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Elsterland Milchliefergenossenschaft Elsterland Milchliefergenossenschaft: Milchpreis bleibt heißes Thema

Von Detlef Mayer 19.04.2013, 16:44
Bei der Probenentnahme in der Jessener Käserei steht hier Thilo Matthes an einem Fertiger zur Herstellung des beliebten Mozzarellas.
Bei der Probenentnahme in der Jessener Käserei steht hier Thilo Matthes an einem Fertiger zur Herstellung des beliebten Mozzarellas. Thomas Christel Lizenz

Jessen/MZ - Die Gerüchteküche kocht schneller, als sich die Milchlieferanten der Jessener Molkerei/Käserei treffen können, um sie richtig zu stellen. So nutzte Richard Obermaier die Generalversammlung der Elsterland Milchliefergenossenschaft am Mittwoch, um deutlich zu machen, dass er nicht abdanke, sondern Geschäftsführer und damit als „Schnittstelle zwischen Genossenschaft und Bayerischer Milchindustrie (BMI) in Jessen“ erhalten bleibe.

Bereits lange Partnerschaft

Die hiesige Molkerei/Käserei - aktuell 149 Beschäftigte - gehört seit 2010 vollends zur BMI, bis dahin wurde sie auf Pachtbasis von ihr bewirtschaftet. Schon viele Jahre betreibt die in Landshut ansässige BMI hingegen die Milchpulverherstellung am Jessener Standort selbst. Die Elsterland Milchliefergenossenschaft ist heute der zweitgrößten Gesellschafter der BMI. Die Milch der in ihr zusammengefassten Erzeuger wird zu 100 Prozent in Jessen verarbeitet.

Richard Obermaier mutmaßte, dass die Gerüchteküche da etwas durcheinander gebracht und aus der Einstellung eines neuen Werksleiters für die Elsterland-Käserei seinen Weggang geschlussfolgert habe. Was wie gesagt nicht zutrifft, am Mittwoch aber Gelegenheit bot, besagten Werksleiter, Jochen Müller, offiziell vorzustellen: Der 48-Jährige stammt aus Meerane (Sachsen), ist Diplom-Ingenieur für Lebensmitteltechnik und war vorher für die Sachsenmilch AG in Dresden tätig. Jochen Müller, seit 1. Januar 2013 in Jessen, spielt sogar mit dem Gedanken, seinen Lebensmittelpunkt in die Region zu verlagern.

Ernüchternder Milcherlös

Ansonsten dominierten bei der Generalversammlung Zahlen sowie einige Ausführungen zur Situation auf dem Milchsektor allgemein, bei der BMI im Besonderen und zu absehbaren Perspektiven. Die für alle Milcherzeuger wichtigste Größe, den durchschnittlichen Auszahlungspreis, benannte Richard Obermaier für 2012 mit 31,87 Cent je Kilogramm Milch (bei vier Prozent Fett und 3,4 Prozent Eiweiß). „Hinzu kommt noch eine moderate Nachzahlung. Deren Höhe kann noch nicht beziffert werden.“

Beifallsstürme löste diese bei den Milcherzeugern ja bestens bekannte Lage nicht aus, auch wenn Jessen damit laut Richard Obermaier noch einige Hundertstel über dem Deutschen Schnitt liege. Im Gegenteil: In der Diskussion wurde aus der Runde der Landwirte - von 71 Liefergenossenschaftsmitgliedern waren 42 anwesend - auf die Preisforderung des Bundesverbands Deutscher Milchviehhalter (BDM) von 50 Cent je Kilo hingewiesen und klar gesagt, dass unter 35 Cent für die Milchbauern eigentlich nichts gehe.

Peter Hartmann, Sprecher des BMI-Vorstands, konnte in dieser Hinsicht allerdings keine Zusage machen. Vielmehr verdeutlichte er, dass der Preis nachfrageabhängig bleibe, und bot zur Orientierung monatliche Vorschauszenarien an. Die Tendenz für 2013 bezeichnete er jedoch als positiv, die 35 Cent zu erreichen, sei da nicht ganz unrealistisch. Kurt Beck als Aufsichtsratsvorsitzender der BMI nannte sogar 40 Cent als mittelfristige Orientierungsmarke. „50 Cent sind aber Utopie.“

Geringe Löhne beklagt

Mit dem Erlös für die Milch zusammenhängend gab es seitens der Milcherzeuger auch kritische Worte für die Lohnstruktur, die sich die Landwirtschaft leisten könne. Bei den Milchbauern liege der Stundenlohn im Schnitt bei 8,50 Euro, kein Wunder also, wenn der Landwirtschaft die Fachleute fehlten. Besonders deutlich wurde die Diskrepanz, als Peter Hartmann auf Nachfrage aus dem Auditorium einräumen musste, dass in der Milchindustrie 13 Euro Stundenlohn gezahlt werden. „Wegen des erforderlichen Fachpersonals“, wie es hieß. Die provokative Folgefrage aus der Versammlung lautete: „Wie lange kann ich mir als Milchbauer diese Molkerei leisten?“

Die BMI-Verantwortlichen gehen davon aus, dass dies sehr lange der Fall sein wird. Denn Peter Hartmann erklärte, dass von den zwölf Millionen Euro, die für 2013 an Investitionen geplant sind, drei Millionen Euro nach Jessen fließen. Ein neues Lager sei in Planung, eine zweite Linie für Reibekäse werde installiert, die Wasseraufbereitung erneuert und man baue eine eigene Vorkläranlage, gleich neben dem kommunalen Klärwerk. Letzteres solle im zweiten Quartal 2014 fertig werden. Und man habe einen Masterplan für die Jessener Molkerei/Käserei entwickelt. „Die Investitionen gehen also auch danach weiter“, versprach Hartmann.

Vorsitze neu vergeben

Die turnusmäßigen Neuwahlen bescherten am Mittwoch folgende Veränderungen: Bernd Winkler räumte den Posten des Aufsichtsrats-Chefs der Liefergenossenschaft und übernahm den Vorsitz des Vorstands der eG. Der bisherige Vorsitzende Werner Nitsche verabschiedete sich (siehe dazu „Aus dem Vorsitz in den Ruhestand“). Als Vorsitzender des Aufsichtsrats rückte Stefan Richter nach. Er ist Vorstands-Chef der Agrargenossenschaft Mühlanger.