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Nordschule Jessen Nordschule Jessen: Reise in andere Gedankenwelt

Von Detlef Mayer 25.04.2013, 17:22
Neugierige Betrachter bei der Eröffnung der Bilderschau von Kindern mit Autismus in der Nordschule
Neugierige Betrachter bei der Eröffnung der Bilderschau von Kindern mit Autismus in der Nordschule D. Mayer Lizenz

Jessen/MZ - „Verschieden sein ist normal“, sagt Heike Giesemann, Leiterin der Autismusambulanz Wittenberg im Speisesaal der Sekundarschule Jessen-Nord. Der Anlass: die Eröffnung einer kleinen Ausstellung von Bildern, die Kinder mit Autismus gestaltet haben. Für diese Schau gibt es auch zwei Besichtigungstermine mit Führungen - am 2. Mai (Donnerstag) von 16 bis 18 Uhr anlässlich des Elternsprechtags sowie am 12. Juni (Mittwoch), 18 bis 19 Uhr, zum Tag der offenen Tür.

Malen als Ferienprojekt

Entstanden sind die Werke - wobei die Kinder keine Kunst machen wollten, wie es ausdrücklich heißt, sondern zur Entspannung zeichneten - während eines Ferienprojekts der Autismusambulanz. Also „mal in einem lockeren Rahmen im Vergleich zum sonst sehr routinierten und strukturierten Arbeiten“, wie Heike Giesemann anmerkt. Dass verschieden sein normal ist, treffe auch auf diese Bilder zu: „Sie sehen auf den ersten Blick sehr normal aus, offenbaren ihre Besonderheit aber auf den zweiten und dritten Blick. Sie entführen in die Gedanken- und Erlebniswelt der Kinder mit Autismus, zeigen eine andere Sicht- und Verstehensweise.“

Großer Rahmen Inklusion

Schulleiter Thomas Felber stellt die Bilderschau in den großen Zusammenhang Inklusion. „Zur Zeit werden 14 Kinder im gemeinsamen Unterricht betreut“, informiert er. Und: „Die Beschulung von Jonathan Stelter (14 - die Red.) aus Jessen als Kind mit Autismus erfolgt im vierten Jahr.“ Der Weg sei am Anfang holprig gewesen und nicht für alle gangbar, so dass dann die Förderschule habe eingreifen müssen, aber zunehmend erfolgreich. „Deshalb denke ich, die Ausstellung passt zu uns.“

Das bestätigt auch Petra Stelter als Mutter von Jonathan. „Der Weg entsteht beim Gehen“, verkündet sie optimistisch und bescheinigt der Bildungsstätte: „Die Sekundarschule ist inzwischen in der Lage, eine ganze Landkarte zu erstellen für diesen Weg.“ Sie dankt allen, die es unternommen haben, mit Jonathan umzugehen, vor allem Kunstlehrerin Heidrun Hildebrandt und Schulsozialarbeiterin Silvia Rick. Aber auch Thomas Felber „hat Pflöcke eingeschlagen in Sachen Inklusion“.

Erläuterungen zu den einzelnen Bildern gibt dann Heidrun Hildebrandt: „Wo Worte fehlen, fängt mit der Betrachtung dieser Arbeiten unsere Reise an. Wir machen Halt, um Botschaften, Signale oder Brücken in den Bildern zu finden, die Gefühle, Bedürfnisse oder zwischenmenschliche Beziehungen der Kinder mit Autismus darstellen.“ Sie weist hin auf geheimnisvolle farbige Zeichen, die von einem glücklichen Kind stammen, auf regelmäßige Strukturen, die Kinder mit Autismus brauchen. Aber auch Angst und Unsicherheit, die Familie als fester Halt und Wohlfühlgarant sowie besondere Hobbys der jungen Maler finden ihren Ausdruck. Im Fall von Jonathan ist es der Kater „Findus“.