Jessen Jessen: «De Randfichten» im Schützenhaus
Jessen/MZ. - Allerdings müssen sie am Sonntag bis fast zum Konzertende auf den Kulthit der Erzgebirgler warten.
Das fällt aber niemandem schwer, denn Rups - Frontmann Thomas Unger, Michl - Michael Rostig, und Lauti - Thomas Lauterbach, sind sofort mit den Jessenern auf "du und du". So ruft Rups, kaum auf der Bühne: "Ihr Leit, es schneit draußen wie Sau. Schee, dass ihr trotzdem hier seid" - Vielstimmiges Lachen. Das wird noch glucksender, als er weiter plaudert: Während der Fahrt habe die Band gestaunt, wie gern man hierzulande Schnee schippt: "Da woarn kaum drei Zentimeter gefallen, da hoam alle geschippt - vom Bub bis hin zur Omma. - Ihr Leit, das lohnt doch nicht! Da würde sich bei uns im Arzgebirg niemand dran stören." - Bald darauf vereint der Schneewalzer das Publikum zu einer Mega-Schunkelrunde.
Dass Rups, Michl und Lauti genügend Kraft und Ausdauer für die große Show auf der kleinen Bühne haben, verdanken sie übrigens dem "Riesenschnitzel" aus der Schützenhausküche. Als musikalischen Nachschlag servieren sie "Griene Kließ un Schwammebrie". Darauf haben insbesondere Michael Klaus und Nicole Strauß aus Jüterbog in der zweiten Zuschauerreihe gewartet. Vater und Tochter holen hölzerne Riesengabeln mit aufgespießtem Gummi-Kloß heraus und schwenken die Relikte kopfüber. Beide haben die volkstümlichen Nationalhelden aus dem Erzgebirge schon viele Male erlebt, unter anderem beim Fantreffen in Johanngeorgenstadt.
Ottmar Jänichen aus Gerbisbach sitzt einige Reihen weiter hinten - "dennoch mit bestem Blick", wie er bekundet. Sein Ticket hat er von Jutta Heymann zum 60. Geburtstag bekommen. Sie genießt nun mit ihm dieses Geschenk, und Jänichen gesteht: "Früher haben wir die Kinks im Radio gehört und bekamen nicht genug von der ,Lola'. Damals durften wir nie live dorthin. Heute haben wir dafür ,De Randfichten' direkt vor uns." Für Loni Freiwald und ihren Mann ist es "das schönste Nikolaus-Geschenk unserer Enkel, das wir je hatten".
Weiter geht es mit dem Schneeschuhfahrermarsch: "Wenn's draußen wieder schneit, da hammr unsre Freid." Und obwohl die Jessener nicht alle des Dialekts mächtig sind, marschieren sie summend mit. Was akustisch nicht verstanden wird, verrät die Körpersprache der drei Vollblutmusiker, denen es im weißen Hemd, kniekurzen engen Lederhosen und dicken roten Strümpfen mächtig warm wird.
Während sie ihr Marken-Outfit in beiden Konzerthälften am Körper belassen, wechseln hin und wieder die Kopfbedeckungen: von barhäuptig über Holzfällermütze bis hin zum "Holzmiguel Sombrero". Michl hat die Weihnachtsvariante mitgebracht - eine rote Zipfelmütze thront oben auf der Spitze. Auf diese Weise nehmen "De Randfichten" ihr Jessener Publikum mit "übern großen Deich." Nach "Hastalavista, Mexico und Pina Colada" geht es mit der "kleinen Fliege" wieder nach Hause, wo der Duft des "Raachermannels" lockt und "Mei schiener Schwibbugn" das Fenster erleuchtet. - Nicht nur die Musiker, sondern auch Bühnentechniker Wolfgang Lüßner und seine Truppe machen tolle Arbeit. Zu jedem Titel zaubern sie fantastische Lichteffekte. Sodann erfährt auch jeder, was "Neinerlaa", das typische Heiligobndgericht ist.
"Es besteht aus neunerlei Speisen, unter anderem aus Fisch, Rüben, Linsen und Stehwurzelsalat." - "Also Sellerie", schiebt der Frontmann nach. Das Trio schlägt nun ruhigere Töne an. "Se würd su gern in de Hamit bleibn", singt Rups fast melancholisch. "Doch stattdessen sind tausende Menschen unterwegs in die Ferne, weil es zu Hause keine Arbeit gibt", schiebt er nach. Nach einem romantischen winterlichen Liederreigen zelebriert die Band das "Heiligobndlied", allerdings nicht mit den angekündigten 156 Strophen, sondern höchstens mit zehn. Dann wird's Zeit für den "Holzmichl". Als Rups, Michl und Lauti "Glück auf, Glück auf" anstimmen, singen alle im Saal das Traditionslied der Bergleute mit. Zu guter Letzt gibt es "Stille Nacht, heilige Nacht".