Auch wegen steigender Sprit - und Energiepreise Ansturm auf Second-Hand-Ware - Was es beim Kleiderbasar in Prettin zu kaufen gibt
Steigende Sprit- und Energiepreise sorgen für Ansturm auf Second Hand Ware. In Prettin startet am Wochendende die 21. Auflage des Kleiderbasars im Gemeinschaftshaus. Was sich Chefin Sandra Hainke für die Zukunft wünscht und es zu erzählen gibt.

Prettin/MZ - „Wir sind eine eingespielte Truppe“, betont Sandra Hainke, die gleich nach dem Morgenkaffee den ersten Ansturm im Prettiner Gemeinschaftshaus erlebt. Die Verkäufer rücken mit Kinderbekleidung oder Spielzeug an, selbst eine kleine Mühle wird an der Bühne aufgestellt. „Die ersten 20 von 60 Kunden sind durch. Wir hätten in diesem Jahr 120 Lose vergeben können. So groß ist die Nachfrage gewesen“, zieht die Chefin des Teams Kinderkleiderbasar nach 90 Minuten Annahmezeit ein erstes Fazit. Die Sortierung auf den Tischen oder an den Kleiderständern passiert im Rekordtempo.
Die 47-Jährige erzählt, dass zehn Prozent der gesamten Einnahmen einbehalten werden. „Wir gehen damit nicht shoppen“, so Sandra Hainke, doch Dinge wie Saalmiete, Kleiderständer oder -bügel sowie Druckerpatronen gibt es nicht zum Nulltarif. Nach dem Kleiderbasar (es wird auch Bekleidung für Erwachsene bis Größe L angenommen), der am Sonnabend von 8 bis 11 Uhr über die Bühne geht, erfolgt sofort die Abrechnung der einzelnen Listen, gegen 17 Uhr ist der Saal im Gemeinschaftshaus besenrein.

Engagierte „Co-Pilotin“
Romy Heßler gehört seit zehn Jahren zur „Mannschaft“ und wird von Hainke scherzhaft mit „meine C-Pilotin“ bezeichnet. Die Vize-Chefin ist nicht überrascht, dass viele Tische mit Sachen ab Größe 50/56 gut bestückt sind. In der heutigen Zeit, wo die Preise überall sprichwörtlich durch die Decke gehen, ist der Bedarf an Second-Hand-Ware größer denn je. Es kommen nicht nur Menschen aus sozial schwachen Haushalten zum Basar, am Sonnabend ist auch der Mittelstand bestens vertreten. „Die Leute haben angefangen, den Cent zweimal herumzudrehen“, sagt sie, deshalb entwickeln sich solche Märkte flugs zu Selbstläufern. „Viele Sachen sind kaum oder überhaupt nicht getragen“, meint Romy Heßler, die bei der 21. Auflage wie das gesamte Team blau und weiß trägt. „Das sind unsere Stadtfarben.“

Chefin Hainke ruft zur ersten Kaffeerunde und bespricht mit dem zwölfköpfigen Helferteam weitere Details. Nach einer Tasse frisch Gebrühtem fangen die Frauen wieder mit dem Sortieren an, dies erfolgt ohne große Erklärungen. Die 47-Jährige freut sich, dass ihre drei Töchter am Sonnabend mit von der Partie sind und „Mutti unterstützen“. Zwei wohnen zwar nicht mehr in Prettin, doch sie sind laut Hainke über die Jahre hinweg „so richtig mit in die Materie reingewachsen“. Trotz des Erfolgs der Kleiderbörse - die Kunden reisen auch aus Sachsen oder Brandenburg an -, macht sich die Chefin bereits Gedanken über weitere Optimierungen. „Vielleicht“, sagt sie, „sollten sich alle Veranstalter von Kleiderbörsen im Landkreis Wittenberg mal an einen Tisch setzen und die Termine koordinieren. Wir sind zwar keine Konkurrenten untereinander, doch es macht wenig Sinn, wenn an einem Tag zwei Börsen stattfinden.“ Für diese Aufgabe lässt sich die 47-Jährige gern vor den Karren spannen.

Spaß am Ehrenamt
Christin Lindner ist der Neuling im Team. Die zweifache Mutter liebt es, über Flohmärkte zu schlendern, meist kommt sie mit vollen Tüten wieder nach Hause zurück. „Das hier ist genau mein Ding“, so Christin Lindner, die bereits ein paar Dinge genauer unter die Lupe genommen hat. Ein Kind, so ihre Einschätzung, trägt seine Sachen nie ab, was vorher ein „kleines Vermögen“ gekostet hat, gibt es in Prettin zum Schnäppchenpreis. „Deshalb haben wir auch ein scharfes Auge auf alle Gegenstände“, klinkt sich die Chefin ein, die trotz der niedrigen Preise es hin und wieder gesehen hat, dass manche Kunden die Sachen nicht bis zur Kasse tragen wollten. „In solchen Fällen gibt es eine klare Ansage.“ Und: Da alle im Team ehrenamtlich mitarbeiten, steht es ihnen frei, vor dem Start im Saal die erste Runde zu drehen.

Sandra Leonhardt gehört seit fünf Jahren zur Stamm-Crew. „Ich habe riesigen Spaß daran“, sagt sie. Sie liebt das Gespräch mit den Besuchern, den Trubel im Gemeinschaftshaus, die leuchtenden Kinderaugen, den Erfahrungsaustausch. Als Mutter von drei Kindern ist Sandra Leonhardt ebenfalls immer auf der Suche nach preiswerten Kindersachen, denn bei den steigenden Sprit- und Energiepreisen müssen an anderer Stelle Abstriche gemacht werden. Sandra Leonhardt ist überzeugt, dass viele junge Familien mit den gleichen Problemen zu kämpfen haben. Deshalb geht der Ansturm auf die begehrte Ware auch gleich zur Eröffnung ab 8 Uhr los. Selbst wenn die beiden Frauen am Sonnabend im Akkord die „Wühltische“ über drei Stunden hinweg wieder in Ordnung bringen müssen: Der Spaß steht an erster Stelle!