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Jungweinprobe Jungweinprobe: Überraschende Vielfalt in Schlieben

Von Gabi Zahn 22.05.2013, 07:50
Weinprominenz aus drei Bundesländern lässt sich zur Brandenburger Jungweinprobe den neuen Jahrgang munden und fachsimpelt unterm Kirschblütenbaum: Gastgeberin Moie Sarah Klinkmüller, Weinprinzessin Daniela Undeutsch (Saale-Unstrut), Baumblütenkönigin Claudia Bremer, Dr. Manfred Lindicke (beide Werder), Weinprinzessin Christin Lustik, Dr. Bernd Kastler (beide Sachsen), Winzer Ingo Hanke (Jessen, Sachsen-Anhalt).
Weinprominenz aus drei Bundesländern lässt sich zur Brandenburger Jungweinprobe den neuen Jahrgang munden und fachsimpelt unterm Kirschblütenbaum: Gastgeberin Moie Sarah Klinkmüller, Weinprinzessin Daniela Undeutsch (Saale-Unstrut), Baumblütenkönigin Claudia Bremer, Dr. Manfred Lindicke (beide Werder), Weinprinzessin Christin Lustik, Dr. Bernd Kastler (beide Sachsen), Winzer Ingo Hanke (Jessen, Sachsen-Anhalt). Gabi Zahn Lizenz

Schlieben/Jessen/MZ - Ohne Zweifel ist das Nachbarland Brandenburg für seinen Weinanbau längst nicht so bekannt wie für die Spargel- und Gurkenspezialitäten. Nach der 14. Brandenburger Jungweinprobe, die ein 170-köpfiges fachkundiges Publikum nach Schlieben (Mitglied im Städtebund „Elbe-Elsteraue“, dem auch Annaburg und Jessen angehören) lockt, gibt es jedoch keinen Zweifel mehr, dass der Rebensaft auf der Gourmet-Hitliste des Landes aufholt.

Mehrere Neuheiten

In der Mitte der langen Tafel stehen im rustikalen „Schafstall“ des altehrwürdigen Drandorfhofes lediglich die leeren Weinkühler, als Anette Engel vom Schliebener Weinbauverein die Gäste begrüßt. Die Begeisterung gilt noch nicht den edlen Tropfen, sondern zunächst vier Hoheiten: den Weinprinzessinnen Christin Lustik (Sachsen) und Daniela Undeutsch (Zeitz, Saale-Unstrut), der Werderaner Baumblütenkönigin Claudia Bremer und Schliebens Moie Sarah Klinkmüller. Anette Engel hat allen Grund, auf einige Besonderheiten dieser Jungweinprobe hinzuweisen. „Wir Schliebener begehen in diesem Jahr unser 20. Vereinsjubiläum, und der Gubener Weinbauverein besteht im Dezember zehn Jahre. Manfred Lindicke aus Werder stellt diesmal den ersten Wein aus der eigenen Kelterei vor. Ebenso präsentiert die Wolkenberg GmbH den ersten Rebensaft vom Weinberg in Welzow-Süd, ein Braunkohlen-Rekultivierungsgebiet von Vattenfall.“ Das Fachpublikum kommt außerdem in den Genuss, mit dem „Bronner, trocken“ einen Jungfernwein zu verkosten, der von Rico Leonhardt aus Bad Liebenwerda angestellt wird, der erste Jahrgang des Jungwinzers.

Insgesamt sind es 32 Weine – 19 Weiß-, sechs Rosé- und sieben Rotweine des Jahrgangs 2012, beim Rotwein 2010 und 2011. So viele wie nie zuvor. Das sei ein Zeichen für Vielfalt, ein Garant für Hochgenuss und Lebensfreude in Brandenburg, schlussfolgert Albrecht Gerber, Chef der Brandenburger Staatskanzlei. Die Winzer freuen sich über diese Anerkennung, denn sie wissen, welche große Mühe sie und die Kellermeister aufwenden. Dann widmen sich alle, neugierig auf die Aromenvielfalt, dem praktischen Teil. Dieser verlangt Disziplin. Nur wer zwei, höchstens drei Schlucke von einer Sorte probiert, zwischendurch am Weißbrot knabbert und eine Pause am Büfett einlegt, schafft es, alle Weine zu verkosten. „Das ist selbst für einen Winzer schwierig“, gesteht Heike Schurig aus Lausitz.

Mit Gert Hauwärter haben die Brandenburger sogar einen Winzer aus dem schwäbischen Plochingen unter sich. „Ich bin zufällig in der Nähe zu Besuch und habe in der Zeitung von diesem Ereignis gelesen. Da musste ich dabei sein. Meine Weinnase riecht, wo es gute Tropfen gibt“, frohlockt er – und prostet Wilfried Olzog, dem Kellermeister vom Gubener Weinbauverein aus Grano zu, dessen „Acolon, trocken“, er gerade probiert. „Ein sehr feiner Tropfen“, lobt er. Manfred Lindicke aus Werder berichtet von ersten Erfahrungen mit der hauseigenen Kelterei. „Auch wenn die Investition immens war, ich bereue die Entscheidung nicht, obwohl es noch eine finanzielle Gratwanderung ist. Der Wein ist klasse, doch uns fehlte witterungsbedingt oft die Menge.“ Zurzeit ständen die Reben gut. Mit acht Sorten hat Lindicke die meisten Weine angestellt.

Langjährige Kontakte

Der „Velvet Cuvée“ mundet Ingo Hanke vom Weingut in Jessen, das mit den Schliebenern gute Kontakte pflegt. Die Gastgeber punkten wohl am meisten mit ihrem „Bacchus, trocken“ und dem „Schieler, halbtrocken“. Anette Engel zeigt sich „höchst überrascht“ vom ersten Wein der Wolkenberg GmbH. Sabine Zachau vom Netzwerk Weinanbau freut sich, dass Brandenburger Winzer mutig sind, das Land „wie eine Experimentierstube nutzen“. Bernd Kastler, Vorsitzender vom Weinbauverband Sachsen, ist überzeugt, dass es Potenzial gibt, so dass Rebensaft-Kenner künftig öfter ins Brandenburgische blicken. Allgemeiner Tenor: Keiner der angestellten Weine weist grobe Fehler auf. Manche sind ausbaufähig, einzelne sogar schon im Gefolge der Spitzenklasse.