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Selbstverteidigungskurs für Frauen Selbstverteidigungskurs für Frauen: Nicht mit mir!

Von Saskia Hotek 11.03.2019, 06:21
Zu Beginn des Frauen-Selbstverteidigungskurses erwärmen sich die Teilnehmerinnen und Trainer.
Zu Beginn des Frauen-Selbstverteidigungskurses erwärmen sich die Teilnehmerinnen und Trainer. Saskia Hotek

Jessen - Frauen schreien. Sie schlagen und treten aufeinander ein. Was sich im ersten Moment brutal anhört, ist ganz harmlos. Die Frauen bereiten sich auf das Schlimmste vor: Einen tätlichen Überfall. Sie wollen nicht zum Opfer werden.

Deshalb nehmen sie am Selbstverteidigungskurs des „Budo- und Selbstverteidigungsvereins Jessen“ (BSV) teil. Die Trainer Sven Thieme und Steffen Lehmann zeigen ihnen, wie sie sich im Fall des Falles zur Wehr setzen können.

Körpersprache ist wichtig

Wie bei jeder sportlichen Tätigkeit, erfolgt vor dem eigentlichen Training die Erwärmung. Dazu schnappt sich jede Teilnehmerin zwei Sticks aus Schaumstoff. Damit sollen sie wild durcheinander laufen und die anderen möglichst oft treffen, unter anderem in der Kniebeuge.

Trainer Sven Thieme erklärt, warum die Erwärmung genau so abläuft: „Das nimmt die Hemmung, jemanden zu schlagen.“ Nach dem Dehnen der Muskeln werden die Inhalte der vergangenen Trainingseinheiten wiederholt. Sven Thieme fragt in die Runde: „Wie können wir demonstrieren, dass wir etwas nicht wollen?“ Die Frauen überlegen kurz und zählen auf: ausdrucksstarke Mimik und Gestik, Ausstrahlung und Sprache.

Jeden Freitag treffen sich die Teilnehmerinnen und ihre Trainer im Gymnastikraum der Turnhalle am Gymnasium Jessen. In zehn Trainingseinheiten, die jeweils 90 Minuten dauern, erlernen die Frauen die Technikgrundlagen des Ju-Jutsu. Diese ermöglichen es, sich in einer Notsituation effektiv zu verteidigen. Bei Bedarf werden einzelne Lektionen wiederholt. Im Kursbegleitheft sind die wichtigsten Techniken zusammengefasst.

Die Teilnehmerinnen proben anschließend, wie sie dementsprechend in einer Begrüßungssituation auftreten: Mit festem Händedruck, direktem Blick in die Augen und aufrechter Körperhaltung. „Damit signalisiert ihr eurem Gegenüber, dass er nicht alles mit euch machen kann“, meint der Trainer.

Vitalpunkte treffen

Als Nächstes wird das „Nein“-Sagen geübt. Dazu bilden die Frauen Paare. Eine spielt die „Mutti“, die andere ist das „Kind“, welches um die Süßigkeiten bettelt. Die Mutti soll konsequent sein und nicht nachgeben. Dies gelingt jeder Kursteilnehmerin und sie behält die Süßigkeiten für sich. Mit diesem Beispiel trainieren die Frauen, betont Sven Thieme, wie sie beispielsweise auf einer Party den Drink von einem fremden Mann ablehnen.

Nach diesen „sanften“ Einheiten zum Einstieg geht es nun richtig zur Sache. Die Frauen erlernen konkrete Verteidigungstechniken. Der Kurs teilt sich wieder in Zweiergruppen auf. Eine Frau spielt den angreifenden Schläger. Um sich bei der Übung nicht zu verletzen, aber einen Schlag trotzdem realistisch darzustellen, hat der „Angreifer“ Pratzen (Schlagpolster) an den Händen. Die Trainingspartnerin soll sich dagegen zur Wehr setzen. Zuerst muss signalisiert werden, dass der Gegner eine Grenze überschritten hat.

Dazu ruft die Frau laut „Stopp“ und streckt dem Gegenüber die flache Hand entgegen. Nähert sich der Angreifer trotzdem, muss die Frau aktiv werden. Sie versucht die Distanz wiederherzustellen, indem sie den Angreifer wegdrängt, ihn zurückschiebt. Zusätzlich ist das Schreien ein gutes Mittel, um den Gegner zu verwirren.

Zur effektiven Verteidigung sollte die Frau die Vitalpunkte (Nervendruckpunkte) des Angreifers treffen, da diese besonders schmerzempfindlich sind. Dazu gehören beispielsweise Augen, Nase, Kehlkopf, Ellenbeugen oder Schienbeine. Um einen Schlag abzuwehren, wendet die Frau den passiven Block an. Dazu hält sie die Ellenbogen seitlich des Kopf, um ihr Gesicht und den Nacken zu schützen. So könne es der Frau gelingen, sich dem Angreifer zu entziehen.

Anika Hamann absolviert den Kurs bereits zum zweiten Mal. Die Jessenerin hat den Eindruck, dass die Umwelt immer gefährlicher wird. Deshalb nutzt sie das Angebot des BSV, um die Techniken zur Selbstverteidigung zu wiederholen und zu verinnerlichen. „Dadurch fühle ich mich sicherer, wenn ich allein unterwegs bin“, gibt sie zu. (mz)