Abgeschnitten von Italien Abgeschnitten von Italien: Gartenausstatter "Mediterraneum" in Köthen hat unter Corona doppelt zu leiden

Köthen - Als Steffen Gradzielski Ende Februar von der Leipziger Messe für Haus, Garten und Freizeit wieder nach Hause fuhr, da war der Chef des Köthener „Mediterraneums“ optimistisch gestimmt. „Wir hatten dort eine gute Resonanz“, blickt er zurück.
Es gab Kunden, die gekauft hatten, was das „Mediterraneum“ in die Messestadt mitgebracht hatte. Und genau diese Kunden kann Gradzielski jetzt nicht beliefern: „Casa Mediterraneum“ klingt nicht nur italienisch, das Unternehmen bezieht auch nahezu alle seiner Waren aus dem Land, wo die Zitronen blühen. „Und von da kommt derzeit nichts an.“
Die Corona-Krise hat Gradzielski kalt erwischt. Wie es jemanden kalt erwischt, der über 90 Prozent seines Angebots aus Italien importiert, dem Land also, das durch das Virus in besonderem Maße auf Null gesetzt wurde. So dass es schon ein wenig nach Sarkasmus klingt, wenn Steffen Gradzielski davon redet, dass er noch Glück gehabt habe.
Gradzielski hat Soforthilfe des Bundes beantragt, aber noch nicht bekommen
In dem einen bescheidenen Punkt nämlich: „Eine Woche vor der Grenzschließung ist noch ein Lkw angekommen.“ Seitdem allerdings nichts mehr. Der Umsatz tendiert gegen Null. Keine Pflanze. Kein Stück Deko. Die eingekaufte Terrakotta steht säuberlich verpackt in den italienischen Töpfereien statt unterwegs in Richtung Köthen zu sein.
Ganz zu schweigen von den zwei kompletten individuell gefertigten Küchen, die Gradzielski für seine Kundschaft in Auftrag gegeben hat. „Das können wir vergessen. Auch Tischlereien dürfen in Italien derzeit nicht arbeiten.“ Und die Pflanzen, die er 2019 für den Handel ausgesucht habe, „sind jetzt schon in Italien verblüht“.
Gradzielski hat Soforthilfe des Bundes beantragt, aber noch nicht bekommen. Und selbst wenn: Die erwartbare Summe deckt die Kosten für etwa einen Monat. Nur einen Monat. Insofern muss der Chef des „Mediterraneums“ auch darauf hoffen, dass er die bei der Investbank des Landes beantragte Summe erhält.
Das seit 2003 bestehende „Mediterraneum“ hat schon ein paar Jahre Probleme
„Damit würde ich durchhalten können“, rechnet er - von seiner Hausbank erwartet Gradzielski hingegen nichts mehr. Die hatte er „sehr zeitnah“ informiert und die Antwort erhalten, dass Corona-Hilfe nur für die Unternehmen gedacht sei, die „ausschließlich durch Corona“ in Schwierigkeiten gekommen seien. Das seit 2003 bestehende „Mediterraneum“ hingegen hatte schon ein paar Jahre Probleme, die man aber durch die Schließung des Restaurants signifikant verringerte.
Dass man diese Situation jetzt dazu heranziehe, um Hilfe auszuschließen, ist für Gradzielski „sehr enttäuschend“. Der aber deswegen nicht klein beigibt. „Das ,Mediterraneum‘ ist geöffnet“, sagt er, wenn auch nur für Kunden, die vorher - aus Corona-Hygiene-Gründen - einen Termin gemacht haben. Auch wenn es an Handelsware fehlt, jedenfalls was das breite Sortiment angeht, kann das Unternehmen doch arbeiten und auch Umsatz generieren.
Man werde sich um jeden Euro Umsatz bemühen, sagt der Firmenchef
Dazu hat Gradzielski auch seine Aktivitäten in den Sozialen Medien massiv ausgebaut, vor allem auf Facebook und Instagram, um auf diesem Weg Kunden auf sich und auf die Leistungen des Hauses aufmerksam zu machen. „Wir können beispielsweise Beratung leisten für die Gestaltung von Gartenbereichen. Von der Sortimentsauswahl bis zum Bepflanzungsplan.“
Man werde sich um jeden Euro Umsatz bemühen, sagt der Firmenchef, der das „Mediterraneum“ derzeit als Ein-Mann-Show betreibt. Seine Mitarbeiterin ist vor knapp vier Wochen Mutter geworden, „wenigstens etwas“, sagt Steffen Gradzielski, „über das man sich in dieser Zeit noch freuen kann“. (mz)