Förderverein "Porzellaneum Annaburg" e.V. Förderverein "Porzellaneum Annaburg" e.V.: Aus dem Scherbenhaufen des Porzellanwerkes

Annaburg - Ein Neuanfang ist nach dem bitteren Ende des Annaburger Porzellanwerkes gemacht: Am Abend des 21. Oktober hat sich der Förderverein „Porzellaneum Annaburg“ e.V. mit vorerst neun Mitgliedern gegründet. Ziel ist die Bewahrung der Industriegeschichte des Betriebes als wichtiges Kulturgut Sachsen-Anhalts. Das zuletzt einzige Porzellanwerk des Landes hat über 141 Jahre das Leben Tausender Menschen geprägt, bis es Ende Juli 2015 mit zuletzt 60 Arbeitskräften insolvent ging.
„Die Erinnerung an diese Tradition und das Wissen, das darin steckt, dürfen nicht verloren gehen“, sagt Petra Noack. Die langjährige kaufmännische Mitarbeiterin wurde zur Vereinsvorsitzenden gewählt, Stellvertreter ist Jürgen Dannenberg – nicht als Landrat, sondern als Annaburger Bürger und Privatperson, wie er klarstellt. Als Schatzmeister fungiert Hans-Joachim Bittermann. Von 1970 bis 1990 war er Betriebsschlosser im Werk. „Es tut sehr weh, was in den zurückliegenden Wochen passiert ist. Doch jetzt habe ich wieder Hoffnung, dass nicht alles zerbricht, was uns wichtig ist.“ So begründet er sein Engagement.
16 Interessierte dabei
Mittwochabend im Porzellan-Café: Erwartungsvoll, gut vorbereitet, teils schon mit konkreten Ideen im Kopf kommen 16 Menschen zum Termin. Allen ist klar, worum es geht. In der Mitte ihrer breiten Tafel leuchten Kerzen. Sie verdichten die hoffnungsvoll-feierliche Stimmung, die alle vereint. Bürgermeister Klaus-Rüdiger Neubauer (parteilos) bringt das Anliegen auf den Punkt: „Unsere Idee ist, einen Förderverein zu gründen, um als unabhängige juristische Person im Interesse der Sache handlungsfähig zu sein.“ Gut vorgearbeitet hat die Stadt bereits: Nach „konstruktiver Verständigung mit Firmeninhaber Peter Ploss und Insolvenzverwalter Prof. Dr. Lucas Flöther“ (O-Ton Neubauer) hatte die Kommune wichtige Ausstellungsgegenstände und Vitrinen des Museums kaufen können und sie damit vor der Versteigerung gesichert. Diese Reliquien und der mit jeder Wortmeldung spürbare Wille, Verantwortung zu übernehmen oder als Unterstützer zu wirken, werden im Laufe der nächsten zwei Stunden zum Grundstock des Fördervereins. „Unser wichtigstes Ziel ist es jetzt, das Gebäude aus der Insolvenzmasse herauszubekommen“, verdeutlicht Petra Noack.
Verständnis erfährt Versammlungsleiter Klaus-Rüdiger Neubauer für seine Position, nicht als Bürgermeister, sondern als Privatperson im Verein zu wirken. Auch Jürgen Dannenberg votiert in diese Richtung: „Das Porzellanwerk gehört zu Annaburg, ich bin als Bürger dieser Stadt hier, nicht als Landrat. Jetzt gilt es, aus der Situation das Beste für Annaburg und die Region zu retten.“ Als Verein, so verdeutlicht er, habe man gute Chancen, könne öffentlich agieren und Fördermittel beantragen.
Sichtlich bewegt bekundet Peter Ploss: „Das Porzellan-Café, das Museum und der Werksverkauf waren meine ureigene Idee. Ich wollte nicht nur produzieren, sondern Touristen hierher holen und ein außergewöhnliches Museum installieren. Leider hat es nicht in dem Maße funktioniert, wie ich es mir vorgestellt habe. Die Gründe für die Insolvenz sind vielschichtig. Momentan bin ich noch nicht in der Lage, sie alle aufzuführen“, bekennt er. Ihm liege nun sehr am Herzen, das Gebäude mit seinem Erlebnisbereich in seiner Funktion zu erhalten und es entsprechend weiter zu nutzen. „Dafür stehe ich mit meinem ganzen Wissen und Können zur Verfügung. Selbst, wenn ich nicht mehr in Annaburg wohne“, versichert Ploss.
Schon bald wird klar: Die Initiatoren wollen mehr als „nur“ ein Museum installieren. Sie einigen sich auf die Bezeichnung: „Porzellaneum Annaburg“. Die Einrichtung soll laut Satzung nicht nur zur Besichtigung, sondern auch zum (Mit-)Machen anregen und Wissen vermitteln, etwa bei Projekttagen von Schülern oder anderen Besuchergruppen. Wolfgang Donath, Vorsitzender des Vereins für Heimatgeschichte und Denkmalpflege Annaburg, stimmt sofort zu: „Die Vitrinen und Überbleibsel des Werkes in einen Museumsraum im Schloss zu integrieren, wäre eine schlechte Lösung gewesen. Wenn hier vor Ort etwas Zukunftsorientiertes aufgebaut werden kann, bin ich mit dabei.“
Unterstützung signalisiert
Das liegt auch Günter Gottwald vom gleichnamigen Jessener Autohaus am Herzen: „Wir stehen dem Verein zur Seite, weil wir Annaburger Bürger in der Firma beschäftigen und weil das ,Porzellaneum’ die Region bereichern wird.“ Jürgen Dannenberg verheißt: „Wir werden an vielen Türen klappern, manche werden auch verschlossen bleiben, aber davon lassen wir uns nicht abschrecken.“ Roland Höhne, Inhaber der Edeka-Märkte in Jessen und Annaburg, signalisiert schon während der Beratung seine Unterstützung, ebenso Katrin Lehmann im Auftrag der Volksbank Elsterland e.G.; von der Sparkasse Wittenberg gebe es ebenfalls eine positive Resonanz, ist zu erfahren. Klaus-Rüdiger Neubauer bekräftigt: „Jetzt liegt es an uns, für den Förderverein zu agieren, so dass sowohl die regionale, als auch die landesweite Bedeutung des ,Porzellaneums Annaburg’ deutlich wird. Wer bei uns mitmachen möchte, ist jederzeit willkommen.“ (mz)
