Anhalt-Bitterfeld Anhalt-Bitterfeld: Frontscheiben für 007 und den Fiat 500
AKEN/MZ. - Denn 2005 war es wohl, das Jahr, in dem das Unternehmen Pilkington Automotive in seinem Werk in der Elbestadt die Fertigung der vorderen Verglasung der englischen Nobel-Flunder Aston Martin aufgenommen hat, erinnert sich Produktionsleiterin Petra Ritter-Dornack. Und damit für Durchblick sorgte beim Auto fahrenden James Bond in seinem 21. offiziellen Kinofilm.
Noch viel länger ist es her, dass von hier aus die Autoscheiben für die Mercedes S-Klasse per Hubschrauber an die baden-württembergischen Montagebänder geschafft wurden - weil es Transportprobleme nach der Wende gab und die Mercedes-Bänder nicht stillstehen sollten. All dies gehört zur Geschichte des Akener Standortes, der 1946 aus einer Sägemühle hervorgegangen war, den Sozialismus als Flachglaswerk hinter sich brachte und nunmehr zu Pilkington, einem Unternehmen der weltweit operierenden NSG Group Flat Glass Business (Japan) gehört.
Zwar dürfte Landrat Uwe Schulze bereits vor seinem Betriebsbesuch am Mittwoch einiges über den Akener Pilkington-Standort gewusst haben. Aber zumindest die Anekdote mit dem Mercedes-Scheiben-Hubschrauber-Transport war neu für ihn, der etwa einmal monatlich einem Unternehmen im Landkreis einen Besuch abstattet. Um es kennen zu lernen und gegebenenfalls bei Problemen seine Hilfe anzubieten.
Letzteres war Mittwoch nicht nötig. Denn, wie Betriebsleiter Stefan Welbhoff sagte, "wir können in Sachen Arbeit momentan nicht klagen". Die 160 festen Mitarbeiter, die generell in mehreren Schichten tätig sind, würden momentan noch durch einige Kräfte aus dem Leiharbeitsbereich aufgestockt. Im Jahr würden momentan rund 300 000 Verbundglasscheiben gefertigt, was einen Jahresumsatz von etwa 25 Millionen Euro ausmache.
"Wir beliefern sowohl Autohersteller als auch den Ersatzteilhandel", so Welbhoff weiter. Zu den Herstellern, die Autoscheiben von Pilkington Aken verwenden, gehören u. a. als größter Abnehmer Mercedes Benz und des weiteren VW, Peugeot, Citroen, BMW, Audi, Porsche, Renault und Ford. Im Ersatzteilsektor beliefere man u. a. den Scheibendoktor und Carglass.
Wohin Autoscheiben aus dem Elbestädtchen noch gehen, konnte sich Landrat Schulze im Produktionsprozess anschauen. An den diversen Stationen stehen beispielsweise Heckscheiben für Rolls Royce einträchtig neben Frontscheiben für den Citroen Xsara, unweit von Scheiben für den 500er Fiat finden sich Heckscheiben eines Ferrari-Modells. Dann gibt es noch welche für Maserati und natürlich die 007-Geräte für den Aston Martin.
Allen Frontscheiben ist eines gemein: Es sind Verbundscheiben aus zwei Schichten Glas mit diversen Folien dazwischen. Letztere können diverse Antennen sein (Radio, TV, Handy etc,), aber auch Farbtönungen, Wärmedämmungen, Heizungen, Licht-oder Regensensoren. Wenn man die diversen Automodelle hernimmt und die X möglichen Folienkombinationen, dann kommt man auf rund 500 Varianten, die in Aken produziert werden können, erfuhr die MZ von Chef Stefan Welbhoff auf Anfrage.
Alle diese Scheiben kommen im Betrieb flach und rechteckig an, durchlaufen dann die Stationen. Zuerst werden sie automatisch je nach Modell in Form geschnitten, die Schnittkanten abgeschliffen. Dann wandern sie - noch flach und frisch gewaschen - zum Siebdruck, wo zum Beispiel Antennen oder Tönungen aufgedruckt werden können und sodann in einen der beiden Öfen. Dabei liegen sie flach auf speziellen Formen, und durch die Hitze im Ofen und ihre Schwerkraft schmiegen sie sich in diese Formen ein. Danach werden zwischen die Glasschichten die Folien eingebracht - fertig ist im Prinzip die Verbundglas-Frontscheibe.
Nur, dass man noch nicht durchgucken kann. In diversen Schritten werden per Druck, Unterdruck und Temperatur noch Unebenheiten und Luft aus den einzelnen Schichten gepresst oder gesogen, die Scheibe durchläuft schließlich einen Autoklaven und wird hernach lediglich noch peinlichst genau einer mehrstufigen Qualitätskontrolle unterzogen. Und jetzt kann man auch durchgucken. Prima sogar.
So prima, wie momentan die Produktion brummt. Wieder. Denn während der Finanz- und Wirtschaftskrise hat auch das Akener Pilkington-Werk Auswirkungen der Flaute gespürt. "Aber seit einiger Zeit schon geht es wieder bergauf", sagt Stefan Welbhoff. Wie gesagt, über Arbeit könne man sich momentan nicht beklagen. Beim Abschied wünschte Uwe Schulze, dass letzteres so bleiben möge.