1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Jessen
  6. >
  7. Kreis Wittenberg: Kreis Wittenberg: Wolf streift durch die Heide

Kreis Wittenberg Kreis Wittenberg: Wolf streift durch die Heide

Von KLAUS ADAM 16.11.2010, 18:32

ANNABURG/MZ. - Die einen, wie Naturfreund und "Wolfsbotschafter" des Naturschutzbundes (Nabu) Klaus Nehring aus Annaburg, erwarten ihn mit großer Neugierde. Anderen, Kleintierhaltern etwa, jagt der Gedanke an das Raubtier Schauer über den Rücken. Doch insgesamt und abseits der Märchenwelt à la Rotkäppchen herrschen nüchterne Gelassenheit und wissenschaftlicher Entdeckerdrang.

Ende Oktober gelang es Klaus-Peter Hurtig vom Bundesforstbetrieb in Züllsdorf, einen Wolf zu fotografieren. Schon einige Tage zuvor zeigte sich der Graupelz in einer Videosequenz, die ein Bundesförster ebenfalls in der Annaburger Heide filmte. Während einer Ansitzdrückjagd am 29. Oktober erschien der Wolf vor der Kanzel, auf der Klaus-Peter Hurtig saß.

"Es war so gegen 10.50 Uhr, also am helllichten Vormittag", beschreibt er die Situation. Anfangs hatte er allerdings "volles Gegenlicht", es war ein herrlicher Sonnentag, so dass das Foto misslang. "Doch ich hatte Glück, dass der Wolf mich da oben nicht sonderlich zur Kenntnis nahm. Ein paar Meter entfernt ist ein Wasserloch. Dorthin ging er saufen und setze sich dann etwa 70 Meter von mir entfernt hin. So konnte ich ihn recht gut fotografieren." Es sei ein relativ stark gezeichnetes Tier "mit einem rötlichen Schimmer im Fell und in den Grautönen nicht so stark ausgeprägt", wie Hurtig erkannte. Diese Beobachtung lässt ihn zu dem Schluss kommen, dass es sich womöglich um dasselbe Tier handelt, das sich bereits zwischen Mai und Dezember 2008 in der Annaburger Heide aufhielt. "Es ist ein erwachsener Wolf. Wir wissen nicht, warum er noch keine Partnerin gefunden hat", erklärt der für den Naturschutz im Bundesforstrevier Zuständige. Dafür, dass es ein Rüde ist, gibt es Beobachtungen, aber noch keine Beweise.

Da sich in der nächsten Zeit, wie Hurtig einschätzt, in der Lausitz eine ganze Reihe Wölfe von ihren Rudeln trennen werden, um eigene Familien zu gründen, werde auch der "Annaburger" demnächst durchaus einen Partner finden können. Dass dies bei Tieren nicht unbedingt einfacher sein muss als bei Menschen, räumt er in diesem Zusammenhang mit leichtem Augenzwinkern ein. Über die Losung, also den Kot, möchten die Artenschützer gerne die genetische Abstammung des Annaburger Wolfes klären, "doch die Losung, die wir fanden, war jeweils schon zu alt. Für die Genbestimmung muss sie ganz frisch sein", erläutert Hurtig.

Ein Wolf, so erinnert Martin Trost an wissenschaftliche Erkenntnisse, kann in einer Nacht zwischen 50 und 80 Kilometer zurücklegen, in Einzelfällen sogar mehr. Das bedeutet, sein Revier, das er regelmäßig durchstreift, kann eine Größe von 300 Quadratkilometern einnehmen. So dass der Wolf in der Annaburger Heide durchaus ein Grenzgänger im Dreiländereck sein wird. Das Landesumweltamt hat in Zusammenarbeit mit dem Bundesforst inzwischen Fotofallen installiert. "Die reagieren auf Wärme und Bewegung", erläutert Trost. Gerade in diese Fallen sei der "Annaburger" Wolf jedoch noch nicht getappt.

Der Annaburger Klaus Nehring vom Nabu setzt sich dafür ein, in der Bevölkerung mögliche Ängste vor dem Wolf abzubauen. "Wir müssen mit den Kleintierhaltern sprechen und ihnen sagen, wie sie sich schützen können."