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Augustinuswerk in Jessen Augustinuswerk in Jessen: "Freude hier zu arbeiten!"

Von Gabi Zahn 10.04.2016, 21:13
In der Montagehalle sind die Besucher erstaunt, wie umfangreich die Produktpalette der Jessener Zweigwerkstatt des Augustinuswerkes ist.
In der Montagehalle sind die Besucher erstaunt, wie umfangreich die Produktpalette der Jessener Zweigwerkstatt des Augustinuswerkes ist. Gabi Zahn

Jessen - Ein Vierteljahrhundert Augustinuswerk e.V. im Landkreis Wittenberg und 15 Jahre Zweigwerkstatt in Jessen: „Jubeljahr und Jubeltag“ steht deshalb auf einer Einladung, die in den Jessener Gewerbepark mit der Hausnummer 5 führt. Hier befindet sich die Arbeitsstätte von derzeit 69 Menschen mit Behinderungen. Sieben Fachkräfte sind an ihrer Seite. Was dieses dynamische Team unter Leitung von Gerd Lehmann als Partner zahlreicher regionaler Unternehmen in drei Produktionsbereichen leistet, sorgt bei den Gästen für Staunen und Bewunderung. Zunächst aber werden die Besucher mit beschwingten Melodien, auf dem Keyboard gespielt von Musikschülerin Franka Schütze, herzlich begrüßt. Dem folgen afrikanische Trommelwirbel des Ensembles „Lagamtaba aus Wittenberg (zu deutsch „Gemeinsam“). Die Katholische Gemeinde Jessen hatte dieses außergewöhnliche Klangerlebnis ermöglicht. Locker eingestimmt auf das weitere Geschehen folgen die Gäste dem Rundgang durch die Werkstatt.

In der hellen Montagehalle werden derzeit „Distanzhüllen“ hergestellt. Verwendung finden sie in sogenannten Sauberlaufzonen von Supermärkten. Auch Kontakte, wie sie für Schalter von Elektroherden benötigt werden, gehören zum Produktumfang. „Insgesamt fertigen wir etwa 187 000 Teile pro Monat, also etwa 2,24 Millionen Teile pro Jahr“, rechnet Lehmann vor, worauf Gert Michaelis lachend verkündet: „Es ist eine Freude, hier zu arbeiten.“ Das Leistungssortiment umfasst auch das Anfertigen von Kabeln und Kabelbäumen nach Zeichnung. „In diesem Bereich nimmt Tobias Haink genau Maß, darin ist der junge Mann einfach Spitze“, lobt Gruppenleiter (GL) Mirko Pietzner. Unter Anleitung von Jutta Quaas werden Falt- und Kartonage-Arbeiten durchgeführt: „Gegenwärtig verpacken wir Kaffeereiniger-Tabs. Sie werden abgezählt, nachgewogen und für den Handel versandfertig gemacht“, erklärt sie.

Die Herstellung und Reparatur von Holzpaletten in 23 Größen von Mini bis Maxi bestimmt die Produktpalette im Holzbereich. „Alle Kollegen beherrschen die notwendigen Grundarbeiten wie Hobeln, Sägen und Abrichten“, erläutert Zimmermannsmeister Maik Trenkelbach. Gerd Lehmann ergänzt: „Zum Teil arbeiten wir auf Abruf. Die Stanz- und Lasertechnik Jessen meldet am Morgen, welche Stückzahl gebraucht wird. Stunden später ist diese abholbereit.“ Kein Wunder also, dass pro Monat 45 Kubikmeter Holz zu etwa 2 100 Paletten verarbeitet werden. Der Werkstattleiter unterstreicht: „Die meisten unserer Angestellten haben zwar einen Lieblingsarbeitsplatz, sind aber flexibel und können sich gegenseitig ersetzen.“ Das bestätigt Corina Barth aus Rehain. Ihr Sohn Tino (38) zählt zu den Jessener Augustinus-Schützlingen: „Dass er hier werktätig sein kann, ist für ihn ein großes Glück.“

Als neuestes Produkt der Werkstatt stehen Holzbriketts hoch im Kurs der Verbraucher, gefertigt aus den Spänen von unbehandelten Einwegpaletten. „Statt die bei der Holzbearbeitung anfallenden Reste teuer zu entsorgen, zerkleinern wir die Abfälle und verpressen sie zu Briketts“, erläutert Gruppenleiter Matthias Grauert. Großen Anteil an der Produktion haben unter anderem Frank Liebig und Natalie Meissner. Gut zu wissen: Das Augustinuswerk hatte 2013 in eine hochmoderne Anlage investiert. Mittlerweile werden 33 Tonnen Holzbriketts pro Monat unter dem Markennamen „Hol’z dir“ hergestellt. In zehn Kilogramm schweren Packungen können die Briketts übrigens direkt in der Werkstatt oder im Handel gekauft werden.

Ein Großteil der Beschäftigten nutzt Bildungsangebote im Haus. Elke Ingwers vom sozial begleitenden Dienst vermittelt Seminare als Lebenshilfe unter folgenden Themen: „Sozialkompetenz-„Training“, „Alltagspraxis“, „Zeitliche Orientierung“, „Geld und Rechnen“, „Computer“ Sehr beliebt sind auch gemeinsame Sportaktivitäten, jahreszeitliche Feste und betreute Urlaubsfreizeiten.

Beim Rundgang hatte Karin Stoll aus Jessen vieles nachgefragt und oftmals auf Schultern geklopft. Sie gesteht: „Ich kenne hier einige Leute, war aber schon länger nicht hier. Deswegen freue ich mich, wie gut sich alles entwickelt hat. Ich wusste gar nicht, wie viele einheimische Firmen hier Aufträge vergeben. Das ist klasse.“ (mz)