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Kunstsommer Kunstsommer: Prettiner sehen sich mit Interesse Entwürfe für Freiluft-Galerie an

Von Ute Otto 01.10.2016, 08:00
Ellen Mäder-Gutz aus Vechta erklärt Annette und Klaus Behrens aus Prettin ihre Siebdrucke.
Ellen Mäder-Gutz aus Vechta erklärt Annette und Klaus Behrens aus Prettin ihre Siebdrucke. Otto

Prettin - Stimmengewirr angeregter Gespräche flirrt durch den ehemaligen Ballsaal der Lichtenburg in Prettin. Gut zwei Dutzend Einwohner haben die Einladung angenommen, sich anzusehen, welche Ideen die am Kunstsommer beteiligten Künstler im Verlauf der Woche entwickelt haben, um den historischen Stadtkern 2017 zu einer Freiluft-Galerie unter dem Thema „Starke Frauen der Reformation“ werden zu lassen.

Der Anfang ist wie berichtet schon gemacht mit dem Porträt der Elisabeth von Brandenburg auf dem Hoftor des Schlösschens in der Hohen Straße. Dessen Bewohner, Kunstdozent Peter Appelt, und sein Vermieter Bernd Guggenberger, Rektor der Lessing Hochschule Berlin, wollten damit Anstoß geben, sich umzuschauen, wo sich ihre Ideen umsetzen lassen. „Aber ein Porträt nach dem anderen an Hoftoren, das wäre langweilig“, sagt Appelt. Der Einsatz verschiedener Genres der bildenden Kunst an verschiedenen Objekten würde das Ganze lebendig machen.

Leere Fenster, graue Mauern

Ellen Mäder-Gutz hat am Anfang der Herrenstraße eine graue Mauer entdeckt, wie geschaffen für großformatige Siebdrucke von Frauensilhouetten, die hervortreten aus dem Schatten des Kreuzes. Nikolaus Petzel entwarf eine abstrakte Skulptur, mit der er an die Flucht der Elisabeth von Brandenburg nach Prettin erinnert.

Ein gebrochener Ring an der Achse ihres Wagens stehe für gelöste Fesseln, der offene Kreis, der den Kopf markiert, für die Freiheit des Geistes. „Ich sehe die Reformation als Befreiungsakt“, sagt der Künstler, der in Prettin wohnt. Unter den Kastanien an der Nordseite der Kirche wäre seiner Meinung nach ein guter Platz für seine Skulptur.

Christine Jaschinsky aus Potsdam hat scherenschnittartig das Profil einer kahlköpfigen Frau gemalt. „Die Nonnen, die aus den Klöstern kamen, waren alle kahlgeschoren“, erklärt sie, warum Bildnisse aus jener Zeit Katharina von Bora als Kopftuchträgerin zeigen.

Als gebürtige Wittenbergerin habe sie die Lutherin schon künstlerisch „hoch und runter“ bearbeitet, weshalb sie mit ihrem Vorschlag etwas vom Thema abweichen möchte: Im ausgehenden Mittelalter glaubten viele an Hausgeister, Fabelwesen wie auch Cranachs gefiederte Schlange eins war. Jaschinskys Wesen sind eine Mischung aus Mensch und Tier. „Die Bilder könnte man in die Fenster leerstehender Häuser bringen“, so die Künstlerin.

Dass es davon in Prettin viele gibt, hat auch die Wittenbergerin Ulrike Kirchner festgestellt, „und es hat mich erschreckt“. Sie würde aus Bildnissen von Luthers Zeitgenossinnen, die sie im Cranach-Jahr 2015 für das Wittenberger Arsenal gemalt hat, eine Collage für ein Schaufenster in Prettin machen.

„Mir gefällt zwar nicht alles, aber ich finde das Ganze an sich wunderbar“, sagt Annette Behrens bei ihrem Rundgang. „ Vor allem finde ich es gut, dass der Raum hier genutzt wird“, so die Prettinerin. Auch Bernhard Klepel ist beeindruckt: „Schön, dass etwas passiert“, sagt er. „Das Gesamtkunstwerk ist o.k.; noch schöner wäre es, wenn hier in die Räume wieder Leben einzieht.

Das bietet sich ja an.“ Gefragt, welcher Entwurf ihr am besten gefällt, möchte sich Ortsbürgermeisterin Helga Welz (parteilos) nicht festlegen. „Mir gefällt am meisten, dass alle Künstler im Lutherjahr Prettin aufwerten wollen“, sagt sie. „Wir sind hier nämlich auch Lutherstadt.“

Peter Appelt schwärmt erneut von der wunderbaren Arbeitsatmosphäre in der Lichtenburg. „Das Haus schreit danach, dass hier mehr herkommt.“ Dass Prettin zwischen Wittenberg und Torgau keine Beachtung finde, sei schade. „Hier hat Geschichte stattgefunden, das sollte mehr bekannt gemacht werden“, sagt er. „Tragen Sie das nach außen!“ Die Bitte von Annaburgs Bürgermeister Klaus-Rüdiger Neubauer (parteilos) richtet sich nicht nur an die Prettiner, sondern auch an die Künstler, denen er bescheinigt: „Es ist was geworden in nur acht Tagen!“

Große Pläne fürs Frühjahr 2017

„Wir haben ein kleines Pflänzchen gesetzt, das muss sich jetzt aus der Erdkrume hervorkämpfen“, sagt Guggenberger. Deshalb packen die Akteure zum Ende des Kunstsommers nicht einfach so ein. Ein Großteil der Entwürfe soll einige Zeit im Schloss bleiben, wer Interesse hat, sich das anzusehen, möge sich bei Helga Welz melden.

Erwogen wird, Mitte Oktober nochmals zu einem Tag der offenen Tür einzuladen. „Es wäre uns mehr als willkommen, wenn das hier bleiben könnte bis zum nächsten Frühjahr.“ Wie viele der Entwürfe dann umgesetzt werden, hängt nicht zuletzt davon ab, wo sich Eigentümer finden, die einem Kunstwerk auf ihrem Grund Platz einräumen. Zur Finanzierung wollen die Initiatoren mit einer Mappe auf Sponsorensuche gehen und dabei auch mit dem guten Image der Lessing-Hochschule werben. (mz)

Malerin Christine Jaschinsky aus Potsdam würde in Anlehnung an Cranachs Schlange Hausgeister in die Fenster leerstehender Häuser bringen.
Malerin Christine Jaschinsky aus Potsdam würde in Anlehnung an Cranachs Schlange Hausgeister in die Fenster leerstehender Häuser bringen.
Otto
Malerin Christine Jaschinsky aus Potsdam würde in Anlehnung an Cranachs Schlange Hausgeister in die Fenster leerstehender Häuser bringen.
Malerin Christine Jaschinsky aus Potsdam würde in Anlehnung an Cranachs Schlange Hausgeister in die Fenster leerstehender Häuser bringen.
Otto