Anhalt-Bitterfeld Anhalt-Bitterfeld: Hochzeit nach ungewöhnlichem Wiedersehen
Aken/MZ. - Am 2. Juni hatte die Akener Standesbeamtin einen Termin. Nico Müller und Mandy Pass - beide Anfang 30 - waren nebst Trauzeugen und gut 20-köpfiger Gästedelegation Punkt 11 Uhr erschienen, sich das Jawort zu geben.
So weit, so gut - nichts Ungewöhnliches eigentlich. Menschen heiraten ständig. Und Standesbeamte haben das Glück, oft Augenblicke zu bereiten, die für die Betreffenden einmalig sind. Ungewöhnlich ist allerdings, wie die beiden sich gefunden, oder besser gesagt, wie sie wiedergefunden haben. "Gekannt haben wir uns schon als Kinder", kann Nico erzählen. Mit elf, da hatte er sich vor dem elterlichen Haus einen kleinen Stand eingerichtet; Comics verkaufen. Ein Stück weiter war die neunjährige Mandy mit einer Freundin auf ähnliche Idee gekommen, "…und da haben wir ihn gefragt, ob er nicht einfach mit zu uns kommen will. Da musste er nicht allein vor seiner Tür bleiben", erinnert sich die Braut.
Ganz fremd war man sich ohnehin nicht; Aken ist keine Großstadt. Man hatte sich schon im Hort gesehen. Bald war die Clique am Hornhafen zweites Zuhause für die beiden. Ein Umfeld, das sie täglich zusammenbrachte und so den jeweils anderen quasi zum Teil des eigenen Lebens werden ließ. Als die beiden Teenager waren, knisterte es. Nach dem Ende der Schulzeit zerfiel die Clique, die Lebenswege trennten sich. Ausbildung, Lehre, Arbeit. Nico und Mandy verloren sich aus den Augen. Andere Freunde, Lebensabschnittspartner, verschiedene Jobs und Städte; er ging nach Köln, sie nach Köthen. Mandy heiratete, bekam das erste Kind - heute hat sie fünf. Virgina (13), Leon (9) und Felix (6) waren Wunschkinder; drei sollten es immer sein. Die Zwillinge Angelo und Giuliano (2) machen die frisch gebackene Familie Müller zur Großfamilie.
Der schwärzeste Tag war für die junge Mutti der Nikolaustag 2010, als im Kinderzimmer ihrer Wohnung in der Baasdorfer Straße 1 ein Feuer ausbrach. Alles war hin. Drei Kinder mussten sogar kurz ins Krankenhaus; die anderen beiden waren in der Schule. "Noch heute bin ich der Naumannschule dankbar. Sie haben damals einen Spendenaufruf gestartet. So hatten wir zumindest das Nötigste - in der Vorweihnachtszeit, in der neuen Wohnung in der Lohmannstraße. Aber irgendwie sind wir dort nie wirklich heimisch geworden. Ich habe mich mit Hilfe meiner Eltern dann entschlossen, wieder nach Aken zu gehen."
Welche Bedeutung diese Entscheidung für sie haben sollte, ahnte Mandy da noch nicht. Im Internet wurden bald Freunde von früher aufgestöbert, und eines Tages diese Nachricht von Nico. "Ich hatte sie erst gar nicht gelesen." Zwar hatte sie - gerade das erste Mal Mutter geworden - ihm 1999 endlich sagen können, was sie empfindet, doch Nico fühlte sich nicht reif für ein Kind. Am 16. August 2011 traf man sich wieder. Nach zwölf Jahren. Auf dem Stadtfest. "Ohne das Feuer wäre es nie so gekommen." Da sind Nico und Mandy sich einig. Schon drei Tage später war alles klar. Nico brach seine Zelte in Köln ab, seither ist er bei Mandy - und reif genug für den Wirbel, den die nun fünf Kinder bereiten können. Er meistert es. Weil er seine große Liebe gefunden hat. Da war der Weg nicht mehr weit bis zum Standesamt am 2. Juni um elf in Aken.