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„In Sicherheit sein, war für uns alle das Wichtigste“ 39 ukrainische Studenten haben ihr Brückensemester an der Hochschule Anhalt in Köthen absolviert

Drei junge Studentinnen erzählen von ihrer Erfahrung und inwiefern sich das Studium hier von dem in der Ukraine unterscheidet.

Von Jessica Vogts Aktualisiert: 09.08.2022, 14:08
 Marina Popowa (von links), Professorin Ute Seewald-Heeg, Galja Guzenko und Olena Tkacheno vor der Hochschule Anhalt.
Marina Popowa (von links), Professorin Ute Seewald-Heeg, Galja Guzenko und Olena Tkacheno vor der Hochschule Anhalt. (Foto: Jessica Vogts)

Köthen/MZ - Anfang März kamen zahlreiche ukrainische Flüchtlinge nach Köthen. Darunter auch viele Studenten, die eigentlich in der Blüte ihres Studiums standen, als der Krieg in der Ukraine ausbrach. Die Hochschule Anhalt hat sich daher Gedanken gemacht, wie man ihnen helfen kann. Einige Ukrainer kamen zunächst in Wohnungen bei Mitarbeitern und Studenten der Hochschule Anhalt unter.

Doch man wollte ihnen auch hier vor Ort die Möglichkeit geben, zu studieren, sich weiterzubilden. „Am 1. April war Semesterbeginn, wir hatten also genau drei Wochen Zeit, um ein Programm auf die Beine zu stellen“, erklärt Professorin Ute Seewald-Heeg, die die Koordination auf sich nahm.

18 Unterrichtsstunden pro Woche standen auf dem Plan

Ein so genanntes Brückensemester wurde schließlich initiiert. Insgesamt 39 junge Frauen und Männer von ukrainischen Partneruniversitäten nahmen an diesem Programm teil. Die deutsche Sprache zu erlernen, darauf lag das Hauptaugenmerk des Brückensemesters. 18 Unterrichtsstunden pro Woche standen auf dem Plan. Einige Studierende aus der Ukraine belegten daneben auch noch den Kurs „Internationales Marketing“ - der in englischer Sprache abgehalten wurde.

Und damit immer noch nicht genug: Zusätzlich hatten viele der ukrainischen Studenten weiterhin Online-Unterricht von ihren Unis in der Heimat ausgehend. „Das war schon ganz schön anstrengend. Wir haben viel gelernt und gearbeitet“, erklärt Galja Guzenko.

Auch ihr Unterricht ging parallel online weiter. „Wir waren ja quasi durch Corona auch alle auf das mobile Arbeiten vorbereitet“, erklärt die 20-Jährige, weshalb das keine allzu große Umstellung gewesen sei. Guzenko studiert IT-Sicherheit im sechsten Semester in der Ukraine. Aus Kiew kam sie dann Anfang März mit ihrer Mutter hier her nach Köthen. Das Brückensemester hier hat sie nun erfolgreich abgeschlossen - sogar als Jahrgangsbeste, wie Ute Seewald-Heeg weiß.

Studium war dankbarer Bonus

„In Sicherheit sein, das war für uns alle zunächst das Wichtigste gewesen“, erklärt Studentin Olena Tkacheno. Dass sie die Möglichkeit bekommen hat, hier weiter zu studieren, sei einfach ein großer Bonus. „Wir sind wirklich alle super dankbar für die ganze Hilfe, die wir bekommen haben“, erklärt die 24-Jährige weiter.

Das lobt auch die 35-jährige Marina Popowa, die mit ihrem kleinen Kind nach Köthen kam. Als Projektkoordinatorin hat sie hier an der Hochschule erst einmal Arbeit gefunden. Und sie hat zeitgleich ein Stipendium erhalten, welches Forscher an Universitäten finanziell unterstützt.

Unterschiede zwischen deutschen und ukrainischen Universitäten gibt es einige, wie die drei schnell festgestellt haben. „Hier in Deutschland ist es mehr praxisorientierter und auf einen Themenbereich spezialisiert. Das gefiel mir besser“, erklärt Olena Tkacheno. Auch die Prüfungen seien hier ganz anders strukturiert, fast schon leichter. „In der Ukraine brauchst du ein umfassendes Wissen im Studium. Sie können dich alles fragen in der Prüfung, auch Dinge, die so im Unterricht nicht behandelt wurden“, erklärt Marina Popowa.

Und auch Koordinatorin Ute Seewald-Heeg erinnert sich an eine witzige Situation. „Die Studenten sollten am Anfang alle ihre bisherige Uninote aufschreiben und wir waren erst verwundert, warum alle eine Vier oder Fünf aufs Blatt schreiben wollten“, lacht sie. Denn das Notensystem ist hier genau umgekehrt. Eine Fünf wäre hier eine gute Zwei.

Nun haben sie alle das Brückensemester erst einmal abgeschlossen und können ein wenig Freizeit genießen.