1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Jessen
  6. >
  7. Kleingärten in der Region Jessen: Kleingärten in der Region Jessen: Laubenpieper atmen auf

Kleingärten in der Region Jessen Kleingärten in der Region Jessen: Laubenpieper atmen auf

Von Klaus Adam 10.04.2015, 20:11
Nico Hatnik, Niko Pliska (vorn) sowie Philipp Kuschnureit und Steffen Gebele haben in der Anlage „Am Eichenhain“ die Gartensaison eröffnet. Sie müssen nicht fürchten, ihr Freizeitdomizil zu verlieren.
Nico Hatnik, Niko Pliska (vorn) sowie Philipp Kuschnureit und Steffen Gebele haben in der Anlage „Am Eichenhain“ die Gartensaison eröffnet. Sie müssen nicht fürchten, ihr Freizeitdomizil zu verlieren. Thomas Christel Lizenz

Jessen - Ein Begriff sorgt derzeit für Unsicherheit und Verwirrung bei all jenen, die einen Garten oder ein Häuschen auf Pacht- oder Mietland zu stehen haben: „Schonfrist für Datschen“. Genau die soll nämlich zum 3. Oktober auslaufen. Und das tut sie nun tatsächlich, wie der Bundestag unlängst entgegen einem Antrag aus dem Bundesrat beschloss. Doch wen betrifft dies oder anders gefragt, was bedeutet der sperrige Titel „Schuldrechtsanpassungsgesetz“ für die Datschen- und Laubenbesitzer?

Kleingartenvereine außen vor

„Wir sind da außen vor, uns betrifft das gar nicht“, antwortet Sabine Szczegula, die Vorsitzende des Kreisverbandes der Gartenfreunde, ganz bestimmt. Mitglieder von Kleingartensparten können sich also beruhigt zurücklehnen. In aller Regel dürften Kündigungsbegehren der Flächeneigentümer am Bundeskleingartengesetz scheitern. Weder Kündigungen der Nutzungsverträge noch Erhöhungen des Pachtzinses müssen sie erwarten. „Sofern sich alle in der Kleingartensparte an die vom Gesetz vorgegebenen Regeln halten“, bekräftigt Sabine Szczegula.

Die beinhalten, dass Kleingärten nicht erwerbsmäßig genutzt werden, sondern insbesondere zum Anbau von landwirtschaftlichen Produkten (Obst, Gemüse) für den Eigenbedarf. Auch der Erholung sollen sie dienen. Als üblicher Maßstab gilt eine Drittelung der Gartenfläche, zwischen Obst- und Gemüseanbau, Zierfläche und Platzbedarf zur Erholung.

Für die Kleingartenvereine, die schon zu DDR-Zeiten bestanden, und das sind wohl die meisten in Ostdeutschland, ist der Paragraph 20a des Bundeskleingartengesetzes entscheidend. Denn der regelt die Überleitung der früheren Strukturen in den Geltungsbereich des Bundesgesetzes. Bekanntlich waren die Kleingartensparten der DDR im Verband der Kleingärtner, Siedler und Kleintierzüchter (VKSK) vereinigt. Der machte ab 1952 eine recht wechselvolle Entwicklung durch. Erst 1976 rückte die SED das Kleingartenwesen mehr ins Blickfeld. Es wurde seitdem gesellschaftlich höher anerkannt und auch gefördert. Im Jahr 1988, also kurz vor der politischen Wende, zählte der VKSK rund 1,5 Millionen Mitglieder. Zum Ende 1990 löste er sich auf.  (Quelle: Wikipedia)

Acht Gartensparten und -vereine aus der Jessener Region haben sich unter das Dach des Verbandes der Gartenfreunde begeben. Das sind, zählt Sabine Szczegula auf, „Am Himmelsberg“, „Waldeck“, „Am Eichenhain“ (wo sie selbst ihren Garten hat), „Am Wäldchen“, „Erholung“, „Gorrenberg“, „Sonneneck“, „Am Elsterdamm“ und „Am Jahnhaus“. „In und um Jessen gibt es aber noch mehr Vereine, die nicht zu uns gehören“, erläutert die Jessenerin. Sich an die Gepflogenheiten der Kleingartenvereine zu halten, zu denen auch gehört, dass es keinen festen Wasser- und Abwasseranschluss geben darf, ist für sie eine Überlebenschance. Über die die Vorstände gerade deshalb gewissenhaft wachen.

Denn dahinter steckt nicht nur die Frage des Kündigungsschutzes sondern auch die des Pachtzinses. Der darf laut Gesetz das Vierfache der ortsüblichen Pacht für Flächen des Obst- und Gemüseanbaus nicht überschreiten. „Und das sind in Jessen 0,03 Cent pro Quadratmeter“, erläutert die Kreisverbandschefin. „In Wittenberg sind es seit Jahresbeginn 0,0452 Cent.“

„Der Landkreis Wittenberg ist sehr groß“, erinnert Sabine Szczegula, „wir haben insgesamt 118 verschiedene Eigentümer der von unseren Vereinen und Sparten bewirtschafteten Flächen. Darunter sind 94 Private. Doch sie stellen zwar zahlenmäßig den größeren Anteil dar, die größte Fläche, die unseren Vereinen zur Verfügung steht, gehört den Gemeinden.“ Von der Bodenwertzahl her „sind unsere Flächen aber ganz unten angesiedelt“.

Kündigungswelle nicht zu erwarten

Auslaufen wird der seit dem Beitritt der DDR zum bundesdeutschen Grundgesetz geltende Bestandsschutz am 3. Oktober für solche gemieteten oder gepachteten Grundstücke, die nicht nach den Forderungen des Kleingartengesetzes genutzt werden. Also etwa als reine Erholungsgärten oder auf denen Lauben stehen, die deutlich größer als 24 Quadratmeter Grundfläche einschließlich Freisitz sind. Doch deren Pächter haben in der Regel schon bisher deutlich mehr Pacht gezahlt als die Mitglieder von Kleingartensparten. Dennoch glaubt man auch beim Verband Deutscher Grundstücksnutzer nicht, dass über sie die große Kündigungswelle rollt. „In den meisten Fällen wird die Weiterführung des Pachtverhältnisses mit dem bisherigen Nutzer für den Grundstückseigentümer die finanziell günstigste Variante sein. Und ein automatisches Ende der Verträge, wie es manche befürchten, sieht das Schuldrechtsanpassungsgesetz schlicht und einfach nicht vor.“ So ist es auf der Internetseite des Interessenvertreters der Pächter zu lesen (www.vdgn.de). (mz)