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Pfingstmontag in Naundorf Pfingstmontag in Naundorf: Mühle ohne Ruten

Von H.-Dieter Kunze 09.06.2014, 19:51
Klaus Bolze (stehend) erläutert Helga und Horst Wähl aus Berlin ausführlich, woraus die Mühle, die etwas östlich des Dorfes zu finden ist, besteht und wie ihre Technik einst funktionierte.
Klaus Bolze (stehend) erläutert Helga und Horst Wähl aus Berlin ausführlich, woraus die Mühle, die etwas östlich des Dorfes zu finden ist, besteht und wie ihre Technik einst funktionierte. Kunze Lizenz

Naundorf bei Seyda/MZ - Die Turmholländermühle am Ortsrand von Naundorf stand wie an jedem Mühlentag auch in diesem Jahr interessierten Besuchern offen. Durch das 102 Jahre alte technische Denkmal führte Klaus Bolze. Er ist der Enkel des letzten Müllers Erich Sommer. Klaus Bolzes Ehefrau Ute bewirtete die Gäste mit leckerem Kuchen und frisch geernteten Erdbeeren.

Das Interesse war groß, immer wieder kamen Besucher und ließen sich unter fachkundiger Anleitung durch die drei Etagen führen. Wer noch höher hinaus wollte, der konnte über eine Leiter bis auf die Plattform unter der Windrose gelangen und bei guter Sicht einen wunderschönen Blick auf die Silhouette von Naundorf und auf seine Umgebung genießen.

Bei Naundorf stand ursprünglich eine Bockwindmühle. Sie wurde vermutlich durch Brandstiftung im Jahr 1910 zerstört. An gleicher Stelle wurde ein Jahr später die Turmholländermühle gebaut. 200 000 Steine aus einer Ziegelei in der Nähe von Blönsdorf wurden dabei vermauert. Bauern aus Naundorf halfen mit Gespannen beim Transport, denn die Mühle war ein wichtiger Bestandteil des Ortslebens. Bis zum Ende der 1980er Jahre wurde in der Mühle noch Futterschrot für private Zwecke produziert.

Berliner unter den Gästen

Zu den Gästen gehörten auch Helga und Horst Wähl aus Berlin. Die Naundorfer Mühle war ihr erstes Ziel, dann ging es weiter zu einem Besuch der Verwandtschaft. Den beiden gefiel es wunderbar, aber Horst Wähl bewegte eine Frage: „Warum hat denn die Mühle keine Ruten, die sich im Wind drehen?“ Klaus Bolze klärte auf: Seit den 1920-er Jahren bereits wurde das Mahlwerk durch einen Elektromotor, der noch heute vorhanden ist, angetrieben. Der trat an die Stelle der zuvor verwendeten Dampfmaschine. Flügel, also Ruten, gab es nur in den Anfangsjahren. Jetzt diese wieder zu montieren wäre zwar ein schöner Anblick. Aber man nehme davon Abstand, weil die gewaltigen Holzteile erstens sehr teuer und bei Stürmen außerdem äußerst anfällig seien. Die Versicherungssumme würde sich glatt verzehnfachen.

Klaus Bolze übernimmt zwar die Führungen, aber die Turmholländermühle neben seinem Haus gehört ihm nicht mehr. Denn am 1. April 1999 schenkte er sie der Gemeinde Naundorf. Durch die Eingemeindung gehört sie seit Jahren bereits der Stadt Jessen.

Schrittweise Sanierung

Statt der Montage neuer Ruten wird die Innensanierung des technischen Denkmals Stück für Stück vorangetrieben. Es geht in kleinen Schritten vorwärts, denn die finanziellen Mittel sind knapp. Erklärtes Ziel ist die Wiederherstellung sämtlicher Mühlentechnik und letztendlich die Wiederinbetriebnahme, zumindest für Schauvorführungen. Seit dem Jahr 2000 ist bereits viel geschehen. Unter anderem wurden die Fundamente trocken gelegt, Fenster und Türen nach historischem Vorbild eingebaut. Das Dach wurde erneuert, die Kappe ist drehbar. Durch die Windrose, ein kleineres Flügelrad, wird es immer in Windrichtung gedreht. So, wie in den Anfangsjahren des Bauwerkes. Dielen und neue Treppen wurden eingebaut, die Mühle macht einen sehr gepflegten Eindruck und bietet einen umfassenden Einblick, wie aus Getreide Schrot und Mehl entsteht. Auch die Außenanlage wurde neu gestaltet. Ein Besuch lohnt sich nicht nur am alljährlichen Mühlentag. Klaus Bolze ist nach vorheriger Terminvereinbarung zu Führungen bereit.

Am Mühlentag findet auch seit Jahren schon ein großes Pfingstkonzert im Ort statt. Organisiert wird das Fest vom Feuerwehrverein in Naundorf. Auch in diesem Jahr war es sehr gut besucht. Es war sogar schwer, in Naundorf einen Parkplatz zu finden. Im Zelt spielten zum Frühschoppen die Lustigen Blasmusikanten aus Seyda auf. Für Speis und Trank war ausreichend gesorgt. Es gab Broiler, Würstchen vom Grill, Eis und Gulasch mit Klößen aus der Feldküche.

Spielgeräte sind gefragt

Die Kinder tobten sich auf der Hüpfburg aus oder fuhren mit Tretfahrzeugen über die Dorfstraße. Die Gerätschaften hatte die Sportjugend Wittenberg in ihrem Spielmobil nach Naundorf gebracht. Hans-Joachim Schöne betreut die unterschiedlichen Bewegungsgeräte, seit mehr als zehn Jahren ist der kleine Ort sein Ziel. „Hier ist immer ganz schön was los“, meinte er anerkennend. Organisatorisch engagiert sich auch Hannelore Hilse. Seit 1973 ist sie am Wirken, um Naundorf zum Pfingstfest zu einem wahren Wallfahrtsort zu machen. Anfangs war es der Dorfclub, der die Aktivitäten koordinierte.

Die Lustigen Blasmusikanten aus Seyda spielten zum Frühschoppen am Pfingstmontag im Zelt auf dem Naundorfer Anger.
Die Lustigen Blasmusikanten aus Seyda spielten zum Frühschoppen am Pfingstmontag im Zelt auf dem Naundorfer Anger.
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Die Turmholländer-Mühle ist ein Wahrzeichen des Ortes.
Die Turmholländer-Mühle ist ein Wahrzeichen des Ortes.
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