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Wetter in Jessen Wetter in Jessen: Winter inkognito

Von Ute Otto 04.01.2016, 18:42
Sie haben keine Angst vor kalten Füßen. Etliche Enten tummeln sich an der Fußgängerbrücke in Jessen.
Sie haben keine Angst vor kalten Füßen. Etliche Enten tummeln sich an der Fußgängerbrücke in Jessen. Frank Grommisch Lizenz

Jessen - An der Elster sowie an Gräben und Teichen haben sich Eisränder gebildet. Ansonsten aber ist in Jessen und Umgebung vom Winter bis Montagnachmittag nichts zu sehen. Wohl aber zwackt es kräftig im Gesicht. Auf minus neun Grad war das Thermometer am Morgen gefallen, aber mit dem Ostwind geht das Empfinden schon in den zweistelligen Minusbereich hinein. Die MZ hörte sich um, wie der Winter hierzulande ankommt.

„So lange es nicht unter minus zehn Grad geht, macht uns das keine Sorge“, blickt Reinhard Zeidler, der Vorsitzende der Agrargenossenschaft „Elstermündung “ Schützberg, gelassen auf die Wetterprognose, nach der sich ab Donnerstag auch im Osten Deutschlands die Temperaturen wieder im Plusbereich bewegen sollen. Zuletzt war es im Winter 2011/12, als der so genannte Kahlfrost, also strenger Frost ohne eine schützende Schneedecke, die Bauern um ihre Wintersaaten bangen ließ. „Ist bis Dreikönigstag kein Winter, kommt auch keiner mehr dahinter“, sagt eine Bauernregel. „Kann sein.“ Zeidlers lakonischer Kommentar lässt erkennen, dass er davon nichts hält.

In der Schweinezuchtanlage des Landgutes „Heideland“ in Klossa wollten die Tiere Montagmorgen nicht aus dem Stall, weil es so kalt war, erzählt Mitarbeiterin Claudia Böhnisch. Noch schwieriger, die Schweine zum Verladen zu bekommen, sei es, wenn durch gefrierende Nässe die Treibwege vereist sind. „Wir fanden das Wetter bisher ganz gut“, sagt Böhnisch, dass ihnen der Winter bislang nicht gefehlt habe.

Mit Mützen, Schals und Handschuhen haben sich die Kunden in der Jessener Filiale von Ernsting’s Family schon im Herbst vorsorglich eingedeckt. „Soviel ist davon gar nicht mehr übrig“, sagt Sybille Mierzwa. Aufgefallen ist ihr und ihrer Kollegin Ines Gulla an den ersten beiden Verkaufstagen im neuen Jahr, dass Skianzüge besser gehen. Die Leute hätten wohl mitbekommen, dass der Winter in den Bergen nun Einzug gehalten hat. „Einige fahren ja doch in den Winterurlaub“, so Mierzwa.

Die Leute, die dorthin fahren, wo der Winter ist - „das ist ja unser Kundenkreis in der Wintersaison“, sagt Heiko Klöpping, einer der beiden Geschäftsführer der Intersport-Geschäfte in Jessen und Wittenberg. Im Unterschied zu Klöppings Kollegen etwa in Oberwiesental oder Oberhof „ist die Winter-Hartware aber nicht unsere Hauptschlagader“. Will heißen, in Wittenberg und Jessen ist es zu verkraften, dass Skier, Snowboards und dergleichen mangels Schnee kaum Absatz finden. „Wir haben uns nach drei bis vier Jahren schon daran gewöhnt, den letzten fetten Winter hatten wir 2010/11.“ Sie würden sich natürlich freuen, wenn es mal wieder einen gäbe. Das Geschäft mit Sportwaren sei extrem witterungsabhängig. „Haben wir zwei Wochen Eiseskälte, kann es nicht genug Schlittschuhe geben.“ Ebenso sei es bei den ganzen Winteraccessoires, zu denen im Sporthaus auch die Kleidung zählt. Einen Vorteil hat der milde Winter für die hiesigen Sportartikelhändler: „Fahrräder sind auch jetzt gefragt“, so Heiko Klöpping. „Zwar nicht so wie in der Sommersaison, aber immerhin.“

Mit dem Fahrrad sind die MZ-Zusteller Cornelia Mali in Annaburg und Uwe Krüger in Jessen unterwegs. „Da zieht man sich eben warm an!“, so Cornelia Mali. „Ich mache das jetzt im zwölften Jahr, da habe ich schon ganz andere Winter erlebt.“ Der Weg zum Schlösschen gehört zu ihrem Zustellbereich, die Straße führt ein Stück an freiem Feld entlang. „Da merkt man den Wind besonders heftig“, erzählt die Zustellerin.

Uwe Krüger muss in Jessen auf den Gorrenberg. Auf Schnee kann der 54-Jährige dabei gern verzichten: „Das sind einige unbefestigte Wege, wo auch kein Winterdienst hinkommt, da muss ich höllisch aufpassen“, berichtet er. Eineinhalb Stunden ist er jeden Morgen unterwegs, um die MZ zu den Abonnenten zu bringen. Ist mittwochs der Wochenspiegel dabei, dauert seine Tour gut drei Stunden. „Ganz schön kalt“, fand auch er es am Montagmorgen. Dicke Handschuhe schützen ihn beim Fahrradfahren, aber zum Zustellen sind sie untauglich. „Ich habe auch Handschuhe, wo die Finger frei sind“, erzählt Cornelia Mali. „Anders kann man die Zeitungen kaum greifen.“

Auf der Elbe zieht es doppelt. Alle, die am Fluss arbeiten, können das bestätigen. Mit der dicken Jacke bekleidet hat Fährpächter Jürgen Kollin gestern seinen Dienst auf der schwimmenden Brücke zwischen Prettin und Dommitzsch angetreten. „Wenn man sich warm anzieht, dann geht es“, meint er. Zum Aufwärmen zwischendurch gibt es eine kleine Gasheizung in der Kabine auf der Fähre. „Sonst wäre es wohl nicht auszuhalten“, sagt der Prettiner Fährmann. Auch er hat mit dem Winter nichts im Sinn. „Wenn Eis kommt, können wir hier einpacken.“ Jeder Ausfall ist schmerzlich für den Pächter. Obwohl für viele Unternehmen die Weihnachtspause zu Ende sein dürfte, sei an diesem ersten Werktag 2016 noch nicht viel los. Die Schulkinder haben noch bis Mittwoch frei. Für Wintervergnügen wird der Schnee, der für heute angesagt ist, kaum reichen. Wenn er überhaupt kommt. (mz)

Die Temperaturen sanken stärker als vorausgesagt unter Null.
Die Temperaturen sanken stärker als vorausgesagt unter Null.
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Am Ufer hat der strenge Frost für einige bizarre Gebilde gesorgt.
Am Ufer hat der strenge Frost für einige bizarre Gebilde gesorgt.
Frank Grommisch Lizenz