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Nach Brand am Jessener Markt Nach Brand am Jessener Markt: Der zweite Startschuss für Fotografin

Von Thomas Tominski 06.06.2019, 09:59
Fotografin Katrin Liedtke wagt nach dem Brand am Jessener Markt den zweiten Neuanfang.
Fotografin Katrin Liedtke wagt nach dem Brand am Jessener Markt den zweiten Neuanfang. Thomas Tominski

Jessen - „Ich bin dabei, die Brandnacht scheibchenweise zu verarbeiten“, meint Fotografin Katrin Liedtke, die selbst Wochen nach der Katastrophe am 4. Mai (die MZ berichtete) betont, dass es ihr nicht leichtgefallen sei, in das Studio am Markt zurückzukehren. Immer mit der Frage im Hinterkopf: Lohnt sich der ganze Aufwand überhaupt?

Die dreifache Familienmutter sieht den zweiten Neubeginn nach der Erstöffnung am 26. April auch als Chance, sich in der Region weiter zu etablieren. Sie will ihren Kunden beweisen, dass sie Durchhaltevermögen besitzt. „Aufgrund des Brandes ist viel Arbeit liegengeblieben“, sagt die 35-Jährige, die im Bundesstaat New Mexico (USA) Fotodesign studiert hat.

Nur ein blaues Auge

Katrin Liedtke hat es gelernt, im Notfall zu improvisieren. „Ich habe mehrere Aufträge im heimischen Wohnzimmer erledigt“, meint sie rückblickend und ist froh, dass ihre Kunden diesen Weg verständnisvoll mitgegangen sind. Im Endeffekt sei sie mit einem blauen Auge davongekommen. Bis auf Wasserflecken an der Wand habe das Studio keinen Schaden genommen.

Die 35-Jährige hat auch in ihrem Berufsleben einen zweiten Startschuss abgefeuert. Restaurantfachfrau und Familie passen irgendwann nicht mehr unter einen Hut, das Hobby Fotografie übernimmt die Pole Position. Liedtke verrät, dass sie sich von bekannten Fotografen Tricks abgeschaut und zunächst ohne Honorar gearbeitet hat.

Die Qualität ihrer Schnappschüsse sei damals noch nicht so gut gewesen, um dafür Geld zu verlangen. Das ist Geschichte. Nach dem Abschluss des Studiums folgt der Schritt in die Selbstständigkeit. Wer das Atelier am Jessener Markt betritt, merkt, dass die Chefin in puncto Einrichtung nichts dem Zufall überlassen hat.

„Meine Kunden sollen sich wohlfühlen.“ Die dreifache Familienmutter, die ursprünglich aus Dresden stammt, weiß, dass Kinder bei längeren Gesprächen schnell quengelig werden und hat extra eine Spielecke eingerichtet. Die Planung von Hochzeitsfotos braucht seine Zeit, denn „der Tag des Lebens“ soll umfangreich dokumentiert werden. „Ich sage den Paaren immer: Wir können alles passend stellen, doch die Emotionen müssen sie liefern.“

Bilder von Babys, Kindern oder Eheschließungen sind das Steckenpferd der 35-Jährigen, die es liebt, Menschen abzulichten. Wenn die Kleinen einen Schmollmund ziehen, ist das für Liedtke Belohnung pur.

Trotz guter Auftragslage, freundlicher Kunden und Rückzug an den Markt, geistert die Brandnacht weiter durch ihr Seelenleben. Sie habe sich wie eingangs erwähnt lange die Frage gestellt, ob es Sinn macht, einen weiteren Neuanfang zu wagen. Andererseits sei sie eine Frau, die aufrecht durchs Leben geht und die viel in die Verwirklichung ihres Traums investiert hat - finanziell und zeitlich.

Zudem haben ihr die Kunden direkt nach der Katastrophe mit Nachrichten oder Anrufen den Rücken gestärkt. „Das Telefon hat nicht still gestanden“, blickt sie auf diese ereignisreiche Zeit zurück. Geblieben ist die Erkenntnis, dass Kopf in den Sand stecken nichts bringt. Als Selbstständige ist die Fotografin bestrebt, über die Runden zu kommen. Ihr Mann Sascha unterstützt sie dabei.

Qualität ist Trumpf

Wenn die 35-Jährige die Vorzüge der aktuellen Kamera herausstreicht, spricht sie von ihrer Lieblingskamera. Sie habe klein angefangen, doch für den professionellen Einsatz genügt das Einstiegs-Equipment nicht mehr. Die Fotografin setzt auf Qualität und will nicht ständig an ihre Grenzen stoßen.

„Die liegt gut in der Hand“, sagt sie und bewegt diese dabei. Ein erneuter Auszug passt nicht in die Vorstellungswelt der Familienmutter aus Jessen. Sie ist angekommen und will endgültig aufs Gaspedal treten. (mz)

Der Brand am Marktplatz.
Der Brand am Marktplatz.
Jahn