Kreis Wittenberg Kreis Wittenberg: Von Linda nach St. Petersburg
LINDA/MZ. - "Bei der immer schneller voranschreitenden Globalisierung bin ich bemüht, mit meinem Unternehmen in Deutschland zu bleiben und es nachhaltig zu stärken." Dieter Sachse, geschäftsführender Gesellschafter der Preuss Metallverarbeitung GmbH in Linda, nutzte die Fertigstellung einer großen Gummi-Kühlstrecke im Auftrag der zur Krauss-Maffei-Gruppe gehörenden Berstorff GmbH mit Hauptsitz in Hannover, um eine Lanze für den Wirtschaftsstandort Deutschland zu brechen.
"Viele Unternehmen, vor allem aus der Metallbranche, verlagern ihre Produktion in ,Billiglohnländer', um weiterhin wettbewerbsfähig zu bleiben." Diesen Trend beobachte er mit großer Sorge, sagte der Diplom-Ingenieur für Werkstofftechnik, der seit gut fünf Jahren an der Spitze der Preuss (nach dem Gründer Rudolf Preuss) Metallverarbeitung GmbH steht. Denn er befürchte, dass diese, salopp gesagt, Flucht ab einem bestimmten Punkt ansteckend wirke. "Werden einmal strategische Knoten der Wertschöpfungskette herausgebrochen und ins Ausland verlagert, dann breitet sich die Abwanderung schnell über alle Bereiche aus." Ihm sei hingegen wichtig, daran mitzuwirken, "dass die gewachsenen Netzwerke der Metallindustrie in Deutschland, um die uns die ganze Welt beneidet, keine Risse bekommen". Die räumliche Nähe zwischen Finalisten und Lieferanten spiele trotz aller modernen Kommunikationssysteme immer noch eine wichtige Rolle im Innovationsprozess. "Auf die daraus erwachsenden Synergien können wir langfristig nicht verzichten."
Mit Freude verwies Dieter Sachse daher auf die über Jahre gewachsene Zusammenarbeit mit der Firma Berstorff, die weltweit zu den führenden Anbietern von Maschinen und Anlagen für das Herstellen und Verarbeiten von Kunststoffen und Kautschuk zählt. Als jüngstes Kind dieser Kooperation konnte - was in Linda für eine kleine Feier genutzt wurde - die Fertigstellung besagter Sprühkühlstrecke für Gummi (vor dessen Weiterverarbeitung) verkündet werden. Endabnehmer der Maschine ist das finnische Unternehmen Nokian, größter Reifenhersteller in Skandinavien. Von der Preuss Metallverarbeitung ging das 32-Meter-Teil direkt an den Produktionsstandort St. Petersburg in Russland.
Nur drei Monate lagen zwischen der Auftragserteilung und der Auslieferung. Die Aufgabenstellung bestand darin, eine Anlage zu konstruieren, in der über vier Etagen ein Endlosband läuft und Gummiteile an Düsen vorbeiführt, die mittels Wasser für Kühlung sorgen. Der Vorgang läuft im Dunkeln ab, um das Algenwachstum in der Maschine zu minimieren. Deshalb ist die Kühlstrecke komplett verkleidet, im oberen Bereich mit Metallplatten, unten mit Planen.
Rund 800 Arbeitsstunden wurden in das Vorhaben mit einem Finanzvolumen von 340 000 Euro investiert. Die Projektleitung lag bei Christian Sachse, Sohn des Geschäftsführers. Als Vorplanerin war Kathleen Witzke federführend beteiligt, und Sebastian Schneider, der im Rahmen seines Studiums in Magdeburg ein Praktikum in dem Lindaer Betrieb absolvierte, habe sich über vier Wochen ebenfalls in anerkennenswerter Weise in das Projekt hineingekniet, hieß es bei der Übergabe der in ihrer Länge hallenfüllenden Anlage.
Auf diesem Sektor, so Dieter Sachse, möchte die Preuss Metallverarbeitung gern weiter tätig sein. Die nächste Strecke werde anders als die eben vollendete eine Wannenkühlung. Und man habe sich um fünf Folgeprojekte beworben. Insgesamt sei der Anteil der in Linda für die Berstorff GmbH gefertigten Bestellungen seit 2006, als die fruchtbare Zusammenarbeit begann, auf einen Anteil von gut 16 Prozent gestiegen.
"Die Preuss Metallbau GmbH hat sich schrittweise von einem Lohnfertiger zu einem Systemfertiger entwickelt", schätzte Dieter Sachse ein. Doch er sei in seinen bisherigen gut fünf Jahren als Firmenchef sowohl mit Höhen als auch mit Tiefen konfrontiert worden. Die erste Zeit, bis zum Sommer 2008, bezeichnete er als wirtschaftliche Hochphase. Dann sei es abwärts gegangen, die Krise habe Einbußen bis zu 30 Prozent beschert. Man habe das Instrument der Kurzarbeit nutzen müssen und befristete Arbeitsverträge nicht verlängert, um das Stammpersonal von 175 Leuten halten zu können.
Zu den Plänen für die nähere Zukunft war zu erfahren, dass die Preuss Metallverarbeitung gerade eine Großinvestition zu laufen habe, an der auch neue Arbeitsplätze hängen: einen weiteren Hallenbau und die Anschaffung einer modernen Laseranlage. Als Einweihungsdatum nannte Dieter Sachse verbindlich den 19. August.