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Ausbildung Ausbildung: Zensuren nur ein Kriterium unter mehreren

Von Detlef Mayer 21.11.2012, 19:23

Jessen/MZ. - "Auch scheinbar leistungsschwächere Schüler haben eine Chance in unserem Unternehmen", sagt Lothar Thiele. Der Vorstandsvorsitzende der Jessener Agrodienst e.G. macht dabei deutlich, dass für einen Ausbildungsvertrag die Zensuren des Bewerbers nur ein Kriterium unter mehreren darstellen. Wichtig ist ihm, dass der oder die Betreffende Arbeits- und Leistungswillen an den Tag legt. Ein Beispiel ist schnell bei der Hand: Zurzeit lernt in dem Landhandels- und Service-Unternehmen im Industriegebiet von Jessen ein junger Mann mit Lese- und Rechtschreibschwäche.

Insgesamt kann Lothar Thiele elf Auszubildende aufzählen, die gegenwärtig in das Unternehmen integriert sind. Bei 108 Beschäftigten mache das immerhin zehn Prozent der Belegschaft aus, hebt er hervor und beschreibt ihre berufliche Perspektive vielversprechend: "Diejenigen, die gut einschlagen, behalten wir!" Das betreffe im Schnitt so um die 50 Prozent der Lehrlinge. "Es gab aber auch schon Jahrgänge, von denen wir alle behalten haben", erinnert sich der Agrodienst-Chef und erkennt darin ganz klar einen Vorteil: "So verjüngt sich der Betrieb kontinuierlich."

Eine breite Palette

Vier Berufsrichtungen sind es, für die das Unternehmen eine Ausbildung anbietet: Bürokaufleute, Kraftfahrzeug-Mechatroniker, Fachkräfte für Lagerlogistik sowie Heizungs- und Lüftungsbauer. Lehrlinge werden im Übrigen in jedem Jahr angenommen. Lothar Thiele wertet das auch als Beitrag, die jungen Leute in der hiesigen Gegend zu halten. Da ist er sich mit Iris Naumann einig. Die Bereichsleiterin der Agentur für Arbeit Dessau-Roßlau-Wittenberg, zuständig für den Landkreis Wittenberg, lobt das ausdauernde Engagement der Agrodienst e.G. Jessen.

So früh wie möglich

Es sei ausschlaggebend, die Berufsorientierung so früh wie möglich anzusetzen. "Wir müssen den Schülern beizeiten zeigen, was in der Region alles möglich ist, ab der siebten Klasse schon", sagt die Frau von der Agentur für Arbeit. Als Ziel formuliert sie, die Jugend von Anfang an beruflich in der Heimat einzubinden, um sie nicht später zurückholen zu müssen. Dafür weiß sie in der Agrodienst e.G. einen verlässlichen Partner. In Anerkennung dieser Tatsache zeichnete sie den Betrieb kürzlich mit einem Ausbildungszertifikat aus. Im Landkreis Wittenberg wurde in Auswertung des eben abgerechneten Ausbildungsmarktes 2011 / 12 ein solches Zertifikat für Nachwuchsförderung an nur drei Betriebe vergeben: Neben dem Jessener Unternehmen sind dies eine Agrargenossenschaft in Wörlitz und das Wittenberger Lutherhotel. In ihrem gesamten Arbeitsamtsbezirk verteilte die Behörde acht solche Urkunden, angereichert jeweils mit einem kleinen Präsent.

Besonders betont Iris Naumann den Einsatz der Agrodienst e.G. für eine frühzeitige Berufsfindung. "Schließlich soll möglichst schon die erste Berufsentscheidung der jungen Leute die richtige sein." Das Jessener Unternehmen biete aus diesem Grunde beispielsweise die Möglichkeit an, bei Praktika in die Abläufe und Anforderungen hineinzuschnuppern. Auch beteilige sich der Betrieb alle Jahre am so genannten Tag der Berufe.

Die Agrodienst e.G. Jessen ist wirtschaftlich recht breit aufgestellt. Zuerst einmal ist sie, wie Lothar Thiele erläutert, ein klassischer Landhandel, allerdings mit einem integrierten Baustoff-Geschäftsbereich. Außerdem bietet das Unternehmen seiner Kundschaft Heizöl und Diesel an. Obendrein gibt es eine handwerkliche Sparte, nämlich eine Heizungsbau-Abteilung. Der Betrieb unterhält einen eigenen Fuhrpark samt dazugehöriger Werkstatt. Daneben stellt die Agrodienst e.G. verschiedene Dienstleistungen für die heimische Landwirtschaft sicher: Getreide, Dünge- und Pflanzenschutzmittel werden ebenso gehandelt wie das Ausbringen von Gülle übernommen.