1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Jessen
  6. >
  7. Neuerscheinung: Neuerscheinung: Rückblick aufs 20. Jahrhundert

Neuerscheinung Neuerscheinung: Rückblick aufs 20. Jahrhundert

Von Frank Grommisch 11.06.2004, 17:30

Düßnitz/MZ. - Hier, so lässt er seine Leser wissen, habe er eine glückliche Kindheit verlebt. "Den erweiterten Bereich der Heimat bildete das überschaubare Dorf Düßnitz mit seinen etwa 350 Einwohnern - jeder kannte jeden - mit den Feldern und Wiesen, den beiden Sandbergen am Ortsausgang nach Klöden, den beiden Dorfteichen mit ihren Fröschen und Fischen, an jedem Dorfende einer, und schließlich noch der Riß, der Verbindung zur Elbe hat, mit seinen Bibern seit ewigen Zeiten, und unsere Ziegelei, zur Kinderzeit noch erhalten, und das uralte Siedlungsgebiet aus der Bronzezeit gleich dahinter, das alles war Freiheit, Raum, Abenteuer, Geborgenheit und Sicherheit und kaum Pflichten, das war unser Kindsein." Der elterliche Hof in Düßnitz, "stets Dreh- und Angelpunkt der Familie, war Lebensinhalt, bedeutete Arbeit und Geborgenheit und für mich, der auszog in die Fremde, immer wieder Heimat".

Dass Werner Gratz Geschichte brennend interessiert, wissen bereits all jene, die sein Buch "Düßnitz und sein Umfeld - Geschichte & Geschichten" (erschienen im Jahre 2000) gelesen haben, und sie bekommen es in "Das 20. Jahrhundert" erneut bestätigt. Den größten Teil des mehr als 240 Seiten starken Buches nehmen die Erinnerungen des Autors an die Zeit des Krieges und die folgende Gefangenschaft. "Die Fahrt über die Memel führte durch das völlig ausgebrannte Tilsit nach Heydekrug im Memelland. Dort wurden wir in ein Barackenlager, in dem ehemals englische und amerikanische Flugzeugbesatzungen gefangen gehalten worden waren, untergebracht." Nach seiner Rückkehr wurde er, so berichtet Werner Gratz in dem Buch, aufs Bürgermeisteramt bestellt, "wo mir zwei Herren ein Angebot unterbreiten wollten. Es stellte sich heraus, dass es Offiziere der Volkspolizei in Zivil waren, die mich werben wollten und eine Offiziersausbildung in Aussicht stellten. Das war das Letzte, was ich gebrauchen konnte, und dass ich Großbauernsohn war, schien sie wenig zu stören, sie blieben beharrlich. Meiner konsequenten Ablehnung gegenüber, dass ich von acht Jahren Krieg und Gefangenschaft restlos bedient war, setzten sie nichts mehr entgegen."

Werner Gratz bemüht sich in dem Buch, seine Erlebnisse jeweils in den historischen Zusammenhang zu stellen. Dass dabei seine Sicht von der der Leser zuweilen abweichen wird, ist ihm durchaus bewusst. In seinem Vorwort schreibt er: "Das 20. Jahrhundert liegt hinter uns. Es war sicher das Bedeutendste der zivilisierten Menschheit. Der Zivilisationsprozess erhielt den größten Schub. Gleichzeitig ist die Menschheit durch Krieg und Zerstörung betroffen worden, wie niemals zuvor. Viele Ereignisse, große und kleine, spannende und unbedeutende, glückliche und unglückliche berichten darüber. In über 80 Jahren haben sie sich angehäuft. Sie waren wichtig und unwichtig, jeder erlebte sie anders, ich erlebte sie so!"

"Das 20. Jahrhundert - Erlebnisse eines Zeitzeugen" erschien im Projekte Verlag 188 Halle, ISBN: 3-937027-26-2