
"Tümmler" schiebt sich auf das Eis
Nun wird die Fahrt unruhig, der Dieselmotor läuft auf Hochtouren. Mit voller Kraft steuert Kapitän Willy Kordts den "Tümmler" auf die gut 20 Zentimeter dicke Eisfläche. Der speziell verstärkte und abgeflachte Bug, der inzwischen von einer dicken Schicht gefrorenen Wassers gekrönt wird, schiebt sich auf das Eis.
Für Sekunden erhebt sich der "Tümmler" aus dem Wasser. Dann bricht das Eis unter seinem Gewicht und das Schiff taucht wieder in das Wasser ein. Dahinter entsteht eine breite Fahrrinne, in der das Eis nun in Schollen umherschwimmt. Dreimal fährt der "Tümmler" das Hafenbecken ab.
Der Eisbrecher ist kaum an den Schiffen vorbei, da beginnen die Kapitäne und Mitarbeiter des Hafens mit dem Verholen: Die Schiffe docken an die Leichter an und schieben sie an einen anderen Platz am Kai. Dem Kapitän der tschechischen TR 25 hilft der "Tümmler" beim Umsetzen. "Im Sommer wird der Eisbrecher auch als Schlepper eingesetzt", erklärt Kapitän Kordts. Per Funk hält er dabei mit dem Schiffsführer Kontakt. Schon bald hat er den "Tümmler" an der rechten Seite der TR 25 positioniert, so dass sie sich die Anweisungen zurufen können.
Hafenchef Peter Ziegler beobachtet am Kai die Arbeiten im Hafenbecken. "Ich hoffe, dass der Einsatz nicht so lange dauert", sagt er. Denn der Eisbrecher ist teuer. 450 Euro kostet er Ziegler pro Stunde. Und "in den nächsten zwei Wochen werde ich ihn noch einige Male brauchen".
Der Hafenchef hat den Eisbrecher vor allem zur Sicherheit für die Schiffe gerufen. Das Becken des Industriehafens wird durch zwei Spundwände begrenzt, die gerade vom Boden bis über die Wasseroberfläche aufragen. Bei Frost ist hier die Gefahr der Eispressung besonders groß, wie Einsatzleiter Barkowsky erklärt. "Weil das Wasser sich beim Gefrieren ausdehnt, entsteht Druck." Das Eis drückt auf die Schiffskörper im Hafenbecken. Um Schäden zu vermeiden und den Druck von den Schiffen zu nehmen, wird es mit dem Eisbrechers gebrochen.
Nach gut einer Stunde im Akener Industriehafen hat der "Tümmler" seine Arbeit beendet. Nun geht es wieder flussaufwärts. Ziel ist der Akener Hornhafen. Auch hat der Eisbrecher das zugefrorene Hafenbecken freigeräumt. Jetzt muss die "Mulde" vom vereisten Kai weggeschoben werden. Auf dem Schiff des WSA Dresden hält eine achtköpfige Besatzung die Elbe in diesem Bereich in Schuss.
Vorsichtig steuert Kapitän Kordts den "Tümmler" durch die schmale Hafeneinfahrt "Hier muss man schon ein bisschen gucken", erklärt er. Hinausfahren muss er den "Tümmler" am Donnerstag nicht mehr. Nach dem Einsatz an der "Mulde" werden Eisbrecher und Besatzung hier zwei Tage pausieren.