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Rundgang im Diest-Hof Rundgang im Diest-Hof: Jessener Schüler besuchen Einrichtung für Behinderte

Von Thomas Tominski 02.07.2019, 09:20
Sylke Iversen (rechts) erklärt den Sekundarschülern aus Jessen die Arbeiten an den Wänden des Gruppenraums.
Sylke Iversen (rechts) erklärt den Sekundarschülern aus Jessen die Arbeiten an den Wänden des Gruppenraums. Thomas Tominski

Seyda - „Wir wissen nicht, ob er uns immer richtig verstanden hat“, sagen Emma Ermlich und Melina Karl unisono und schauen ihre Notizen durch. Die beiden Mädchen aus dem Gymnasium Jessen haben beim Projekttag auf dem Diest-Hof in Seyda, einer Wohneinrichtung für erwachsene Menschen mit geistiger und mehrfacher Behinderung, die Chance beim Schopf gepackt, um mit einem Einwohner ein Interview zu führen.

Emma Ermlich erzählt, dass sie keine Berührungsängste hat. „Es ist toll, wie liebevoll sich die Betreuer hier um die behinderten Menschen kümmern“, meint sie, der Rundgang durch den Werkstätten- und Wohnbereich sei interessant gewesen.

„Beschäftigung ist wichtig“, ergänzt Melina Karl, die überrascht ist, welche Lebensfreude alle Bewohner der Einrichtung ausstrahlen.

Klares Bekenntnis

Diest-Hof-Mitarbeiterin Heidi Weisbach führt die Gymnasiasten über das Gelände, Sylke Iversen und Jacqueline Schindler-Bösigk geben in den Werkstätten Einblicke in den Arbeitsalltag der hier lebenden Menschen.

Einstimmiger Tenor der beiden Gruppenleiterinnen: Die Arbeit soll Spaß machen und keinen überfordern. „Das war die beste Entscheidung meines Lebens, auf Heilerziehungspflegerin umzuschulen. Das ist kein Beruf, das ist eine Berufung“, sagt Jacqueline Schindler-Bösigk, die gelernte Maschinenbauzeichnerin ist und den Gymnasiasten den speziellen Speiseplan des Hauses erklärt.

Hier wird bildlich dargestellt, was mittags auf dem Teller landet. Lehrerin Susanne Bernhardt erklärt, dass der Projekttag im Rahmen des Religionsunterrichts stattfindet, da der Diest-Hof eine diakonische Einrichtung ist. Für die Siebentklässler sei es wichtig, Erfahrungen im Umgang mit behinderten Menschen zu sammeln, um eventuelle Ängste oder Vorurteile abzubauen. Roland Frickenhaus führt die zweite Gruppe über das Areal.

Der Mitarbeiter der Einrichtung ist erstaunt, welch ernsthafte Fragen die 20 Achtklässler der Sekundarschule Jessen-Nord stellen. „Sie sind neugierig, interessiert und nehmen Anteil am Schicksal der Menschen“, so Frickenhaus, der es toll findet, dass solche Veranstaltungen im Rahmen eines Projekttages stattfinden.

„Es sind auch einige Schüler aus dem Fach Ethik dabei“, klärt Religionslehrerin Irene Schmiedel auf, die bereits für September den nächsten Besuch ankündigt. Dann wollen Schüler aktiv an der Gruppenarbeit teilnehmen. Wie vorbildlich hier mit Behinderten umgegangen wird, geht ans Herz.

Ordentliche Betreuung

Leonie Hein bemerkt, dass sie ein Zirkuskind ist und verweist auf ihren Nachnamen. Die 14-Jährige ist nicht zum ersten Mal auf dem Diest-Hof. „Ich habe hier des Öfteren meine Großtante Bärbel Schiepel besucht, die auf dem Hof arbeitet“, so Leonie Hein, die es wichtig findet, dass Menschen mit einer Behinderung ordentlich betreut und je nach Fähigkeit beschäftigt werden.

„Sie werden vor allem nicht allein gelassen“, fügt die Sekundarschülerin an. Das Engagement der Mitarbeiter bewertet der Teenager mit „richtig super“. Klassenkamerad Laurence Lehmann teilt diese Einschätzung. Es ist aus seiner Sicht schon eine besondere Herausforderung, Behinderte zu betreuen. Der 14-Jährige betont, dass die Mitarbeiter seinen Respekt verdienen, doch er sich solch einen Job nicht zutraut. „Ich möchte Kfz-Mechatroniker werden“, sagt er und gibt zu, dass in Sachen Lernen noch Luft nach oben ist.

Ein Notendurchschnitt von 2,5 sei nicht unbedingt ein guter Abschluss. Den Gang durch den Wohnbereich finden viele Schüler interessant. „Uns hat die Vorstellung gefehlt, wie die Menschen hier untergebracht sind“, schallt es aus der Runde. Alle Räume sind modern eingerichtet, der Tisch in der Küche ist gedeckt. „Eigentlich wie bei uns zu Hause“, lautet der Tenor. (mz)

Jacqueline Schindler-Bösigk stellt den Speiseplan vor.
Jacqueline Schindler-Bösigk stellt den Speiseplan vor.
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Emma Ermlich und Melina Karl haben ein Interview geführt.
Emma Ermlich und Melina Karl haben ein Interview geführt.
Tominski