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Wirtschaftssabotage Wirtschaftssabotage: «Jemand will K.o. fürs Werk»

Von Detlef Mayer 30.04.2002, 18:10

Elster/MZ. - Was geht da eigentlich vor? Eine Frage, auf die auch Geschäftsführer Horst Luber keine belegbare Antwort weiß. Relativ sicher ist er sich inzwischen jedoch, dass die von einer Schalungsbau-Firma in Memmingerberg (Bayern) geltend gemachten Eigentumsvorbehalte an den gelieferten Tübbing-Formen nur ein Vorwand sind. So etwas ließe sich auf dem Rechtsweg klären, meint er. Vielmehr geht Horst Luber jetzt davon aus, dass "jemand das K.o. des Elsteraner Betonwerkes will".

Und da ist man natürlich versucht, an die "böse Konkurrenz" zu denken. Nur zwei Betriebe im Osten Deutschlands sind in der Lage, besagte Tübbings, um die sich der ganze "Krieg" dreht, herzustellen. Neben Elster ist dies ein zur Holzmann-Gruppe gehörendes Werk. "Im Westen gibt es noch einige mehr, sehr groß ist der Kreis möglicher Anbieter aber nicht", erklärt der Betonwerk-Chef. An die Produktion von Tübbings werden nämlich sehr hohe Qualitäts- und Präzisionsanforderungen gestellt. Die Toleranz liegt im Zehntel-Millimeter-Bereich.

Im September 2000 bekam die Betonwerke Elster GmbH den Auftrag für 4 470 Tübbing-Ringe, bestehend aus jeweils sechs konischen Elementen. Es handelt sich um einen Zehn-Millionen-Auftrag. Unterirdisch wird damit in Berlin ein Schacht von drei Metern Innendurchmesser (270 Millimeter Wandstärke) vorgetrieben, über fünf Kilometer lang. Darin finden zwei Abwasserdruckrohre von 1,2 Metern Umfang Platz. Die Stahlschalungen für die Tübbing-Herstellung bestellte das Betonwerk bei der Firma in Memmingerberg. Bis 30. November sollten die sieben Schalsätze geliefert sein. Aber erst am 22. April 2001 traf der letzte ein. Zudem wurden schwerwiegende technische und Sicherheitsmängel festgestellt. Seinen zusätzlichen Aufwand, um die Formen verwendbar zu machen, setzte das Elsteraner Unternehmen von der Bezahlung an den bayrischen Lieferanten ab.

Jener behauptete in der Folge einen Eigentumsvorbehalt. In der Nacht vom 18. zum 19. November wurde dann jeweils ein Teil aus den sieben Schalsätzen gestohlen. Alle rechtlichen Interventionen zur Rückgabe der Teile blieben erfolglos. Um weiter arbeiten zu können, wurden die in Elster verbliebenen Schalungen mit Hilfe heimischer Firmen umgebaut und ergänzt. Am 25. Februar 2002 versuchte derselbe Täterkreis wie im November, erneut in das Betonwerk-Gelände einzudringen und Schalungen zu entwenden. Beschäftigte, Sicherheitsfirma und Polizei vereitelten das Vorhaben jedoch, die Personalien der Täter wurden aufgenommen. Darunter befand sich einer, den Horst Luber für den Drahtzieher bei den Aktionen hält. Daneben will er inzwischen auch nicht mehr ausschließen, dass es einen Informanten aus den Reihen der eigenen Belegschaft geben könnte, zu gut informiert seien die Täter.

Nachfolgend wurden die Betonwerke Elster GmbH wie auch der Geschäftsführer mehrfach telefonisch und schriftlich bedroht, um die Herausgabe weiterer Formteile zu erzwingen. Zwischenzeitlich gab es noch einen dritten, ebenfalls fehlgeschlagenen Einbruchsversuch. Eindringlinge wollten mit einem Gabelstapler das Rolltor an der Tübbing-Halle aushebeln.