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Boßeln rollten im Fliegerhorst

Von H.-Dieter Kunze 12.02.2007, 19:30

Holzdorf/MZ. - Ausgerechnet Oberst a.D. Eckard Wiegand, damals Standortältester, ein Rheinländer, und Oberstleutnant a.D. Josef Wimmer, ein waschechter Bayer, kamen auf die Idee, dieses spaßige Spiel mit den Kugeln auch in der hiesigen Region bekannt zu machen.

Boßeln ist hier eher eine Spaßsportart. Sehr ernst allerdings nehmen es dagegen die Ostfriesen. Eine etwa faustgroße Kugel wird von den Mannschaftsmitgliedern abwechselnd auf die Strecke geschickt. Gewinner ist jenes Team, welches mit den wenigstens Würfen das Ziel erreicht. Aber die Kugeln sind tückisch, denn sie sind durch einen exzentrischen Metallkern unwuchtig und trudeln vor allem beim Auslaufen in nicht berechenbare Richtungen. Davon ließen sich aber die Teilnehmer beim Turnier am Samstag auf dem Fliegerhorst Holzdorf nicht schrecken.

170 Teilnehmer traten in 14 Mannschaften in den Wettstreit und ließen die roten Kugeln über das weitläufige Wegenetz rollen, acht Kilometer insgesamt. Als "Kohlfahrt" war das Spektakel betitelt. Den leckeren Grünkohl gab es aber erst nach dem Turnier. Die Kohl-Tradition beim Boßeln stammt übrigens ebenfalls von den Ostfriesen.

Die Mannschaften kamen aus der Region des Städtebundes Elbe-Elsteraue - Jessen, Herzberg, Schönewalde, Annaburg und Schlieben. Die Luftwaffe mobilisierte aus ihren Einheiten drei Boßel-Mannschaften. Die Schirmherrschaft hatten der Standortälteste Oberst Michael Dederichs und Kasernenkommandant Oberstleutnant Roland Reißig. Mit viel hintergründigem Humor wurden die Boßeler von Oberleutnant Konrad Ertl bei der Begrüßung in der Offizierheimgesellschaft auf den "Kohlfahrplan" eingestimmt. Der Bayer, der ostdeutschen Sprache immer noch nicht mächtig, wie er lachend zugab, übte sich dann noch in einer weiteren "Fremdsprache", nämlich Ostfriesisch. "Lüch up un fleu herut", übersetzte er den Schlachtruf der Sportler: "Heb ihn auf und flieg weit hinaus." Zum Aufwärmen wurde gemeinsam tüchtig mit Fläschchen auf die Tische geklopft. Schließlich wollte man beim großen Turnier kein "Kleiner Feigling" sein. Dann hieß es "auf in den Kampf". Erstes Ziel: Erinnerungsfoto vor einem Hubschrauber. Oberstabsfeldwebel und Informationsmeister Torsten Schöne lichtete die Teams akribisch ab.

Jede Mannschaft führte einen Bollerwagen mit sich, gefüllt mit Gepäckstücken und Proviant. Von der Startlinie aus rollten sie nun, die Kugeln. Wenn vom Wege abgekommen, waren die farbigen Stücke im Schnee leicht zu finden. Nach etwa einer Stunde konnten sich die Boßel-Spieler bei einem "Boxenstopp" vor der Feuerwache des Fliegerhorstes erst einmal entspannen. Es gab Proviantnachschub in fester und flüssiger Form. Zur Unterhaltung spielte die Combo vom Gymnasium Falkenberg flotte Weisen. Ohne Honorar, aber die Boßel-Spieler ließen sich nicht lumpen und spendierten freiwillig Euro in den Sammeltopf.

Weiter ging es, dem Ziel, das Offizierheim, entgegen. Alle ließen sich den leckeren Grünkohl mit "Oldenburger Pinkel" munden. Platz eins bis fünf belegten Polizeiwache Herzberg, Stadtverwaltung Schönewalde, Volksbank Elsterland eG Jessen, Rotary-Club Herzberg und Stadtverwaltung Jessen. Als "Kohlkönigin" und "Kohlkönig" gekrönt wurden Anett Merwart von der Sparkasse Elbe-Elster Herzberg und Oberstleutnant a.D. Josef Wimmer aus Jessen. Zu den Klängen des "Königswalzers" drehten sie ihre Ehrenrunde.