Anhalt-Bitterfeld Anhalt-Bitterfeld: Ein Bypass über dem Durchlass
KÖTHEN/LÖBNITZ/MZ. - Das kleine Dörfchen Löbnitz liegt eigentlich weitab aller großen und kleinen Flüsse oder Seen. Beste Voraussetzungen eigentlich dafür, dass Wasserprobleme in dem Ort keine Rolle spielen sollten. Aber ausgerechnet Löbnitz hat in diesem Jahr besonders unter Wasserfluten gelitten. Zuletzt erst wieder am vergangenen Wochenende. Da war ausnahmsweise einmal nicht der Regen der Vater des Übels, sondern die abrupte Schneeschmelze war Ausgangspunkt einer Alarm-Aktion, die am Donnerstag ein vorläufiges Ende damit findet, dass die Stadtverwaltung in der Straße über einem Grabendurchlass eine Art Bypass legen lässt. Ein Bypass, der im Löbnitzer Tauchgraben für einen schnelleren Wasserabfluss als bisher sorgen soll, wie Köthens Umweltamtsleiter Oliver Reinke erläuterte.
Für die Stadt ist das Zerstören von Infrastruktur für den Erhalt von Infrastruktur das Resultat längerer Überlegungen. Als im September der Bereich an der Löbnitzer Talstraße / Ecke Dohndorfer Straße zum ersten Mal durch starken Regen geflutet wurde, ging man wohl noch von einem singulären Ereignis aus. Inzwischen stehe aber außer Frage, so Reinke am Mittwoch, dass man das Problem sowohl kurzfristig mildern als auch langfristig lösen müsse.
Feuerwehr warf das Handtuch
Kurzfristig mildern - das machte sich am Sonntag nötig. Gegen 23.30 Uhr war Heiko Zerrenner, an diesem Abend Bereitschaftsdienst der Stadtverwaltung für alle Problemlagen, durch die Leitstelle von der durch die Schneeschmelze hervorgerufenen Gefahrensituation für Löbnitz informiert worden. Zerrenner fuhr in der Nacht nach Löbnitz und nahm gemeinsam mit dem Chef der Ortsfeuerwehr die Lage in Augenschein. Man entschied, noch abzuwarten. Zerrenner kontrollierte in der Nacht zum Sonntag regelmäßig den Wasserstand am Durchlass des Tauchgrabens und entschied am Sonntag um 8 Uhr, die Köthener und Löbnitzer Feuerwehren zu alarmieren. Bis 9 Uhr wurde gepumpt, dann warf die Feuerwehr das Handtuch - die Pumpen schafften es nicht. "Es kam einfach zu viel Wasser an", so Reinke. Der Durchlass, schwache 60 Zentimeter im Durchmesser, schaffte nix weg und der Rückstau in Richtung der Häuser wurde immer größer.
THW als Helfer in der Not
Zerrenner hatte in dieser Notlage zwei Varianten im Angebot. Erstens: die Straße zu öffnen, damit das Wasser über den Durchlass hinwegfließen konnte. Zweitens: das THW zu rufen. "Die Straße zu öffnen, ging nicht", so Reinke, "da sind Leitungen drin, unter anderem eine Abwasserdruckleitung des AZV Ziethetal. Da kann man kein Risiko eingehen, wenn man den Verlauf nicht genau kennt." Daher wurde das THW Wolfen-Bitterfeld um Hilfe gebeten. "Die kamen mit Technik, wie ich sie noch nie gesehen habe", so Reinke, der die Hilfstruppen in der Prosigker Kreisstraße in Empfang nahm und nach Löbnitz lotste. 7,5 Kubikmeter Wasser pro Minute wurden über den Durchlass hinweg gepumpt, "auf der anderen Seite lief alles gut ab". Am Montag um 9 Uhr packte das THW die Pumpen wieder ein, "da war die Gefahr vorbei".
Für den Moment wenigstens. "Weil wir aber jederzeit wieder mit einer solchen Lage rechnen müssen, haben wir uns kurzfristig doch dafür entschieden, die Straße aufzureißen und eine Rinne als Bypass auszuheben." Für den Fall, dass wieder so viel Wasser ankommt, dass der Durchlass die Menge nicht bewältigen kann, wird statt eines Rückstaus das Wasser in der Rinne über dem Durchlass abfließen.
Für vier Monate etwa sei dies eine akzeptable Ausweichvariante, findet Oliver Reinke. Danach aber, so hofft der Umweltamtsleiter, habe man einen genehmigten Haushalt, in den auch Mittel zur Vergrößerung des Durchlasses eingestellt sind. "Wir wollen das auf alle Fälle im Jahr 2011 in Angriff nehmen." In welcher Form die Erweiterung umgesetzt wird, ist noch nicht abschließend geklärt. Für Reinke ist vorstellbar, zwei Rohre statt einem zu installieren "und mit einem größeren Durchmesser dazu". Wenn sich am 20. Januar Stadtverwaltung und Vertreter der Unteren Wasserbehörde in Löbnitz treffen, fällt vielleicht schon die Entscheidung darüber.